REINICKENDORF
Bewertung: Bauaktenarchiv Reinickendorf * von ***** Sternen, weil mindestens ein Stern vergeben werden muss
Es ist ziemlich still im Bauaktenarchiv des Bezirksamts Reinickendorf von Berlin. In dem schmucklosen Verwaltungsgebäude einer längst verblichenen Zeit ist das Schmuckhafte der Praktikablität gewichen. Schön war es hier noch nie. Aber praktisch. Irgendwo am Ende des Ganges befindet sich nicht Indien, sondern die Kellerabgangstreppe zum Bauaktenarchiv.
Hier sitzt eine Mitarbeiterin an einem praktischen kleinen Tisch in schmuddligen Kellerräumen und legt Akten vor. Man hat sie vorher bestellt. Der Bestellvorgang ist ganz einfach. So einfach wie die Kelleräumlichkeiten, in denen Akten bereitgestellt werden. Sie haben auf der Website berlin.de versucht, wie ein ganzes Land zu wirken und auf der Website ist bezirksübergreifend alles einheitlich dargestellt. Bis zur Bezirksebene. Von nun an geht’s bergab (Hildegard Knef).
Denn auf den gefilterten Bezirksfluren herrschen unterschiedliche Begleitumstände. In Reinickendorf gibt es eine Sperrstunde. Sie haben sich hier ausgedacht, dass eine Bauakteneinsicht maximal 60 Minuten dauern darf. Das ist natürlich reine Fantasie und hat keinen rechtlichen Hintergrund. Eine Akteneinsichtnahme dauert eben. Manchmal geht es schnell, manchmal länger. In Reinickendorf fängt die Mitarbeiterin an, mit den Füßen zu scharren nach 45 Minuten. Weil sie es so will. Es sind dienstliche Belange.
„Um 12 Uhr muss ich zum Mittag,“ sagt sie. Ich sage: „Ach so, naja, dann gehen sie mal.“ – Das geht nicht. Ich soll weg. Ich bin rund 110 km gefahren und habe mich wunschgemäß um 11 Uhr zur Akteneinsicht verabredet. Ihre Mittagspause ist mir aber so was von Wurscht. Um 11 Uhr hat sie mir noch meinen Personalausweis weggenommen. Als Pfand. Damit ich nicht mit den Akten wegrenn. Oder irgendso einen Scheiß. Die Behandlung von Bürgern ist in Reinickendorf nicht nur unterstes Geschoss. Sondern auch unterirdisch. Inzwischen schaut sie mich recht erschrocken an. Ich schäume vor Wut. Was fällt Ihnen ein, mich so zu behandeln.
Sie kann ja nichts dafür. Jaja, laber. Aber wer denn? Wen darf ich zur Sau machen, ich bin gerade so richtig in Fahrt. Frechheit.
Man zahlt hier die Akteneinsicht nach Zeit. Wieso zahlt man eigentlich was? Nach Zeit? 75,- EUR, nach Zeit. Die Verwaltungsleistung besteht aus dem aus einem Schrank suchen, auf einen Tisch legen und sich dann verdünnisieren. Im Nebenzimmer Platz nehmen: Ausweise horten. – Ich hätte ihr sagen sollen: Gib mir meinen Ausweis zurück, Du Schnepfe. Was fällt Dir eigentlich ein, meinen Ausweis als Pfand einzukassieren. Ich glaube, es hackt.
Sie haben den Verstand verloren. Das ist nicht mehr mein Land. Ich habe den Akteneinsichtsraum einer Künstlichen Intelligenz beschrieben. Das Resultat (Bild oben) ist gar nicht mal so schlecht. Aber es sah noch viel trostloser aus. Wenn ich Zeit habe, hänge ich an dem Bericht hier noch ein paar Fotos später an. Ich bin wutgeladen. Ein Scheißladen.
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WEDDING (Mitte von Berlin)
Bewertung: Bauaktenarchiv Wedding * von ***** Sternen, weil mindestens ein Stern vergeben werden muss
Anderen Tags habe ich Wedding auf der Pfanne. Ich brauche Akteneinsicht in die Bauakten des Hauses. Hier ist man im Unterschied zur vereinheitlichten Praxis auf berlin.de ganz Wedding alike. Formlos möge man sich melden, sagt die Website, einfach Email. Die Antwort kommt schnell. Ich beginne, eine Vorahnung davon zu kriegen, warum Berlin gut daran täte, die gesamten Bauaktenbestände komplett zu digitalisieren. In Wedding fängt das so an: Es gibt eine Suchmaschine/Suchmaske, die ein kundiger Mitarbeiter des Archivs bedient. Er schickt dann eine Email mit den Aktenbeständen und man soll ankreuzen, welche Akten man einsehen will.
So weit, so gut. Mir fällt gleich auf, dass man die Antworten eben nicht anklicken kann. So weit geht die Digitalisierung auch nicht. Es geht auch nicht um digitalisierte Aktenstücke, sondern lediglich um Bandbezeichnungen, auf die man klicken soll. Ich entscheide mich für einen Screenshot davon und füge diesen in Photoshop ein, um Haken hinter die Akten zu setzen, die ich einsehen will. Warum ich das mache? Weil ich es kann.
Ich stelle mir gerade vor, wie Mutter Beimer diese Email beantworten würde? Barrieregerecht jedenfalls nicht. Hust.
Aber nun zum Kleingedruckten: Irgendein Idiot hat auch im Wedding nicht genau nachgedacht. Der Akteneinsichtsanspruch ist kein besonderes Privileg oder eine Dienstleistung. Es handelt sich um ein Grundrecht, das jedem Bürger zusteht. An irgendeiner Ecke eines Verwaltungskäses sitzt in Berlin aber offenbar immer ein Schinderhannes, der nichts besseres zu tun hat, als solche berechtigten Ansprüche mit Formfragen zu durchkreuzen. Alles Mögliche wird gefordert, das man nachzuweisen hätte. Alles Quatsch. Wir handeln als bevollmächtigte Verwalter von Eigentümern, die Eigentumswohnungen in Mehrfamilienhäusern haben.
Die Bauaktenarchive zweier Bezirke und wie sie ein Beweis dafür sind, dass totalitäre Parteien immer mehr Zulauf kriegen, weil ein mäanderndes Berufsbeamtentum die Verwaltungswege bis zur Unkenntlichkeit unbrauchbar macht. Bei Gelegenheit gern noch mehr davon in Kürze. Berlin schafft öffentliche Verwaltung ab. Ich kann es über andere Behörden nicht sagen. Aus Berlin weiß ich davon auch von anderswo genau zu berichten.

