Im Schneckentempo regeln sich die Dinge, wenn der Fiskus Erbe von Wohnungseigentum wird…

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Der Fortschritt ist eine Schnecke (Verfasser: unbekannt)

Der Fortschritt ist eine Schnecke (Verfasser: unbekannt)

„Was sagt eine Schnecke, die auf einer Schildkröte sitzt? – „Hui“. (Witz)

Der Rechtsanwalt Michael Drasdo aus Neuss ist in der sachverständigen Wohnungseigentumsrechts-Szene kein Unbekannter. Er ist durch eine Vielzahl von Veröffentlichungen bekannt. Kürzlich erschien in der Zeitschrift NJW-Spezial (Heft 14, 2009,  Seite 433 ff.) ein interessanter Beitrag mit der Überschrift ‚Der Fiskus als Erbe von Wohnungseigentum.‘

Das muss man sich mal klar machen. Der Staat regelt die Dinge stets zum eigenen Vorteil. Dafür gibt es die Gesetze. Dass er sich ins Obligo bringen würde, wie vergleichsweise jede andere natürliche Person, daran ist nicht gut denken. So etwa lautet das Credo des beachtlichen Beitrags von Drasdo zur Problematik. Der Staat sei immer dann zum Erben berufen, wenn Wohnungseigentümer ohne Erben verstürben oder diese die Erbschaft ausschlagen.  Im BGB gibt es dafür eine entsprechende Vermutung – in § 1936 BGB. Diesen Fall bespricht Drasdo gründlich.

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Der Beitrag liest sich streckenweise wie ein Anruf, seine erbrechtlichen Angelegenheiten zeitnah zu regeln. Verstirbt ein Jemand und Erben seien nicht festzustellen, setze ein Amtsgericht auf Antrag (§ 1960 BGB) einen so genannten Nachlasspfleger ein. Dieser wendet sich dann beispielsweise an den WEG-Verwalter. Der Nachlasspfleger bestreite aus dem Nachlass die damit verbundenen Ausgaben. Er kann aber, so Drasdo, keine Zahlungen leisten, wenn aus dem Nachlass nicht Vermögen erwirtschaftet werde. Der immobiläre Sachwert der Immobilie (ganz abgesehen von darauf ruhenden Grundpfandrechten) allein stellt noch keine lfd. Wohngeldzahlung -beispielsweise- sicher. Hier gerät eine Wohnungseigentümergemeinschaft in eine schwierige Situation, das kann von hieraus nur bestätigt werden.

Ganz am Ende der Ermittlungen des Amtsgerichts angelangt, steht nun fest, dass entweder Erben nicht vorhanden sind, oder zurzeit nicht zu ermitteln sind, oder diese das Erbe sogar ausgeschlagen haben. Dann tritt der Staatserbfall ein, worüber ein Beschluss des Nachlassgerichts erfolgt.  Drasdo macht sich in seiner kenntnisreichen Abhandlung aber auch zur Frage der Haftung des Fiskus im Erbfall Gedanken, die erwähnenswert sind. Das Besondere an dem staatlichen Erbrecht stecke in der Vorschrift des § 780 ZPO und stelle ein vollstreckungsrechtliches Privileg des Staates dar. Das kann man mit Fug und Recht so sehen, und so sagten wir es eingangs dieses Beitrags bereits.

Drasdo spricht von weitreichenden Folgen für den Verband der Wohnungseigentümer. Die WEG erhält auf diese Weise einen Eigentümer, der seine Haftung von vornherein begrenzen dürfe. Vom Fiskus dürften solche Beträge nicht verlangt werden, die als Schulden des Erblassers vor dem Erbfall eingetreten sind. Wie eingangs erwähnt, vollzieht sich erfahrungsgemäß die Bearbeitung derartiger amtsgerichtlicher Ermittlungen in einem gefühlten Schneckentempo und in vielschichtigen, zeitaufwändigen Recherchen. Es sind Fristen zu wahren, es müssen Beschlüsse ergehen, deren öffentliche Bekanntmachungsfrist abgewartet werden muss und und und… Drasdo sagt, derartige Forderungen fallen aus und müssen von den übrigen Wohnungseigentümern durch Sonderumlage eingezogen werden. Inzwischen können die Jahre ins Land gehen und sofern sich nachträglich herausstelle, dass doch Erben vorhanden sind, die erst später (oder zufällig) ermittelt wurden, dann gehe deren Erbrecht eben nicht unter. Inzwischen sei aber hier und da schon eine Verjährungsproblematik entstanden.

Drasdo spricht zusammenfassend davon, dass in derartigen Fällen von Wohnungseigentümern fest mit ‚erheblichen Ausfällen‘ gerechnet werden kann. Wörtlich:

Zitat Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann sich gegen solche Umstände nicht hinreichend schützen und muss dies, wie jeder andere auch, zu Lasten ihrer verbleibenden Mitglieder in Kauf nehmen bzw. lösen.“

Allerdings: Wie lösen, das sagt er nicht.

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Alte Menschen (Kampagne) Quelle gotthal.de

Alte Menschen (Kampagne) Quelle gotthal.de

Lösungen? Eine ganz einfache Theorie von uns besteht in der Annahme, dass alte Menschen unserer besonderen Fürsorge bedürfen. Beispielsweise hier rufen wir auch aktiv dazu auf. Wer sich für das Schicksal älterer Menschen näher interessiert, wird auch vergegenwärtigen können, dass die Unterlassung einer angemessenen Erbfolge zwar oft vorkommt, aber nicht tatenlos hingenommen werden muss. Wer Patenschaften für solche Menschen übernimmt, wird nicht dadurch zum Erbschleicher, dass er einem solchen Menschen die Regelung seines Erbrechts zu Lebzeiten einmal -behutsam- vorschlägt. Zu einer funktionierenden Hausgemeinschaft als Mikrokosmos eines Menschen dürfte auch die Frage gehören, wie dieser Mensch bereits zu Lebzeiten Schaden von seinen lebenslangen Nachbarn abwendet. Dazu kann und sollte auch gehören, solche Erben einzusetzen, die hinsichtlich ihrer Haftung wie ‚wirtschaftlich vernünftig denkende‘ Eigentümer handeln würden. Wer Solidarität seiner Mitmenschen erfährt, sollte (als späterer Erblasser) zu Lebenszeiten Vorsorge für die Hinterbliebenen treffen, und seien es auch die übrigen Wohnungseigentümer.

Kompliment, Herr Drasdo: Da haben sie ein heißes Eisen angefasst. gesichtspunkte.de empfiehlt, darüber einmal aktiv nachzudenken.

Ein Gedanke zu „Im Schneckentempo regeln sich die Dinge, wenn der Fiskus Erbe von Wohnungseigentum wird…

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