1433/11: Personen: Vom Hauptbahnhof Berlins, dem Wohlrabe, der Übelkrähe und Berliner Söhnen

Restaurantschild in einem Berliner S-Bahnhof

Rund fünfeinhalb Jahre nach der Einweihung des Berliner Hauptbahnhofs ist sein Dach einem Medienbericht zufolge bereits undicht. Wie der Rundfunksender RBB berichtet, regnet es an vielen Stellen durch, auf den Bahnsteigen und in der Haupthalle bildeten sich deshalb an Regentagen große Pfützen. (schreibt WELT online aktuell, Link unten)

In Berlin-Tiergarten steht seit fünfeinhalb Jahren schlagzeilenbesoffener Hauptbahnhof und giert nach Aufmerksamkeit. Oft negative Presse deswegen. Z.B: Architekt Gerkan (Hamburg), der  hat den Bau verantwortet und auch schon mal wegen Verletzung einer Architektenrechte an dem Gebäude geklagt. Die Deutsche Bahn hatte da schlechte Karten. Sie hatte wesentliche Teile der Gerkanschen Konstruktionspläne -man sagte, aus Kostengründen- einfach umgeplant und anders ausgeführt. In Erinnerung ist geblieben, dass sich große „Flatschen“ Glasscheiben aus der Verglasung lösten und einzelne Stahlträger abpfiffen: Gott sei Dank stand niemand drunter, auch nicht Gunter.

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Wozu dann Brandanschläge? „Aus reinem Spieltrieb“, so Jens Scharon vom Naturschutzbund Berlin zu WELT online, pickten diese die Dichtungen aus den Fugen des Glasdachs. Damit wird deutlich: Dachdichtungen aufzufressen oder diese unauffällig herauszupicken, das hätte etwas ähnliche Konsequenzen: empfindliche Störungen des Bahnhofsbetriebs. Allerdings: Während Brandstifter am Boden agieren, muss der Dichtung-aus-dem-Dach-Picker zumindest schwindelfrei sein. Eventuell kann hier Nachwuchs aus der Industriekletterer-Szene rekrutiert werden?

2012 legten verschiedene politisch Verwirrte zum Zeichen ihrer selbst verschiedene Brandanschläge auf das Konstrukt. Ich selbst geriet mit 3 Stunden Verspätung, ganz so, wie man es vom Bahnreisen ja gewohnt ist, in die bundesdeutsche Presselandschaft ein. dpa hatte mich zufällig auf dem Bahnhof erwischt, wo ich als Mann in Sachen unterwegs-Mission auf Züge wartete, die infolge der Brandsätze komplett aus dem Gleis Plan gerieten.

Ich war nur einer von mehreren Interviewten, aber wahrscheinlich war es meine geschliffene Formulierung, die -eher zufällig- druckreif erschien. Nahezu alle deutschen Medien beziehen offensichtlich dpa-Pressefutter und so kann man seit diesem Tag mich auch computertechnisch kategorisieren und verschlagworten. Wer meinen bürgerlichen Namen eingibt und das Wort „Brandanschläge“ hinzusetzt, bekommt reichlich Ergebnisse. Ich habe dann ein paar Tage ergebnislos nachgedacht, ob mir eine derartige Berühmtheit eigentlich zukommt? Aus diesem Anlass stelle ich heute nochmals klar, dass ich mit diesen Brandanschlägen tatsächlich nichts zu tun habe. Und mein Statement war auch deutlich genug.

Wird mir daher irgendwann digital vergeben? Denn google vergisst ja nichts.

Dieser Tage gerät die Dachkonstruktion des Hauptbahnhofs erneut in die Schlagzeilen. Sie ist schon wieder undicht. Die Bahn lässt als Hausherrin verlauten, Krähen hätten die Dichtung beschädigt. Wie bitte? Das sind Zeiten, wo ganze Hauptbahnhöfe vom Auffraß ihrer selbst bedroht sind, finde ich, und die Nachrichtenlage diesbezüglich ist „was Wunder“ mit hohem Aufmerksamkeitsfaktor meinerseits.

Wenn ich assoziativ denke, wie ich es häufig tue, fällt mir bei dieser Nachrichtenlage eigentlich nichts anderes ein, als in meinen Erinnerungen zu kramen. Sofort denke ich, der Deutschen Bahn und ihrem vermutlichen Vorzeigebahnhof schlügen nun die Wehen von so genannten „Übelkrähen“ entgegen, die nichts anderes im Sinne führen, als „unseren geliebten Hauptbahnhof aufzufressen“.  Einen Moment denke ich nach. Bei facebook habe ich eine Mitgliedschaft in einer Gruppe erworben, deren Themengerüst mich interessiert. Inhaltlich geht es dort um Wörter, die aus unserem Sprachgebrauch verschwinden, weil wir sie zu selten oder gar nicht mehr benützen. Das ist der eine Aspekt.

Insofern ich diese Mitgliedschaft gelegentlich hege und pflege und dann wieder für längere Zeiträume nicht, wird mir aber sofort geläufig, dass das Wort „Übelkrähe“ doch irgendeine Bedeutung (für mich) haben würde. Sonst wäre es mir nicht eingefallen. Bevor ich konstruktive, eigene Gedanken zu dem Thema „Übelkrähe“ habe, werfe ich meinen digitalen Nachschlage-Aggrorhythmus namens „google“ an und gebe das Wort ein. Ziemlich gleich ganz oben erscheint der Wikipedia-Eintrag über den 1995 an einem Gehirntumor gestorbenen CDU-Politiker Jürgen Wohlrabe. Der betrieb auch sehr erfolgreich das Filmgeschäft und hatte einen großen Namen. Womit wir nun wieder in Berlin gelandet sind: Raben, Krähen, Hauptbahnhof, Übelkrähen, Wohlraben – Berliner Söhne.

Aus heutiger Sicht betrachtet ist Jürgen Wohlrabe Geschichte. Er war es, dem die Wortschöpfung zu verdanken ist. Denn er war ein rhetorischer Poltergeist. Und Wohlrabe war im Deutschen Bundestag in der Bonner Provinz seinerzeit auch noch ein heftiger Gegenspieler von Herbert Wehner (SPD), auch der ist tot. Und kräht nicht mehr. Doch früher, da krähte Herbert Wehner bekanntermaßen viel und nicht wenige seiner krächzenden Rufe in die deutsche Öffentlichkeit überlebten ihn als „geflügelte Worte“ und Sinnsprüche. Von ihm stammt auch die Aussage: „Die Herren baden gerne lau“, die als Redewendung haften blieb und forthin Verwendung findet. Allerdings in ganz anderem Zusammenhang.

Noch heute benützt der Herr Berichterstatter die letzte Formulierung „lau“ gern als Sinnbild für berufliche Situationen, in denen die Herren (und teils auch die Damen) von „Kundenkreisen“ Auseinandersetzungen scheuen, die an bestimmten Brüchen der Zeit einfach notwendig werden würden. Wo man sich auch einmal entscheiden muss, es aber nicht tut, weil man fürchtet, eine Art gesamtmediative Tranzendenz durch zwistigen Streit zu zerschlagen. Harmonie und etwas nicht zu sagen und auszufechten, das als notwendig gilt, um eines vermeintlichen Friedens willen. Gerne lau baden.  Geschlechterneutral politisch korrekter eben „Die Damen und Herren baden gerne lau.“

Zurückgeblieben ist von Jürgen Wohlrabe, der „Wehnerschen Übelkrähe“, einiges. Der Mann hat bleibende Werte geschaffen. Unter anderem auch seinen Sohn, der auf den Namen Marc Wohlrabe hört. Jürgen Wohlrabe starb viel zu früh 1995 mit nur 59 Jahren. Marc Wohlrabe, sein Sohn, ist Baujahr 1972.

 

Weblotse

 (EP)

 

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