Ich bitte um eine Zusendung von den folgenden Unterlagen:
1. Teilungserklärung
2. Protokolle der letzten Versammlungen, Beschlüsse
3. Wirtschaftsplan
4. Letzte Wohngeldabrechnung
Vielen Dank im Voraus (aus Email an Hausverwaltung)
Geübt im lateinamerikanischen Tanz wird heute der „Unterlagen-Tango“ gegeben. Die Wohnung soll verkauft werden. Nun ruft der Eigentümer an. Wir sagen: „Wieso?“ Und: „Das haben Sie doch alles schon.“ Er hat es nicht, sagt er. Wo ist es? Er weiß es nicht. Dann verbessert er sich: „Er hat es gehabt, weiß aber nicht, wo es geblieben ist.“ – Dann kommt diese Email. Am nächsten Morgen ruft er wieder an. Wo es bleibt? „Haben Sie die Email überhaupt bekommen?“ Und „Schicken Sie es per Email.“ Man kocht innerlich. Jemand beschäftigt uns mit seinen Problemen, die alles betreffen, was er hat. Eine Eigentumswohnung, eine Teilungserklärung, X Protokolle der letzten Versammlungen, Beschlüsse, Wirtschaftsplan, letzte Wohngeldabrechnung. Die Anfrage kommt per Webformular.
…
Auf einer nonverbalen Ebene sind Rückfragen am Telefon, wie sie zuweilen gestellt werden müssen, sarkastisch, aber der Sarkasmus-Empfänger empfängt derartige Signale gar nicht. Wie, Abrechnung? Haben Sie doch? Ja, ähm. Was, Wirtschaftsplan? Ist doch rausgegangen? Hmmm, äh…. – undsoweiter undsoweiter. Keine Freude beim Angerufenen: Nein, alles doppelt und dreifach rausschicken, gilt nicht, gilt auch nicht als „Du bist Dienstleister“. Niemand lässt sich gern benutzen. Vielleicht macht man das dann doch mal, z.B. auch, weil eine Ausrede irgendwie süß war. „Ich hatte einen Wasserschaden, alles aufgeweicht“, gilt. Oder „Mein Hund ist extrem ungezogen, der hat ordentlich abgebissen.“
Es immer schön bequem haben zu wollen. Es schwillt einem der Kamm. Und der Schwanz ist ab, unfähig darüber noch Freude zeigen zu wollen. Wichtige Dinge erledigen, derartiges darf warten. Nun wackelt er wieder, der Schwanz. Ja, ans Tagwerk und Jahresabrechnungen versenden und Einladungen zu Versammlungen, neue Unterlagen und nicht so Vergangenheitsbewältigungen wie diese. Die Frage von ihm, ob das nicht per Email ginge? Nein, geht es nicht. Denn derartiges wird stets per Post verschickt an alle Eigentümer. So pünktlich und früh wie möglich.
Noch ist herkömmliche Bürotechnik hier wie da nicht nur schlecht. Fachleute beispielsweise kaufen sich pappefarbene, graue oder weiße DIN A4-Ordner, um Themen des Lebens in ihnen nach irgendeinem Orga-Schema abzulegen. „Wohnung“ wäre so ein weiterführendes Stichwort, mit Papplaschen drin, als Unterteilung „Abrechnung“, „Wirtschaftsplan“, „Protokolle“ pi pa po.. – Diese hochwertige Orga-Lösung für nichtdigitalisierte Wissens- und Empfangsträger verwaltungsbedürftiger Kleinode kostet zwischen 1,00 EUR und 3,99 EUR, je nach Luxuszustand. Für „Tussen“ wird der straßgoldbewehrte Luxusordner von „D & G“ empfohlen, für alle anderen die Weltfirma LEITZ und ihre bewährten Orga-Helferlein. Dort immer alles oben drauf und wenn verkauft werden soll, einmal kräftig durchmischen. #Erfolgsrezepte
Damit die es dann wegwerfen und erst wieder drauf zurückkommen, wenn sie den Entschluss fassen, die Wohnung zu verkaufen. Bestandsorientierte Eigentümer-Selbstverwaltung? …Ich halt´ jetzt lieber die Klappe…
1776/13: Positionen: Ein schwanzloser Hund kann seine Freude nicht zeigen (albanisches Sprichwort) #U…https://gesichtspunkte.de/?p=14327