Shalom Aleichem – Friede sei mit dir! – As salamu alaykum!
Internationale Fragen stehen zunehmend auf dem deutschen Verwalter-Speiseplan „nach gusto“. Es geht darum, dass in Folge einer zunehmenden Globalisierung die deutschen Verwaltergeschäfte nicht leichter werden. Sondern internationaler. Ein jedem Tierchen sein Pläsierchen, und jedem Land ein Glücksstück Unterpfand. Oder so ähnlich.
Nach dem Stand August 2010 sagt die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Israel (Tel Aviv), sei „Rechtsberatung und -verfolgung in Israel“ mit knapp vier Seiten Textumfang einfach darzustellen. Dies trifft den Verwalter folgendermaßen: Ein Wohnungseigentümer aus dem Hamburger Raum mit Eigentumswohnung in Berlin-Kreuzberg, irgendwo Ecke Blücherstr., beabsichtigt den Verkauf seiner Eigentumswohnung. Der Erwerber wird ein Israeli sein, ein Herr, der schon mehrere Wohnungen hat, so wird gesagt. Das ist Hörensagen. Leumund.
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Wird aber dieser Erwerber hier in Deutschland seine Verpflichtungen als Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft erfüllen und was, wenn nicht? Das ist hier „des Pudels Kern“.
Ohne Ansehen der Person, von der man kein Ansehen hat, da man sie nicht kennt, reduziert sich vieles auf „nüchterne Fakten“, aufs Abklopfen der Rahmenbedingungen und auf kurzes Worst-Case-Szenario, nach dem Motto: Was wäre wenn? (er nicht bezahlt und verklagt werden muss)
Insofern dient der Rechtsfortbildung, sich über diese „internationale Frage“ ein paar rudimentäre Gedanken aus der Sicht eines Hausverwalters zu machen. In diesem Falle die Beziehungen Deutschland-Israel und die Frage, wie ginge man wohl praktisch vor?
In manchen Teilungserklärungen wird verlangt, dass sich ein jeder Wohnungseigentümer-Erwerber der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen zu unterwerfen hat, insofern er Wohngeld zu leisten habe. Zweckmäßig ist die Betragsbegrenzung dahingehend, dass der Wohnungseigentümer bspw. anerkannt, einen Jahreswohngeldbetrag (monatliches Wohngeld warm mal 12 Monate) zu schulden. Ein so genanntes „abstraktes Schuldanerkenntnis“.
Liegt dieser Fall vor, aus welchem Grunde auch immer, so kann der Verwalter schon eingangs seiner Einschaltung im Zusammenhang mit einer zu erteilenden Verwalterzustimmung dieses vom Erwerber (der noch nicht Eigentümer ist) fordern und verlangen, dass ihm eine Vollstreckbare Ausfertigung dieser „Wohngeldklausel“ zu treuen Händen erteilt werden soll. Zwar machen da einige Notare auch gern „Mätzchen“, aber dieses ist gang und gäbe. Ein Verwalter, der diesen Weg beschreitet, ist nicht schlecht beraten.
Wat ma hat, hat ma, wat ma nich hat, hat ma nicht. (Credo eines WEG-Verwalters bei der Auswertung seiner Vollstreckungsklauseln)
Im Vergleich zum europäischen Rechtsrahmen von Mitgliedstaaten in der Europäischen Gemeinschaft gelten übrigens andere Vorschriften, die heute und hier nicht vertieft werden sollen. Israel gehört nicht dazu und so gilt allein, was bilateral zwischen Israel und Deutschland vereinbart wurde. Die wesentlichen Vereinbarungen stammen übrigens aus dem Jahre 1977. So hier:
Merkblatt Rechtsberatung der Deutschen Botschaft)
- Vertrag vom 20. Juli 1977 über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, in Kraft getreten 14.08.1980 (BGBl. II/1980, S. 926)
Der zugrunde liegende Kaufvertrag kann offenbar anderen Vorschriften zufolge in deutsch und englisch (zweispaltiger Fließtext) von einer internationalen Notariatskanzlei aufgesetzt werden. Ob dieser englische Vertragstext in Israel auch vollstreckbar ist? Nach unserem Eindruck übrigens nicht.
Unsere Erfahrung aus anderen Ländern zeigt, dass die nicht in der jeweiligen Amtssprache aufgesetzte, juristische Verpflichtungsverklärung so zunächst in die jeweilige Amts-, Gerichts- bzw. Landessprache übersetzt werden muss. Festzuhalten ist, dass in Israel als Gerichtssprache nach hier vorliegenden Informationen Hebräisch gilt. Insofern begegnet bereits ein in deutsch/englisch abgefasster Vertrag über den Erwerb eines Wohnungseigentums rechtlichen Bedenken über die Durchsetzbarkeit der entsprechend notwendigen Vollstreckungsklauseln.
Man muss sich vor Augen führen, dass die Übersetzung eines 20-seitigen Kaufvertrages leicht 700,- € kosten dürfte, die der Gläubiger vorschießen muss. Also hat die Wohnungseigentümergemeinschaft eventuell ein „berechtigtes Interesse“ daran, sich die Vollstreckbarkeit von Wohngeldforderungen bis zur Höhe eines Jahresbetrages in einer amtstauglich anerkannten Landessprache des Wohngeldschuldners zusichern zu lassen? Dass dieses nach Maßgabe der gegenwärtigen Rechtsprechung noch umstritten ist, bedarf hier keiner Vertiefung.
Es mag praktisch sein, von der deutsch-israelischen Handelskammer für den außergerichtlichen Forderungseinzug Amtshilfe zu bekommen, ob das klappt, ist hier noch nicht bekannt. Für Hinweise dazu sind wir dankbar.
Das Amtsgericht heißt „Beit Mischpat Schalom“, das Bezirksgericht nennt sich „Beit Mischpat Mechozi“ und ist aber einen Streitwert über 2.500.000,- NIS zuständig. Wer eine Vollstreckungsklausel (siehe oben) besitzt, kann die Zwangsvollstreckung in Israel beantragen:
1. eine von dem Gericht in dem Staat, in dem die Entscheidung ergangen ist, hergestellte beglaubigte Abschrift der Entscheidung;
2. den Nachweis, dass die Entscheidung rechtskräftig ist;
3. den Nachweis, dass die Entscheidung nach dem Recht des Entscheidungsstaates vollstreckbar ist;
4. wenn der Antragsteller nicht der in der Entscheidung benannte Gläubiger ist, den Nachweis seiner Berechtigung;
5. die Urschrift oder beglaubigte Abschrift der Zustellungsurkunde oder einer anderen Urkunde, aus der sich ergibt, dass die Entscheidung der Partei, gegen die vollstreckt werden soll, zugestellt worden ist;
6. die Urschrift oder beglaubigte Abschrift der Urkunde, aus der sich ergibt, dass die den Rechtsstreit einleitende Klage, Vorladung oder ein anderes der Einleitung des Verfahrens dienendes Schriftstück dem Beklagten zugestellt worden ist, sofern sich der Beklagte auf das Verfahren, in dem die Entscheidung ergangen ist, nicht zur Hauptsache eingelassen hat;
7. eine Übersetzung der vorerwähnten Urkunden in die oder eine Sprache des Vollstreckungsstaates, die von einem amtlich bestellten oder vereidigten Übersetzer oder einem dazu befugten Notar eines der beiden Staaten als richtig bescheinigt sein muss. Das Vollstreckungsverfahren ist nicht kostenfrei. Die Gerichtsgebühr für dieses Verfahren beträgt beim Amtsgericht etwa 116,– Euro und beim Bezirksgericht etwa 205,– Euro (Stand 2009). Zwar besteht grundsätzlich keine Anwaltspflicht, aber zur Stellung der richtigen Anträge wird empfohlen, einen lokalen Anwalt in Anspruch zu nehmen. Zu Rechtsanwaltshonorar und Rückerstattung wird auf Pkt. B.II verwiesen.
(Textauszug aus den „Empfehlungen“ der Deutschen Botschaft, Tel Aviv, nicht rechtsverbindlich, keine Gewähr – Quelle:
Zu berücksichtigen ist also mit aller gebotenen Umsicht, dass der WEG-Verwalter sich Vollstreckungsklauseln versprechen lassen kann, die aber im Ergebnis nichts taugen und in der Praxis nicht verwendet werden können. Insofern gilt die Empfehlung, sich bei Anstehen eines solchen internationalen Kaufvertrages von vornherein sachkundig zu machen und gleich -hier und heute, hier und jetzt- die Klauseln in den notwendigen Landessprachen ausfertigen zu lassen. Schon aus Umfangsgründen ist auch zu überlegen, ob die Zwangsvollstreckungsklausel von vornherein separiert abgegeben werden kann, im Textumfang von nicht mehr als einer DinA 4 Seite, im Gegensatz zu einer solchen, die sich als lediglich kleiner Bestandteil einer zwanzig Seiten umfassenden Vertragsdokumentation darstellt. Hier können bereits erhebliche Kosten gespart werden.
Die vorstehenden Überlegungen sind eigene Überlegungen im Zeitpunkt der Einarbeitung in diese Materie und werden nicht als allgemein gültige und rechtlich abschließende Würdigung verstanden. Vielmehr ändern sich diese Überlegungen fortlaufend und es wird empfohlen, eigene diesbezügliche Überlegungen dazu anzustellen. Im Zweifel hilft hier die qualifizierte Beratung durch darauf spezialisierte Rechtsanwälte mit internationaler Erfahrung bzw. Ausrichtung. Shalom!
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