Ein starker Gegenwind zur richtigen Kostenverteilung in Spandau.

Das Leben der anderen...

Spandauer Bahnhof (Quelle: mugshooting.de)

Spandauer Bahnhof (Quelle: mugshooting.de)

querverweis.auf.gotthal.de

 

Die Versammlung in Berlin-Spandau ist sich fast einig. Die Jahresabrechnung datiert vom 30.04.09 und heute soll über ihre Genehmigung beschlossen werden. Herr Mupfinger (* Name geändert) ist extra aus Frankfurt/Main angereist, ICE, Bahnhof Spandau, ab zur Versammlung. Er ist pünktlich angekommen. Der Verwalter nicht. Die Straßen von Berlin sind entlang der Anreisetrasse verstopft gewesen.  Doch nun ist -etwas verspätet, uhrzeittechnisch- die Jahresabrechnung 2008 auf der Agenda. Der Wohnungseigentümer Seins (*) meldet sich zu Wort und ‚ich habe da mal eine Frage.‘ Er fragt: ‚Ist der Verwaltung eigentlich bekannt, dass der Wohnungseigentümer Salli (*) seine Heizung aus dem vierten Obergeschoß in das fünfte (Dach-)Geschoss hinein verlängert hat. Die Heizkostenabrechnung sei daher falsch, denn die Heizfläche habe sich erhöht und auch die beiden neuen Heizkörper im Dachgeschoß seien sicherlich noch nicht mit Heizkostenverteilern ausgestattet. Die Verwalterin fragt noch einmal genauer nach: Es stellt sich heraus, es seien dort tatsächlich zwei neue Heizkörper installiert worden und die Heizfläche habe sich den physikalischen Gesetzen über Ausdehnung von Wärme entsprechend vergrößert. Das sei so Ende September passiert.

Die Verwalterin weist darauf hin, dass die Jahresabrechnung hierdurch nicht berührt sei. Denn die Änderung von Verteilungsschlüsseln sei ein Projekt Zukunft. Richtig. Man müsse sehr wohl dieses im Protokoll erfassen und bearbeiten. Es sei jetzt nachzuhaken. Dem Wortführer Herrn Seins gegenüber äußert die Verwalterin, er möge nun seinerseits den Zutritt zu seiner Wohnung gewähren, denn das geforderte Aufmaß von fünf Dachgeschoßwohnungen, die seit ca. 1990 ausgebaut worden seien, liege nur seinerseits noch nicht vor, obwohl längst alle Fristen verstrichen seien. Die WEG genehmigt erst einmal die Jahresabrechnungen. Das Thema ‚Vermessung von Wohnungen zur Abänderung von Verteilungsschlüsseln‘ stehe etwas später, erst unter TOP 03 auf der Agenda der heutigen harmlosen Tagesordnungspunkte.

***

Unter TOP 03 schließlich raucht es ein wenig, trotz Rauchverbot in der Berliner Gastronomie: Die Emotionen kochen hoch. Herr Seins fühlt sich sehr angegriffen, zu seiner Verteidigung muss er aufstehen und bittet um eine Redezeit, diese betrage auch nur drei Minuten. Die Gemeinschaft gewährt ihm Gehör. Das flammende Plädoyer seinerseits endet schließlich mit der Feststellung, nun möge die Eigentümergemeinschaft beschließen, ob sie ihrem Nachbarn die Wohnung aufbrechen möchte, um seine Wohnung zu vermessen. Im Vorfeld dieser Maßnahme hat es rechtsanwaltlichen Schriftverkehr gegeben. Man merkt deutlich, hier redet einer an dem anderen gezielt vorbei. Es geht um Standpunkte und um die Frage, wer in diesem Verfahren die Hosen anhat? Der Verwalter? Der darf sie nicht tragen. Der Wohnungseigentümer Seins? Der soll sie nicht anhaben. Es geht darum, objektivierbare Feststellungen über die Größe einer Dachgeschoßeinheit zu erlangen. Derartiges kann nur der Verwalter, indem er sich anmeldet, seine Architektin hinzuzieht und vor Ort ein Aufmaß erstellt. Ersatzweise kann ihm auch ein bereits gefertigtes Aufmaß gegeben werden, aber das ersetzt nicht die örtliche Überprüfung derselben auf richtige Erfassung. Herr Seins verweigert die Zusammenarbeit hartnäckig. Er könne doch nicht verpflichtet werden, andere Leute in seine Wohnung zu lassen. Und das die WEG bei ihm einbrechen soll, das sei schließlich durch das Grundgesetz (Unverletzlichkeit der Wohnung) nicht gedeckt. Die WEG beschließt zu einem etwas später gelegenen Zeitpunkt, die weitere Diskussion aus dem Versammlungslokal direkt in die angrenzende ‚Freiheit‘ und den daran angrenzenden Wiesendamm in Berlin-Spandau zu jagen: dort ist die Müllverbrennungsanlage Ruhleben. Müllverbrennungsanlage plus Gewerbegrundstücke in der direkten Verlängerung. Antrag auf Ende der Diskussion.

Banner Bau nie ohne Architekt! (Herkunft unbekannt)

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Die Gemeinschaft beschließt, was die Gemeinschaft ohnehin zu beschließen beabsichtigt hat. Sie beschließt, den Wohnungseigentümer notfalls gerichtlich auf Zutritt zu seiner Wohnung in Anspruch zu nehmen, um die Wohnflächen seiner Wohnung auf messen zu können. Soll doch der gegnerische Rechtsanwalt weiter sein Zeugs schreiben, das alles ändert nichts am Kerninteresse der WEG, ordnungsgemäße Verwaltung durchzusetzen.  Die Versammlung hat die Faxen dicke.

Weitere Tagesordnungspunkte flutschen recht schnell durch und es ist eine Ausnahme, aber während die Verwalterin Richtung Heimat abfährt, scheint noch die Sonne, und die Versammlung hatte um 18 Uhr angefangen. Auch konfliktträchtige Versammlungen können in den wesentlichen Konfliktpunkten rasch beendet werden, wenn die aus Parteiinteressen heraus geführte Diskussion beliebig ausfranst, sich auf Nebenkriegsschauplätze abschweift und daher nicht zur Behandlung ansteht. Die ordnende Hand des Verwalters verwaist die Diskussionsfreudigkeit des wehrhaften Wohnungseigentümers mit dem Grundgesetz an den Rand eines Antrags auf Ende der Diskussion. Entscheidungen ergehen, den Rest und alles was nun folgt, wird andere beschäftigen, aber nicht mehr die Teilnehmer dieser Sitzung.

Ein Gedanke zu „Ein starker Gegenwind zur richtigen Kostenverteilung in Spandau.

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