3275/18: Positionen: Nirgends wird in so großem Stil gelogen, wie in AutoReply-Antworten – In ihrer Art kennzeichnen sie den Tod des Systems.

Der Kritiker – MRR

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Mit freundlichen Grüßen
Ihre GASAG

Früher schon hatten wir Gewaltfantasien: Wir stellten uns vor, wir schrieben der Telekom in Form einer Rolle Küchenpapier. Mit Thermofaxgerät auf der Gegenseite. So nudelt sich die Faxrolle komplett ab und die Kommunikation bricht zusammen. Heute würde man dies mit Email-AutoReply-Pingpong machen. Eine Regel erstellen, mit der auf ein AutoReply ein AutoReply gesendet wird. Ping Pong. Nutzloser kann man seine Zeit nicht verbringen.

Oder? Man schreibe einen Brief an einen Vertragspartner. Nennen wir ihn GASAG: Vorratskündigung. Eine 24-monatige Vertragslaufzeit endet am 31.12.2020 und Gott will, dass wir uns einen anderen Gaslieferanten suchen im Jahre 2020, dann stellt es für uns keine gute Vertragsnorm dar, aus dem Vertrag nur rauszukommen, wenn man mit einer Kündigungsfrist von 3 Monaten zum Vertragsende (praktisch bis 30.09.2020, rechtzeitig) kündigt oder dann – Hallo? – zum 30.09.2021, damit das am 31.12.2021 erst gilt – Eine solche Kündigungsfrist ist unvorteilhaft. Für sie gibt es im Ermessenspielraum des eigenen Kopfs keinen vernünftigen Grund. Wenn ich weg will, will ich weg. Dann bin ich bereits unterwegs. Auch emotional.

Na klar, Wunschdenken derartiger Lieferanten. Kundenbindung funktioniert über Kundenzufriedenheit. Nicht über Tricks und Lederhosenklauseln. Wie werden wir derartig unvorteilhafte Vertragsklauseln los? Heute haben wir der Gasag den Zuschlag gegeben, das Mehrfamilienhäuschen mit 34 Einheiten zwei Jahre lang mit Erdgas zu versorgen. Das ist von der Größenordnung her ne halbe Industriekunden-Kondition, erfahre ich. Ab 500.000 kwH geben Gasag-Mitarbeiter besonders gute Konditionen.


J.S. Bach: Brandenburgische Konzerte №1-6

Dirigent: Claudio Abbado Orchestra Mozart Giuliano Carmignola Concerto No. 1 in F major 1. Allegro 2. Adagio 3. Allegro 4. Menuetto (Trio I, Polacco, Trio II) Concerto No. 3 in G major 1. Allegro 2. Adagio 3. Allegro Concerto No. 5 in D major 1. Allegro 2. Affettuoso 3. Allegro Concerto No.6 in B flat major 1. Allegro 2. Adagio ma non tanto 3. Allegro Concerto No. 4 in G major 1. Allegro 2. Andante 3. Presto Concerto No. 2 in F major 1. Allegro 2. Andante 3. Allegro assai Encore 1. Concerto No. 2 Allegro assai

Thema ist geschäftliche Ehrlichkeit und das System, weite Bögen zu schlagen, die uns miteinander entfremden und mit überflüssigem Bohei zustopfen. Telefonnummern: Die Kleinverbraucher, Kleinvieh, kriegen eine Nummer, da kommt ein Sprachsekretär zu sprechen. Der ist scheißfreundlich, aber unzuverlässig. Rund 15 Minuten warten wir in einer totenstill gewordenen Leitung, da hackt eine Stimme, wir sollen eins oder zwei sagen, wenn wir zur Verbesserung der Servicequalität beitragen möchten. Ich verspüre einen starken Druck auf meiner Speiseröhre. Brechreiz.

Ich schweige. Später erfahre ich nach zwanzig Minuten, hier bin ich falsch, das ist eine Großkundenanfrage, und ich bin wichtig. Aha. Unter der anderen Nummer geht kein Sprachsekretär ran, da geht gleich eine Mitarbeiterin ran. Die ist wirklich supernett. Sie ist knorke. Daumen hoch. Wir werden uns einig.

Am Ende des Telefonats steht eine Vertragsanbahnung von 24 Monaten Laufzeit auf dem Kalender. Das wird über eine Webschnittstelle hinüber gereicht zu mir und ich soll es bestätigen. Das mache ich, indem ich mich abmühe, mich nicht zu verlesen und die ganzen Fußangeln und Fallen zu finden. Regel Nummer Eins: Lade alles herunter, bevor sie einfach irgendwas ändern und später überhaupt nicht mehr reproduzierbar ist, worum es dabei ging. Zur Klarstellung: Es ging um fünfstellige Riesensummen, die mehr als dreißig Haushalte die nächsten 24 Monate zahlen sollen.

Als ich die Vertragsanbahnung bestätigt habe, hat die Gasag nun alle Zeit der Welt, dieses Klippschulgelände des Internets zu verlassen und ganz in Ruhe im stillen Kämmerlein ein Überraschungspaket zu schnüren. Was genau drinsteht, werden wir dann ja sehen. Es ist ein Haustürgeschäft. Ich ahne was kommt und was ich ahne, finde ich mehr als übel. Es folgt ein massiver Medienbruch: Das Geschäft über das Internet abgewickelt, aber nun wird es analog und beschwerlich und hundsanalog, altbacken und wie vor 100 Jahren. Der ganze Hype um ein funktionierendes Onlinegeschäft ist dahin. Weil der Neukunde JA gesagt hat. Aber jetzt.

Um Kunden zu rekrutieren, reicht ein vordergründiger Onlineauftritt und das Versprechen, modern zu sein. Ist der Kunde erst einmal im Sack, kann diese Ebene sofort wieder verlassen werden. Dann geht es nach richtig alten Regeln zu.

Jemandem dem Teppich unter den Boden wegziehen: Wenn für mich der Onlineabschluss von ausschlaggebender Bedeutung wäre, wäre spätestens jetzt meine Absicht zuverlässig zusammengebrochen, das Geschäft wirksam zu Ende abzuschließen. Ich könnte beispielsweise das Büro zu haben, von Mallorca oder den Kanaren aus noch schnell den Gaslieferanten für meine Kunden wechseln. Pustekuchen. Da denken sie einfach nicht mit. Das kommt in ihrer Welt nicht vor. Sie irren. Im eigenen Saft.

Sie werden es per Post zuschicken. Das dauert einen Monat und ist das Gegenteil von Effizienz. Am Ende werden alle Beteiligten sämtliche Prozesse, die ja nun erst digital erstellt, dann analog ausgedruckt und zugeschickt werden, doch wieder digitalisieren, sodass der Printweg überflüssig erscheint, und alles wird bei allen inzwischen in einem Dokumentenmanagement landen. Davor war schön Papier. Also 1980. Nein, kein Thermopapier.

Sehr geehrte Dame, sehr geehrter Herr, vielen Dank für Ihre E-Mail-Anfrage. Unser Service-Center verarbeitet Ihren Vorgang und setzt sich dazu in Kürze mit Ihnen in Verbindung.
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Mit freundlichen Grüßen
Ihre GASAG

Zur Auto-Reply:

Im Betreff stand vorher, worum es ging. Aktenzeichen, Kundenummer, Betreff der Vorratskündigung. In der Antwort steht im Betreff nur noch: „Empfangsbestätigung“ – Das ist aber ganz schön gedankenlos und mindestens grob unhöflich. Danke.

Es folgen lange Belehrungen, die ich an dieser Stelle nicht erwarte. Ich hab mich nicht zu einem EDV-Seminar „Sichere Emails? Eine Chimäre….“ angemeldet. Ich hab es doch so gewollt. Und spätestens hier sagt dann mein Geschäftspartner eben nicht: Du willst es doch auch. Sondern er sagt: Mach das bloß nicht, es ist wirklich hundsgefährlich. – Ja, dann antworte doch erst gar nicht auf Emails. Wozu hast Du denn diese Adresse eingerichtet?

Die Kunst der Lüge besteht natürlich heutzutage in der Aufbereitung jeglicher eigenen Interessenlage auf eine Art und Weise, die einem Kunden signalisiert: Du willst es doch auch. Was denn? – Ja, das bequeme Kundenportal MEINE GASAG. Boah, danke. Im Grunde will ich gar nichts anderes mehr.

Ich bin allerdings ein Dickkopf und habe mir in den Kopf gesetzt, die Gelegenheit mal beim Schopf zu fassen und auf diese Autoreply-Email noch einmal nachzusetzen. Ich schreibe denen folgendes:

Mitteilung (Text einer Email an Herrn Autoreply, der darauf mit einer Autoreply antwortet)

Folgende Hinweise für Sie als Systemadministratoren einer hoffentlich funktionierenden Serviceumgebung:

Ihre Email ist nichtssagend, sie sagt nicht aus, dass ein bestimmtes Schriftstück eingegangen ist, so etwas ist dem nicht zu entnehmen. Ich werde auch auf diese Email wieder eine weitere
Email zurück erhalten. Ich kann Ihnen alles schreiben und Sie haben gar nichts gesagt. Das ist mangelhaft. Es wäre schon wichtig, dass Sie in den Geschäftsprozessen abbilden, was genau
Sie erhalten haben. Bspw. eine „übernommene Betreffzeile“.

Und dann sagen Sie auch noch systematisch, also mit jeder Email, die Sie senden: Mach das nicht, Kunde, das ist unzuverlässig, das ist gefährlich, das kann von Anderen mitgelesen
werden. Warum nehmen Sie dann diesen Channel? Oder wollen Sie ihn eigentlich gar nicht anbieten?

Ich sag Ihnen noch was, für Sie nicht so wichtig:
Für mich ist wichtig, dass ich meine Prozesse mit Ihnen rechtssicher aufbaue und darauf vertrauen kann, das was ich tue, rechtlich richtig ist und funktioniert. Das können Sie mir mit
Ihrem System nicht bieten. Ich hab’s versucht. Ich habe buchstäblich nichts in der Hand.

Und weil alle immer mehr GAGA werden und niemand noch was versteht, überlege ich wirklich, ob ich diesen ganzen EDV-Scheiß runterfahre und zum alten Eisen zurückkehre.

Denn auch Sie sagen ja nichts anders als nur:

a. Emails sind Mist, hundsgefährlich. Boah, bloß nicht.
b. Ich soll mich wie ein Mitarbeiter von Ihnen an irgendeine Weblösung Ihrer Programmierer setzen. Nun stellen Sie sich mal vor: Icke und meine hundert Lieferanten. Ganz ehrlich:
Das will ich gar nicht. Ich bin kein Mitarbeiter. Ich bin Kunde.
c. Seit wir aus Rechtsgründen eine spezielle Emailadresse nur für Rechnungen eingeführt haben, kriegen wir von Lieferanten vieles, eins aber nur selten oder gar nicht: Rechnungen. Wir bekommen Newsletter, Surveys, Gewinnspiele, Preiserhöhungen. Manchmal bekommen wir dahin auch Emails, dass ein Dokument anderswo für uns bereitliegt. Hallo? Das ist so ein Quatsch, das glauben Sie nicht. Oder?

Kurz gesagt: Alles was für so einen Branchendino super über eChanneling (neues Wort) verschickbar ist, wird auch geschickt. Auch wenn meine kleine spezielle Adresse für elektronische Rechnungen nicht dafür da ist. Das wird gar nicht gefragt. Das ist dann auch nicht Ihr Problem, stimmts?

Na, mal sehen. Wir warten den weiteren Geschäftsgang ab. Und überlegen intensiv, wie das funktionieren könnte. Könnte?

Wenn Sie jetzt nur diese läppischen drei Punkte mal besser machen könnten, würden wir schon Super sagen. Ich wette, das wird nicht klappen.

Im Betreff steht gerade jetzt:
AW: Empfangsbestätigung #817 (Bitte ändern Sie diesen Betreff nicht)

An Ihrer Antwort wird man sehen, Sie können nichts dafür. Nur das wird nicht klappen.
Ihr Kunde….

(Ende Gelände)

Und richtig, übrigens: Ich habe auf diese weitere Email nochmal dieselbe nichtssagende Email bekommen. Warum nicht? Wir müssen uns fragen, wie wir gute Qualität in unsere Geschäftspartner kriegen? Das geht Stück für Stück alles den Bach runter. Apropos Bach. Nun ist auch klar, warum ich die hier eingangs eingeblendete Musik dazu rieseln lasse, wie früher weißen Schnee. Hier ist nichts übertrieben.

Ich fand es ganz interessant, das mal so aufzuschreiben. Ich hätte es mir auch sparen können. Es interessiert sowieso niemanden. Wie schade.

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