3261/18: Positionen: Mit dem Strom schwimmen auf einer Eigentümerversammlung

Feldhase - by Albrecht Dürer (1502 n. Chr.)

Feldhase – by Albrecht Dürer (1502 n. Chr.)

Der alte Hase Rechtsanwalt aus Frankfurt/Main hat keine Zeit, am Freitag zur Versammlung in Berlin zu erscheinen. Dort wird über seine Kapitalanlage, die Eigentumswohnung in Berlin-Weißensee eine Versammlung aus alten Hasen durchgeführt. Nöff nöff.

Aber schlau ist er, der Frankfurter Rechtsanwalt mit einem Hang zur deutschen Eisenbahn, wie man seinem Kanzleiprofil im Netz entnehmen kann. Er hat gestritten, ob die in Lokomotivenfenster fliegende Raubvögel eisenbahnspezifische Risiken darstellen und ob der Trassenträger (die Schienennetzbetreiberin) den Glasbruchschaden eines hingeschiedenen Federtiers ersetzen muss. Sie muss nicht, weiß der Richter irgendwo in Deutschland, denn das umherfliegende Federtier stelle keine bahnspezifische Besonderheit dar. 2006 wurde darüber gerichtet. Als wäre das nicht längst bekannt. Ein Tand.

Was den Frankfurter Anwalt indes schlau erscheinen lässt, kommt in der Realität alter Verwalterhasen nicht dauernd vor, bzw. eher selten. Er bevollmächtigt den Verwalter mit einem Stimmrechtsvordruck mit besonderen Weisungen: Weder Ja noch Nein noch Enthaltung hat er angekreuzt, aber beeindruckend darunter geschrieben: „mit der Mehrheit“ zu stimmen. Ein brillanter Gedanke.

Das fiel uns auf. Von Raubvögeln nicht mehr heute. Es ist warm im Staate Deutschland.

Webschnipsel des Tages: Manche Abstimmungen finden auf dem Bierzettel statt

Biertischzettel mit Meinung

Biertischzettel mit Meinung

„Erhöhung der Instandsetzungsrücklage wäre o.k.“ (Aufschrift auf Bierzettel)

  • Instandhaltungsrücklage: Finanzielle Ansparrücklage von Wohnungseigentümern zur Sicherstellung von Instandhaltungsvorhaben, die in der Zukunft liegen.
  • Instandsetzungsrücklage: Finanzielle Ansparrücklage von Wohnungseigentümern für Instandsetzungsvorhaben infolge unterlassener Instandhaltung?

Bitte die beiden vorherigen Definitionen noch nicht als gottgegeben hinnehmen. Dazu ließe sich noch was ausführen. Ist aber gar nicht das Thema, nur weil es so auf einem Bierzettel stand.

Auf einer Versammlung in Berlin-Neukölln ist der Zeitdruck inzwischen groß geworden. Etliche Eigentümer sitzen schon etwas unruhiger auf ihren Stühlen. Wir sind in einer Stampe. Zur Begriffsklärung Stampe am Ende dieses Artikels.

Sie will jetzt gehen, denkt sie. Sie haben beide noch was vor, auch ihr Lebensgefährte hat schon ein paarmal was herüber gemurmelt. Sie fasst sich ein Herz und sie trifft eine Entscheidung. Time to say goodbye. Aber die Eigentümer sind nach jahrelangen pädagogischen Empfehlungen eines Versammlungsleiters auch ein bisschen geschult in Sachen wechselseitiger Rücksichtnahme. Es gehört zu den vornehmen Pflichten eines Eigentümers, einer Versammlung beizuwohnen. Und nur wenn man gar nicht anders kann, entscheiden allein die Füße – gehen! So weit ist es jetzt. Später steht noch der Wirtschaftsplan 2010 an.

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