Zitat des Tages: Rabulistisch ist die Auffassung des Beklagten! Rabulistisch? – Klärungsbedarf

Zitat Etwas rabulistisch ist aber die Auffassung des Beklagten, dass für die bereits abgeschlossenen Jahre 2003 bis 2007 nur noch Abrechnung verlangt werden könne, nicht aber Rechnungslegung, der Beklagte aber gleichzeitig sich dem entziehen will, dass er sagt, er sei ja niemals Verwalter gewesen.“

Ohne zu sehr in den Fall einzusteigen, der nicht  den Berichterstatter persönlich betrifft, streiten zwei Parteien (Vorverwalter und Miteigentümer) um die Frage, ob und ggf. welche Abrechnungen vom Vorverwalter vorzulegen sind, der seit Mitte letzten Jahres rechtskräftig nicht mehr Verwalter ist. Und zwar auf Betreiben des Klägers und Miteigentümers. Denn ein Beschluss aus dem Jahre 2003 wurde nach (immerhin) fünf Jahren aufgehoben, womit der ehemalige Verwalter seinerzeit zum Verwalter bestellt worden war. Die Wohnungseigentümer hatten es während fünf Jahren nicht vermocht, die Verwalterfrage einvernehmlich zu regeln, denn von vornherein war diese Bestellung 2003 nur eine solche gewesen, die provisorischen, vorübergehenden Charakter hatte. Bereits 2003 wurden die Eigentümer der Anlage dringend im Protokoll gebeten, alternierende Verwalter vorzuschlagen. Nicht einmal eine provisorische Wiederbeauftragung des durch Landgerichtsbeschluss rechtskräftigen Nicht-mehr-Verwalters gelang den Klägern. Erst im Mai 2009 schickten sie diesem nach mehrfachem erfolglosen Drängen und Bitten eine unwirksam gemachte Verwaltervollmacht zu, die bis zum 31.12.2008 befristet war. Diese merkwürdigen Umstände spielen nun eine Rolle in dem anhängigen Gerichtsstreit. Aktenzeichen und Gerichtsbezirk sind für die Berichterstattung hier ohne jede Bedeutung.

Was aber ist eine „rabulistische Auffassung des Beklagten“ (des Vorverwalters)? Diese Frage wiederum interessierte gesichtspunkte.de aus reiner Neugier. Mangels eigener Bildung in diesem Punkt. Wir suchen herum und vermuten zunächst, es handele sich um Rabulismus. Schließlich werden wir zum Stichwort Rabulistik wenigstens in ähnlicher Weise fündig. Bei Wikipedia heißt es dazu:

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Zitat Rabulistik (von lateinisch rabire „toben“, oder von rabula „marktschreierischer Advokat“) ist die (zweifelhafte) „Kunst“, wortwörtlich „recht zu haben“ bei einer Sache, die inhaltlich unehrlich ist und nicht vertreten werden kann; also Wortverdreherei oder Haarspalterei. Jemand, der wortverdreherisch und unaufrichtig zu argumentieren versucht, wird Rabulist genannt. Aus rechtswissenschaftlicher Sicht versteht man unter Rabulistik eine rechtsverdreherische und abwegige Argumentation oder Winkelzüge. Im erweiterten Wortsinn wird der Begriff „Rabulistik“ auch verwendet für eine Methode, um in einer Diskussion unabhängig von der Richtigkeit der eigenen Position Recht zu behalten. Erreicht wird dies durch unterschiedliche rhetorische Tricks, wie das Einbringen diskussionsferner Aspekte, semantische Verschiebungen, Wortverdrehungen und anderes mehr. Die Grenzen zur Täuschung, Irreführung und Lüge sind dabei fließend.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war der Begriff Rabulistik im deutschsprachigen Raum eher selten in Gebrauch, weil er in antisemitischen Wendungen und vom nationalsozialistischen deutschen Propagandaminister Joseph Goebbels häufig in den Zusammensetzungen „jüdisch-rabulistisch“ oder „jüdisch-marxistisch-rabulistisch“ benutzt worden war.“ (Ende Zitat, Wikipedia, Abfrage am 03.09.09)

Wir haben nun verstanden, dass das Wort nicht gern gebraucht wird, weil es von den Nationalsozialisten gern benutzt wurde. Erst kürzlich ging durch alle Medien, dass die Losung „Jedem das Seine“ auf gar keinen Fall mehr sorgenlos verwendet werden solle. Der Fall betraf die Werbebranche. Wir vermuten zugunsten des vortragenden Advokaten, dass er eher an den ersten Absatz der Erklärungen von Wikipedia anschließt, in dem er einen anderen einer „etwas rabulistischen Auffassung“ bezichtigt. Aber ob der Begriff im Zusammenhang mit dem Streitgegenstand der angemessene war, werden wir wohl vor diesem Hintergrund nicht erfahren. Richtig aber ist: Solche Schriftsätze wecken unsere Neugier, etwas zu lernen.

Interessant in diesem Sinne sind auch die bei wikipedia hinten angefügten Links zu Sophismus und Eristik, die in diesem Zusammenhang ebenfalls eine Rolle spielen könnten. Ob aber Rabulistik des Klägers tatsächlich durch Urteil des erkennenden Gerichts rechtskräftig bestätigt werden wird, daran sind zumindest leise Zweifel berechtigt. Bei Redaktionsschluss stand dies auch noch nicht fest. Es kann nur abgewartet werden.