620/2010: Yahoo-Nachrichten: Wetter, Wetter, Wetter, Prognosen – und dämliche Fragen obendrauf

Screenshot Yahoo News - 02.02.2010

Screenshot Yahoo News - 02.02.2010

Der allseits geschätzte Weblogger Wilhelm Ruprecht Frieling, Pseudonym: Prinz Rupi, brachte seine Erfahrungen über das erfolgreiche Anreißen von interessanten Artikeln mit einer passenden Überschrift auf den Punkt und titelte die Geschichte folgendermaßen in der Schlagzeile:

Hellmuth Karasek popelt oder Bitte, bitte fick mich.“ (Überschrift, Artikel vom 16.03.2008, hier)

Was den Literaturprinzen aus Berlin-Südende (Stadtteil Steglitz) zu derartigen Schlagzeilen anfocht, lieferte er als Begründung überzeugend am Ende desselben Artikels nach und dies darf man getrost als transparentes Schreiben interpretieren, es ist nachvollziehbar:

Doch wo popelt nun eigentlich Hellmuth Karasek? Nun, der Meister liest aus seinen Glossen »Vom Küssen der Kröten«, und dabei wird nicht gepopelt. Aber ein zugkräftiger Titel für meine Kolumne ist schon die halbe Miete. Das zumindest habe ich in Leipzig gelernt …

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Die permanente Nachrichtenverfolgung in Echtzeit via Internetz durch die Redaktion von gesichtspunkte.de zeitigt nun Parallelen in der bundesrepublikanischen Wetterwelt. Man lese und staune, mit welchen schlicht erfundenen Teasern die Nachrichten zum Lesen aufgehübscht werden, damit ihre Attraktivität steigt. Bis zum Mausklick in die Tiefen der deutschen Wetterfindung ist es nun nicht mehr weit. Der Einfachheit halber:

Der eingangs per Screenshot betreffende Teaser von yahoo kündigt diesen Artikel verheißungsvoll an. Aber der folgende Artikel ist so sensationsarm wie bedeutungslos und verheißt uns Selbstverständlichkeiten, die wir dieser Tage ebenso ohne Lektüre der Agenturmeldung wahrnehmen können. Mit offenen Augen. Der Nachrichtentext ist ein journalistisches Nullsummenspiel zur Verfügung stehender Basiskenntnisse im deutschen Wetterwesen, etwa des Inhalts: ‚Auf Regen folgt Sonnenschein‘ – oder eben umgekehrt.


Geordie, 1974 – She´s A Teaser (via Youtube)

Um es gleich klar zu sagen: in der Journalistensprache ist der Teaser der Anreißer, der uns das Klicken auf einen lesenswerten Artikel schmackhaft machen soll. In der Sprache der Rock- und Popmusik allerdings hatte den Begriff Teaser schon die Urpopband Geordie am Wickel, der der jetzige AC/DC-Sänger Brian Johnson vorstand. She´s a teaser, sie ist ein Quälgeist. Auf eine erschreckende Weise wird im Vergleich des damaligen Videos mit der heutigen Nachrichtenszene rund ums Wetter deutlich: Damals wie heute wurde gefaked falsch gespielt ohne Ende. Oder hört etwa jemand nicht den opulenten Bigband-Bläsersatz, der in dem Song Verwendung findet? Und: Hat jemand die Bläser hier auf der Bühne gesehen? Fälschung! Niemals hätte Geordie so gut geklungen, ohne besagten Bläsersatz. Der bedauernswerte Brian Johnson: er wanderte ab zur australophilen Schuluniform-Stampfcombo AC/DC und hatte fortan nie wieder einen Bläsersatz. Von wegen Bewährungsaufstieg. Doch das ist ein anderes Thema.  Apropos Attraktivität.

Was Prinz Rupi 2008 einstmals noch nicht wissen konnte. Hellmuth Karasek liegt (inzwischen) im Ranking der deutschen Frauen sehr weit vorn an der Spitze, einer TOP 10 deutscher Männer, übertroffen nur von Herbert Grönemeyer (Platz 1), Freiherr von und zu Guttenberg (2), Eckhart von Hirschhausen (3), Ulrich Wickert (4), Udo Jürgens (5), Horst Köhler (6), Oliver Pocher (7), Claus Kleber (8) und Boris Becker (9). Wer wollte angesichts dessen behaupten, Deutschlands Frauen bewiesen Geschmack? Unangefochten steht der Literaturkritiker, dem in Deutschland nur noch Marcel Reick-Ranicki (aus anderen Gründen) das Wasser reichen kann, auf Platz 10 des Rankings der Onlinevermittlung elitepartner.de, und das mit 75 Lebensjahren. Das hätte gedacht, wer mag, ich übrigens nicht.

Nach derselben Devise, die Prinz Rupi konsequent entdeckt, gezielt beobachtet und hernach in obigem Artikel eingesetzt hat, scheinen dieser Tage auch die Yahoo-Nachrichten zu verfahren, indem sie titeln:

Geht dem Winter die Puste aus? (Quelle: siehe screenshot oben, ganzer Artikel hier)

Das Wetter in Deutschland wird zunehmend zum Gegenstand von Agentur-Berichterstattung und journalistischer Ausweidung. Früher gab es einen Wetterbericht. Heute wird der Wetterbericht für schlagzeilenträchtige Szenarien ausgeweidet. Auch die Wetterberichterstattung durch die journalistische Nachhut der Wetterfachleute kann ein Teaser sein: eine Art Desinformationsdienst, zumindest aber ein Quälgeist. Der Winter 2009/2010 hat ein Menge Wetter-Journalismus auf den Plan gerufen. Genützt haben diese Berichte der Wahrheitsfindung kaum. Ab und zu aus dem Fenster schauen ist keine schlechte Alternative.

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Weiterführend

Glück hat noch, wer Geld bekommt (yahoo und die Schlagzeilen)

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