Idee des Monats: die Bauankündigung

Idee des Monats

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Tatort Berlin-Schöneberg und eine Achse nach London und auf die griechischen Kykladen, eine Inselgruppe: der Wohnungseigentümer Stuttgart (* Name von der Redaktion geändert), der in London wohnt, lebt und arbeitet, hat die griechischen Mieter nach Jahrzehnten erfolgreich dazu veranlasst, die Wohnung zu räumen. Diese hat nun eine Art gefühlten Instandhaltungsstau hinter sich. Sie muss von Grund auf renoviert werden. Alles muss verändert werden, um die Wohnung in einen zeitgerechten Zustand zu versetzen.

Die Handwerker sind seit einigen Tagen dort. Das Telefonaufkommen bei der Verwaltung steigt merklich an. Bis zu fünf Mal pro Tag rufen erzürnte Wohnungseigentümer an. Die Arbeiten sind irgendwie kopflos im Gange, wird eingewendet. Da sei so eine „türkische Handwerkertruppe“ am Start, ob das Schwarzarbeiter seien? Nein, das ist nicht der Fall. Erst fallen einige nichttragende Wände (Sondereigentum), es entsteht Höllenschutt. Der muss durch das frisch renovierte Treppenhaus nach unten getragen werden. Das Treppenhaus ist hochwertig. An den Paneelen ist „stucco veneziano“ verarbeitet, eine ganz exquisite Spachteltechnik, die Flächen glänzen spiegelglatt und sehen edel aus, irgendwie marmoriert, gelblich. Sehr schick. Auf den Fussböden ist Kokos verlegt, mit Messingstangen.

***

Die bunte Handwerkertruppe schert sich darum „einen Dreck“. Sie beherrschen das Abkleben, das sorgfältige hausfrauenartig besorgte Schützen gar nicht. Erst auf Beschwerden einiger Hausbewohner wird notdürftig etwas abgedeckt. Das geschieht äußerst lustlos. Man sieht es den Abdeckarbeiten an. Die Abdeckung ist nicht festgeklebt, rutscht immer wieder beiseite. Ein schmaler Filzstreifen gerade mal. Die Verwalterin gerät unter Druck. Mehrmals ruft sie in London an. In bestem Pidgeon-Englisch radebechert der Verwalter mit der englischen Sekretärin. ‚Is Mr. Stuttgart at the office?‘ Nein. Er ist auf Urlaub. In Griechenland, irgendeine griechische Insel. No problem, er hat ja ein Cellular Phone (Handy), hört er das auch ab? Es werden mehrmals Nachrichten hinterlassen. Keine Reaktion.

Heute (endlich) gelingt die Rücksprache. Wieder ist es die Verwalterin, von der die Bemühungen ausgehen. Ja, sagt er da in London, er hat hier in Berlin einen Bauleiter, den Herrn Schulz (* Name geändert). Der wüsste auch über alles Bescheid. Und hat sich immer wieder eingemischt. Heute sind noch zwei wertvolle Treppenhaus-Lampen kaputt gegangen. Die Bauleute haben triumphiert: ‚Zeig wo ist Glas, wir haben nicht kaputt gemacht!‘ Wir denken über gerichtsverwertbare Beweisführung nach. Packen den Gedanken schnell wieder zur Seite. Mit dem Bauleiter verabreden wir ein Treffen in den frühen Morgenstunden. Wir sind geladen, grrrr….. Die Wogen müssen dringend geglättet werden.

Der Bürokrat in uns erweckt eine Art rechthaberischer Idee: Wir werden beschließen lassen, dass umbauwillige Wohnungseigentümer Bauarbeiten wie diese mit einer Frist von vier bis sechs Wochen vor ihrem Beginn mit einem Vordruck schriftlich bei der Verwalterin anzuzeigen haben. Wir werden aufnehmen, welcher Art die Arbeiten sind, die zur Ausführung gelangen sollen. Wir werden uns eine Firmenliste einreichen lassen. Der Bauleiter muss seinen Sitz in Berlin haben und telefonisch jederzeit erreichbar sein. Eine Klausel ist aufzunehmen, wonach der Verwalter ggf. weisungsberechtigt ist, im Interesse der Hausordnung und der technischen Sicherheit.

Von der Rechtsprechung erinnern wir Partikulardetails, wie das sogenannte Übermaßverbot. Es kommt uns einerseits lächerlich vor, hier den Formulartiger schwingen zu wollen, eine Art bürokratischer Hürde aufzubauen gegen persönliche Freiheit. Aber persönliche Freiheit findet bekanntlich da ihre Schranken, wo die Rechte der übrigen empfindlich gestört werden. Wir nehmen uns vor, darüber noch einmal nachdenken zu müssen wenn wir emotional etwas herunter gekühlt sind…Und das wird passieren: Versprochen.

Handwerkerarbeiten, Rijeka, Kroatien (Quelle: gotthal.de)

Handwerkerarbeiten, Rijeka, Kroatien (Quelle: gotthal.de)

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