1673/12: Traumjob Hausverwalter: Die neue Verwalterin ist nicht geeignet, ihre Bestellung rechtswidrig. (LG Frankfurt/Oder – 16 S 89/12)

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screenshot "Hausverwalter sind auch Menschen!"

screenshot „Hausverwalter sind auch Menschen!“

Der Fall ist schnell erklärt:

Der Mehrheitseigentümer kommt finanziell ins Straucheln. Er hat von den 83 Wohnungen und 100 Stellplätzen in der Wohnungseigentümergemeinschaft an einem der Speckgürtel-Golfclubs Berlins seine finanziellen Dinge nicht wirklich mehr im Griff. Hinzu kommt, dass der maßgebliche Initiator und Geschäftsführer der Immobiliengesellschaft einen Herzinfarkt erleidet, den er mit maßgeblichen gesundheitlichen Blessuren übersteht. Er muss kürzer treten.

Er entschließt sich, dass noch bei ihm verbliebene Paket von rund 68% der dort vorhandenen Wohnungen an eine „Spreewälder Gurke“ aus Lübben zu veräußern. Wie es genau zu dem Geschäft kam, tut nichts zur Sache. Schon die Übernahme gestaltet sich schwierig. Der Lübbenauer hat schon einige Projekte finanziell bei der finanzierenden Bank „nicht durchbekommen“. Das ist bekannt.

Verwalter werden ist nicht schwer, Verwalter bleiben dagegen sehr!

Kurz vor dem Abverkauf zahlt der Herr, dessen Fisimatenten den übrigen Eigentümern bereits seit geraumer Zeit auf die Nerven gehen, auch schon kein Wohngeld mehr. Und wenn 68% der Wohngelder ausbleiben, kann man das in einer WEG wie dieser durchaus eine Art finanzielles Gesamtfiasko nennen. Auf die übrigen Eigentümer kommen ganz erhebliche Nachschusspflichten zu, fällt der Großeigentümer aus.

Im Rechtsstreit um die Berufung einer neuen Verwalterin, die ihre Firma als „excellent“ deklariert in Sachen WEG-Verwaltung, mischen sich erdfarbene Ockertöne mit Herbstlaub und es wird viel gesponnen. Das Landgericht Frankfurt/Oder hat in dem Rechtsstreit mit dem Aktenzeichen 16 S 89/12 am 27.11.2012 jetzt abschließend Recht gesprochen. Eine Revision beim Bundesgerichtshof wurde nicht zugelassen.

Viel kann der Wohnungseigentümer aus diesem Urteil „Honig saugen“, soviel ist sicher.

Im Wesentlichen geht es nicht um die Falschbehandlung des Versammlungsleiters in der Wahlversammlung vom November 2011 des Verwalterbestellungsbeschlusses, die so wie im Landgerichtsurteil abgefasst ist, auch gar nicht vorgekommen ist. Im Wesentlichen ist das Urteil eine Backpfeife für autokratische, selbstherrliche (werdende) Großeigentümer, die glauben, indem sie die Mehrheit an einer Wohnanlage hätten, sei dies auch zugleich eine Art Freibrief, jeden „beliebigen Verwalter gegen die Minderheit der übrigen Miteigentümer durchzudrücken“. Das eben gerade nicht.

23 Parteien als Beklagte/Berufungskläger und 16 Parteien als Kläger/Berufungsbeklagte, die frühere Verwalterin und die jetzige Verwalterin, die nach dem Beschluss des Landgerichts jetzt diese Verwalterbestellung rechtswirksam los ist.

Mit der Klage begehrten die Kläger die Feststellung der Nichtigkeit, hilfsweise der Ungültigkeit der mit Beschluss der Eigentümerversammlung vom 25.11.2011 erfolgten Wahl der Verwalterin Antje Bintje (* Name geändert) zur Verwalterin, einschließlich einer Beauftragung des Verwaltungsbeirats zum Abschluss des Verwaltervertrages.

Alles lief merkwürdig an jenem Tag. Das Verwalterhonorar war unüblich hoch. In dem vorgelegten Verwaltervertragsentwurf ließ sich die Bewerberin eine unübliche hohe Zahl von vertraglich gesondert honorierungspflichtigen Tätigkeiten versprechen. Über alles hielt der Mehrheitseigentümer seine schützende Hand. Lockere Sprüche hatte er gemacht: „Im Endeffekt muss man lieber fünf Euro mehr ausgeben, aber die Verwaltung tut wenigstens was.“ So in der Art.

Dazu hat das Landgericht eigene Vorstellungen entwickelt. Auszugsweise:

– Die Bestellung von Antje Bintje (* siehe oben) widerspräche ordnungsgemäßer Verwaltung. Denn es läge ein wichtiger Grund vor gegen ihre Verwalterbestellung und gegen den Abschluss des von ihr entwurfsweise vorgelegten Verwaltervertrages.

– Es lägen Umstände in der Person der Verwalterin vor, die sie als „unfähig oder ungeeignet für dieses Amt erscheinen“ ließen, etwa weil bspw. die erforderliche Neutralität fehlen könne (Merle/Bärmann a.a.O., § 26 Rn. 41; AG Hamburg ZMR 8008, 841).

– So habe sie bspw. in einer Email vom 3.11.2011 ohne Angabe von Gründen ggü. dem ausgeschiedenen Verwalter mitgeteilt, die Wohngelder des (neuen) Mehrheitseigentümers nicht an die Gemeinschaft zu Händen ihrer Verwalterin zu zahlen, sondern auf ein (eigenes) Festgeldkonto.

– Soweit sie sich (hier) als Sondereigentumsverwalterin des Mehrheitseigentümers an einer solchen erheblichen Pflichtverletzung beteilige, disqualifiziere sich damit deutlich im Hinblick auf eine (zukünftige) Eignung als Verwalterin (dieser Gemeinschaft).

Denn wer sich derart deutlich an einer die WEG schädigenden Handlung beteiligt, kann für sich auch nicht zukünftiges Vertrauen in Anspruch nehmen. (Zitat Urteil, siehe oben)

– Hinzu käme noch ihr Vorschlag, auf die Tagesordnung einer weiteren (vorherigen) Versammlung einen vollkommen „unangemessen breiten finanziellen Handlungsspielraum der künftigen Verwaltung“ bei der Vergabe von Instandhaltungs- und Instandsetzungsaufträgen setzen zu wollen. Dies erwecke den Anschein, als wolle sich die künftige Verwalterin einer wirksamen Kontrolle durch die Wohnungseigentümer entziehen. Sie habe auf dieser Grundlage der WEG in „unbegrenzter Höhe Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen ohne Zustimmung der Wohnungseigentümer“ ausgeben können.

– Selbst eine vorbehaltliche Klausel des Vertrages, wonach dies „nach Freigabe durch die Mehrheit der Eigentümergemeinschaft“ vorgesehen sei, sei im Ergebnis nicht anders zu verstehen, als wenn dies eben regelmäßig den konkreten Stimmengewichten des 68%-en Mehrheitseigentümers Ralf S. aus L. (* nicht Ludwigsfelde, sondern eine Kleinstadt im Spreewald) zufalle und nicht gemeinschaftlicher Entscheidung.

– Schließlich enthalte der als Anlage I zum vorgesehenen Verwaltervertrag vorgesehene Anhang einen in „jeder Hinsicht unüblichen Katalog vermeintlicher Zusatzleistungen“.

Unausgesprochen bleibt insoweit die Vermutung, der Mehrheitseigentümer sei wirtschaftlich am Erfolg dieser Hausverwaltung auch finanziell beteiligt. Etwa indem er eine unüblich hohe finanzielle Verwalterhonorierung durchsetzt, mit der Folge, dass die Differenz aus „Regelhonorierung“ und unüblich hohem Honorar als „Unterprovision“ an den Mehrheitseigentümer weitergegeben werden muss. Selbiges gilt für die „gemolkene Kuh“ auch in sämtlichen Zusatzleistungen, also ein lohnendes Geschäft für den Mehrheitseigentümer, der hierüber regelmäßige, weitere Extraeinnahmen generiert.

Deutlich ist der Satz: „Da die Bestellung von Frau Bintje (*) zur Verwalterin selbst unter Anlegung eines breiten Ermessensspielraums ordnungsgemäßer Verwaltung nicht entspricht, kommt es auf die Frage eines Stimmrechtsmissbrauchs des Wohnungseigentümers (Mehrheitseigentümers) Ralf. S. aus L. nicht mehr an.

Deutliche Worte.  Ralf S. aus L. hat sich im jetzt entschiedenen Verfahren erhebliche Blessuren geholt. Wie er da nur wieder rauskommt?

(Der Wortlaut des landgerichtlichen Beschlusses liegt hier schriftlich vor.)

(EP)

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