1029/10: Stilfragen: Das Protokoll einer Eigentümerversammlung und was rein gehört und was nicht!

Fotografisches Protokoll einer Buntspechtrettung

Fotografisches Protokoll einer Buntspechtrettung

Es ist eben nicht das Protokoll einer Buntspechtrettung, das zu unterzeichnen ist. Wir nehmen die Interessen von Wohnungseigentümern wahr, die unter fremder Verwaltung stehen. Nun sind wir auch nicht so betriebsblind -hoffentlich nicht-, die Arbeitsweisen anderer Kollegen grundsätzlich für doof und unsere für so toll zu halten, dass es ohne unsere Ansätze nicht geht. Aber ein paar Gesichtspunkte, die eine gute Protokollführung betreffen, kann man hier schon mal erwähnen.

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Eine gute Protokollführung beginnt mit der fortlaufenden Nummerierung von Versammlungen. Dass der Herr Kollege daher die 17. Versammlung der WEG protokolliert, gefällt uns gut. Er hat offenbar bereits den Überblick, obwohl er die Anlage erst vor kurzem übernommen hat. Chapeau!

Versammlungsort und Versammlungsdatum ergeben sich ebenfalls aus dem Entwurf, der Versammlungsbeginn fehlt (stand in der Tagesordnung), wann die Versammlung geschlossen wurde, ist am Ende des Protokolls gewissenhaft aufgeführt. Auch dafür Chapeau!

Und dann die Beschlüsse: Dem Gesetz nach ist das Protokoll ein reines Beschlussprotokoll. Mehr ist nicht gefordert. Es war schon bei der letzten Versammlung dieses Kollegen so: er folgte dem Primat dieser gesetzlichen Forderung und legte -überraschenderweise- ergänzende Notizen seinerseits vor, die allerdings körperlich vom Protokoll abgetrennt verwahrt werden. Da kann man dafür sein, das zu machen oder dagegen. Das wollen wir heute nicht vertiefen.

Heute allerdings, und das ist ebenfalls überraschend, fehlen derartige Notizen, ergänzende Notizen sind seitens des Verwalters nicht veranlasst. Werden sie noch kommen? Oder gab es über den reinen Beschlussinhalt hinaus nichts getrennt noch zu notieren? Abwarten, es sind ohnehin seine Privatnotizen.

Die Beschlüsse, die zur Beschlussfassung gestellt wurden, sind fortlaufend nummeriert. Auch gut! Chapeau! Der „9. Beschluss zu (TOP 2)“  ist inhaltlich wie in der Tagesordnung aufgeführt fettgedruckt aufgeführt, und zwar lediglich nur schlagzeilenartig/inhaltlich, nicht mit dem kompletten Wortlaut dessen, was in der Tagesordnung ursprünglich stand. So ist es richtig. Es reicht aus, lediglich überschriftenartig sinnverständig zu protokollieren, was inhaltlich Befassungsthema der Versammlung war.

Also „1. Änderung eines Abrechnungsschlüssels zu § 7 der Teilungserklärung“ reicht bereits aus, nicht nötig und regelrecht überflüssig, ja eventuell verwirrend wäre der ursprüngliche Vorschlag aus der Tagesordnung: Die Verwalterin hatte vorgeschlagen, anstatt Wohnflächen nach DIN nunmehr Wohn- und Nutzflächen zugrunde zu legen. In TOP 3, der dann nachfolgt, ging die Vorbereitung der Versammlung noch davon aus, dass zu TOP 2 und TOP 3 unterschiedliche Schlüssel vereinbart werden würden. Dies hat die Versammlung allerdings nicht ergeben. Das Protokoll darüber muss verständig wiederspiegeln, was nun Sache ist! Unwichtiger ist, welche Ideenskizzen dazu ursprünglich bestanden hatten.

Rechtlich liegt ein bedeutsamer Unterschied vor, wenn jemand zu Protokoll schreibt, die Teilungserklärung werde geändert oder wenn (tatsächlich) lediglich ein Beschluss gefasst wurde, mit dem die (neueren) Rechte auf (vorläufige, wieder abänderbare) Änderung von Verteilungsschlüsseln (nur für die Zukunft) per „einfachem“ Mehrheitsbeschluss gefasst wurden. Dann will offenbar der eine zum Ausdruck bringen, er verschliesse sich einer zukunftsorientierten Lösung nach (neuem) WoEigG (jetzt) nicht, regele damit aber nicht eine „nachträgliche Abänderung des Verteilungsschlüssels“  für noch offene Abrechnungen, selbst wenn dieserhalb sogar erst ab 01.07.2007 (neues Recht) eröffnet sei. In solchen Fällen kann man die richtige Protokollierung gar nicht hoch genug hängen!

Die Diskussion weicht fast immer und das Beschlussergebnis vom genauen Wortlaut einer Tagesordnung ab. Selbstverständlich.

Nahezu jede Versammlung ändert bzw. modifiziert im Verlaufe der Diskussion in der Realität noch das, was die Verwalterin einst in einer Tagesordnung lediglich nur anskizziert hat. Dann ist es nur recht und billig und sogar hochgradig vernünftig, nicht mehr als nur eine ordentliche Schlagzeile, die die Möglichkeiten zutreffend zusammenfasst, als Bezeichner des Tagesordnungspunktes aufzuführen. Nicht aber mehr! Mehr kann sehr leicht ein Problem sein, aus den dargestellten Gründen.

Beim 10. Beschluss der Versammlung zu (TOP 3) steht dünn (normal) gedruckt: Die Wohnungseigentümer vereinbaren: „Die Verteilung erfolgt wie zu TOP 2 beschlossen, erstmalig für das Wirtschaftsjahr 2011.“ Davor steht fettgedruckt in 10 Textzeilen das ursprüngliche Konstrukt, wie es sich der Verwalter ausgedacht hatte zur Lösung des Problems. Da es aber nicht beschlossen wurde, zitiert die nochmals vollständige Wiederholung dessen, was ursprünglich in der Tagesordnung, was nicht beschlossen wurde: das ist komplett überflüssig und unbedingt zu vermeiden.

Das Argument der Verwaltungs-Mitarbeiter, die Überschriften aus der Tagesordnung sollten unbedingt im Beschlussprotokoll nochmals zitiert werden, ist unbedingt dahingehend zurückzuweisen, dass in die Irre führende Überschriften sogar unbedingt zu vermeiden sind. Das Protokoll muss ähnlich wie die Abrechnung für einen unverständigen, nichteinweihten Leser aus sich heraus verständlich sein und die Ausdeutung des Protokollinhalts sollte so erfolgen, wie sie sich für den unvoreingenommenen Leser nächstliegend darstellt.  

An dies Protokoll stellen sich daher folgende Forderungen zusammengefasst:

  • Reines Beschlussprotokoll.
  • Wenn etwas additiv hinzugefügt werden soll, so muss es ganz maßgeblich sein und auf die Zufügung zu verzichten, würde für die Wohnungseigentümer essentielle Gesichtspunkte regelrecht verschleiern.
  • Fortlaufende Nummerierung der Versammlungen, soweit möglich.
  • Fortlaufende Nummerierung der Beschlüsse, soweit möglich (und das ist möglich).
  • Das Unterlassen von Drag & Drop (Kopieren & Einfügen) aus der Tagesordnung, soweit dies zu Missverständnissen führen könnte, stattdessen
  • sinnfällige, zusammenfassende Überschriften, die den Themenkern zutreffend wiederspiegeln, und nicht irgendwelche unverbindliche Vorstellungen, also „Beschlussfassung Abrechnung“ anstatt „Beschlussfassung über die 1. Version der Abrechnung mit Datumdruck 25.11.2010 oder der 2. Version mit Datumdruck 27.11.2010 und Diskussion der These von Herrn Dr. Müller-Lüdenscheid, wonach die Schlüssel alle ungerecht sind“
  • klare Herausstellung und wörtliche Wiedergabe des Beschlusstextes selbst, am besten unter Voranstellung des Wortes Beschluss und mit Doppelpunkt! Verwechslungsgefahren unterbinden.
  • Wenn eine teilweise Beschlussfassung auf Vorschlag durch den Verwalter erfolgt, während ein weiterer Teil nicht beschlossen wurde, gefährdet das Kopieren und Einfügen die Verständlichkeit sehr stark. Im vorliegenden Fall steht eine Textpassage im Beschlussprotokoll: „2.: Satz 2 (der Teilungserklärung – die Redaktion) wird wie folgt geändert: § 7 Absatz 2, Sätze 1 und 2 gelten entsprechend. Beschluss: Kein Beschluss.“  Komplett irreführend. Wenn kein Beschluss erfolgt ist, ist der ganze Absatz nicht zu protokollieren. Denn es handelt sich auch nicht um einen Negativbeschluss, sondern die Beschlussfassung hat schlichtweg nicht stattgefunden.

Wir merken: Das Thema Protokollführung ist ein akademisch hochwertiges Thema und wohl dem, der zwischen Anspruch und Realität, zwischen Vorschlag und Ergebnis zu unterscheiden weiß. Wohl dem, der nicht aus Gründen hoher Arbeitsbelastung lieber nur kopiert und einfügt und im Ergebnis aber Textbausteine benützt, die allenfalls zur Verwirrung beitragen. Ein interessantes Ergebnis einer jahrelangen Zusammenarbeit mit einem sehr hochrangigen Berliner Richter meinerseits ist: Du schreibst immer 100% zu viel, sag die Hälfte, das sagt eventuell sogar das Doppelte! Das ist eine hohe Kunst und ich habe Ehrfurcht vor dieser lebenslangen Aufgabe.

(Diesen Text widme ich einem namentlich nicht genannten Kollegen, dessen Arbeit ich erst seit kurzem kennenlerne, die ich aber durchaus schätze!)

Kindermund: Was ist das für ein Mensch? Ein Mieter...

Ein Gedanke zu „1029/10: Stilfragen: Das Protokoll einer Eigentümerversammlung und was rein gehört und was nicht!

  1. Pingback: Twitter Wochenschau: 2010-12-12 | gesichtspunkte.de – Hier bloggt der Verwalter…

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