Da wo man Dir Platz anbietet, da setz Dich ruhig nieder – und lass allen Unbill hinter dir! (Alte deutsche Redensart, Quelle und Verfasser unüberprüft)
In Berlin-Kreuzberg sitzt es sich auf manchem Lokus extra schick. Denn dort bestehen einige Menschen darauf, ihrem Klodeckel etwas Pfiff einzuverleiben. In diesem Fall handelt es sich um ein besonders schickes Hochglanz-Extra-Exemplar. Der Mieter hat seine Wahl getroffen: es sollten Delfine sein, und es wurden Delfine. Im Bauhaus oder beim Obi-Baumarkt: überall hat man die Möglichkeit, sich Klodeckel anzuschaffen, die individualisiert erscheinen, es aber in Wirklichkeit natürlich gar nicht sind. Denn derartige Klodeckel werden industriell hergestellt, vermutlich kommen viele davon aus dem asiatischen Raum.
Entgegen anderslautenden Behauptungen trifft es nicht zu, dass Kreuzberger grundsätzlich nur mit bemalten Klodeckeln ausgestatteten Wasserklosetts ihre Geschäfte verrichten. Andererseits ist zutreffend, dass es welche gibt, die noch nicht einmal einen Klodeckel haben. Die Befindlichkeiten, die persönlichen Vorlieben, aber auch die finanzielle Omnipotenz der Kreuzberger Haushaltung dürfte hierfür mehr oder minder ausschlaggebend sein. In Kreuzberg gibt es jetzt sogar einen, dem wird das Wasser bald abgestellt, also auch das für die Klospülung. Jemandem die Klospülung abzusperren, ist ein zulässiges Mittel der Zwangsvollstreckung. Wenn der Schuldner einen dann nicht rein lässt, nennt man das noch nicht automatisch fruchtlose Zwangsvollstreckung. Dann droht ersatzweise Haft. Auch wenn’s niemand so recht glauben will.
Die Idee für solche Klodeckel aus dem asiatischen Raum ist nicht schlecht. Denn genau aus derselben Ecke treffen immer wieder Nachrichten darüber ein, dass sich die asiatischen gar nicht oder viel zu wenig an internationale Abkommen zum Schutz der Wale halten. Kürzlich kam die Dokumentation Die Bucht mit dem berühmten Delfin-Filmtrainer Ric O´Barry in die Kinos, der das Massenabschlachten von Delfinen in einer japanischen Bucht umfassend filmte. Selten hat man mehr Rot im Wasser vor der japanischen Küste gesehen.
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Deswegen macht es Sinn, die Erinnerung an diese Tiere wenigstens auf Klodeckeln abzubilden, denn schon bald gibt es vielleicht gar keine mehr? In Kreuzberg jedenfalls erinnert sich einer, der täglich da drauf sitzt, wie liebreizend die Tiere sein können. Und selbst wenn die Fotos auch belegen, dass die durch das Bad laufenden Rohre in Kürze dem Lochfraß zum Opfer fallen werden, so ist das angesichts dieser schrecklichen Assoziationen des Berichterstatters im Vergleich dazu herzlich wenig. Demzufolge muss sich die westliche Welt die Arbeit angemessen aufteilen:
(a) Wir lassen den Lochfraß beseitigen.
(b) Der Mieter gedenkt weiterhin einer aussterbenden Spezies: den Delfinen. Eventuell mit etwas Musik auf dem Klo (Ghettoblaster mitnehmen)
(c) In China muss Herr Westerwelle was tun, ach, Mist, zu spät, er ist schon wieder weg….hätten wir´s nur früher erfahren.
Anspieltipp: Herbie Hancock – 1965 – Dolphin Dance
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