Deutschland ist ein schwieriges Pflaster. Lauter neue Gesetze und Verordnungen, alles zum Schutz der Bevölkerung. Wirklich schmerzlich deutlich macht sich der so genannte Fachkräftemangel derzeit in der Regierung. #Denkpause
Die einen sind nicht mehr bei Verstand. Die Anderen haben nicht genügend davon: Fachverstand.
Deutschland schafft sich ab und steuert mit Regulierungswahn in unwirksamer Art und Weise gegen, wie sich noch zeigt. In Berlin geht im Grunde genommen gar nichts mehr. Überall herrscht (Über-)Regulierung. Das tut der Arbeit nicht gut. Denn die Arbeit ist und bleibt dieselbe. Hinzu kommt, was von unzuständiger Seite (bspw. vom Gesetz- und Verordnungsgeber) zwischen Vertragsparteien zivilrechtlicher Vorgänge hinein gedrückt wird. Inzwischen muss jede Wasseruhr an das Bundesaufsichtsamt für das Eichwesen gemeldet werden. Was das Amt mit den Daten tut? Vermutlich erst mal nichts. Denn Personal dafür fehlt, andererseits. Ach ja, richtig. So weit haben sie jetzt auch nicht gedacht. Wozu auch?
Was ist das überhaupt für ein Milieu?
Ein Wohnungseigentümer in Berlin-Schöneberg beabsichtigt, hinfällige Fenster auszutauschen. Die Alten sind rott. Alte Fenster raus, neue Fenster rein. Ein Hausaushang hängt übers Wochenende: Man werde sich bemühen, Beeinträchtigungen klein zu halten. Beeinträchtigung fängt mit „B“ an wie z.B. Behörden. Da hat sich (übers Wochenende) ein Bürger ans Amt gewendet, heute ist Montag. Wie schaffen es Bürger, sich übers Wochenende an ein Amt zu wenden und am Montag früh ruft bereits der Sachbearbeiter an? Das funktioniert ja umgekehrt nie. Niemals: Ich kenne in den letzten fünf Jahren keinen Fall von problemlos anrufen auf irgendeiner Dienststelle im Land Berlin. Magical Moments.
…
Als Stakeholder (dt. „Teilhaber“) wird eine Person oder Gruppe bezeichnet, die ein berechtigtes Interesse am Verlauf oder Ergebnis eines Prozesses oder Projektes hat. In der Betriebswirtschaft wird Stakeholder als Anspruchsgruppe übersetzt. Mit dem Vorgang, im Garten zu grillen, hat also der Stakeholder gar nichts zu tun. Warum stoßen wir auf diese Frage? Sie ist naheliegend, ganz einfach: Inzwischen werden tatsächlich die ersten DWA-geprüften Fachplaner für Starkregenvorsorge geprüft und dann zertifiziert. Kurz gesagt weiß sich die Fachwelt schon zu helfen, wenn der Planet quietscht und eiert.
Na, das ging ja schnell, denke ich. Der Mitarbeiter des Stadtplanungsamts sagt was von Milieuschutz und so ein erhaltungsrechtlicher Antrag sei noch nicht da. Welches Milieu schützen wir denn? Ist ja auch egal, Gott sei Dank gibt es Behörden. Die denken für uns mit.
Das Milieu ist das der angestammten Wohnbevölkerung in einem Kiez. Wir ahnen: So werden aus Bewohnern richtige Kiezgrößen, denn jetzt hat jeder Einzelne auch Bedeutung. Klasse.
Auf den ersten Blick klappt das im vorliegenden Fall jedoch eher nicht. Der Eigentümer ist Eigentümer seiner Wohnung und wohnt seit 1994 hier. Er trägt zwar dies Transparent nicht und auch kein T-Shirt mit dem Spruch #WirsinddasMilieu. In Berlin hieße es dann auch Milljöh. Milieuschutz heißt, das weiß ich (jetzt), dass ein Antrag gestellt werden muss. Immer dann wenn Maßnahmen in und um Wohnungen durchgeführt würden, die eine Verdrängungsgefahr für die Bestandsbevölkerung darstellen würden. Der Gesetzgeber unterscheidet nicht zwischen Eigentümern und Mieter, weiß ich nun. Ganz einfach gesagt:
Hast Du Laminat im Wohnzimmer, reiß es lieber nicht raus, ohne vorher beim Amt nachzufragen. Stelle einen Antrag, das neue Holzparkett könnte eine Modernisierung darstellen. Oder die neue Einbauküche, die hochwertiger ist als die alte bzw. viel mehr Wert darstellt als gar keine? Bei Einführung des Milieuschutzes (in Schöneberg im März 2018) wohnte das Bodenpersonal seit mehr als zwanzig Jahren dort. Der Milieuschutz gilt hier auch gegen selbstnutzende Eigentümer, die hier seit 1994 wohnen und nun wegziehen, damit sie endlich nach eigenen Vorstellungen durchrenovieren können? So richtig ätzend ist der Fenstergedanke: Tatsächlich erörtern wir am Telefon, der Mitarbeiter der Stadtplanung und ich, dass Maßnahmen wie diese (Fensteraustausch) „die Mindestanforderungen an Fenster nicht überschreiten dürfen.“ Das ist mir vollkommen neu und ich wittere sofort Hochverrat: Unsere Kanzlerin Angela Merkel wird verraten und all ihre ehrgeizigen Klimaschutzziele. Es ist wahr, also es steht jetzt hier schwarz auf weiß: Hat das alte Fenster von 1994 einen (schlechten) k-Wert von 2,1 (Beispiel), so hat ein zeitgemäßes Fenster inzwischen bei Zweifachverglasung leicht 1,1. Ist also fast „doppelt so gut“. Nimmt man eine Dreifachverglasung, um noch mehr Energie zu sparen (k-Wert ca. 0,6 – 0,7), so wäre das nach Ansicht der Milieuschützer im Amt ein KO-Kriterium und abzulehnen. Denn diese Vorgehensweise wäre eine Wertverbesserung und würde die Bevölkerung vertreiben.
Ich bin zwar kein Garten- und Landschaftsbauer, aber im amtlichen Einfriedungszaun suche ich jetzt die Vollständigkeit der Latten zu Fuß unterwegs systematisch ab. Haben die noch alle Latten am Zaun? Gut, für diese Untersuchung werde ich nicht bezahlt.
Au ja, der Spott ist beißend. Sorry.
Selbiges gilt auch für die Klingel-/Gegensprechanlage. Soll die nun anders als bisher künftig eine Videosichtverbindung nach unten ermöglichen, ist das schon wieder auf der Liste der bedrohten vier Arten. Denn dort wird wieder nachhaltig an der Mietenschraube gedreht werden können. Ja, so allgemein klingt das alles prima. Allerdings fragen viele Besorgtbürger auch schon nach, wie denn das Amt diese ganzen Behördenaufgaben stemmen will? Mit welchem Personal denn?
Eine Liste der antragsbedürftigen Maßnahmen dieser Art gibt es tatsächlich nicht (mehr), erfahre ich im Telefonat, und der Sachbearbieter Herr Hoffmann ist freundlich und kann ja auch gar nichts dafür. Er arbeitet ja da nur. Richtig. Es gibt also keine Liste und daher schickt er mir nun was zu, was allgemein als Anforderungsprofil gelten muss. Später telefoniere ich noch mit zwei Architekten, einer davon ist Bauleiter einer Maßnahme wie dieser. Wir kennen uns lange.
Als das Gespräch darauf kommt, erfahre ich noch, dass man in Neukölln auch ganz bewusst nicht sagt, amtlicherseits, was genau die Kriterien sind, wenn man (beispielsweise) einen Balkon anbauen will: Denn dann wüsste man das ja.
Hinzu gesellt sich jetzt der Mietendeckel.
Und noch was, denn heute ist ein ereignisreicher Tag wie kaum ein zweiter ähnlich ereignisreich ist:
Der Europäische Gerichtshof EuGH hat das Architektenrecht teils kassiert und die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) in bestimmten Bereichen hinsichtlich der Vergütungsansprüche für unwirksam erklärt.
Es gibt Tage, da wollte ich, ich wär mein Hund.
Wuff.