1759/13: Öffentliche Verwaltung: Von der Gefahr, sich zu vermessen oder gar das Vermessungsamt um eine Vermessungsskizze zu fragen

Positionen

Maßband des Öffentlich Bestellen Vermessungsingenieurs

Maßband des Öffentlich Bestellen Vermessungsingenieurs

Wie gut sind wir eigentlich ausgebildet? Können wir tatsächlich ein Maßband halten zwischen zwei Messpunkten? So in einer Art wie eine Messlatte unseres eigenen Unvermögens? Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg hat einen weiteren überzeugenden Grund gefunden, warum es auf Nachfrage eines Haus- und Grundstücksverwalters lieber nichts tun muss. Es sind die besonderen Umstände des Einzelfalls. Dieser Fall ist sehr kompliziert.

Handwerkerkasten von Bob, dem Baumeister

Handwerkerkasten von Bob, dem Baumeister

Angaben aus dem Vermessungszahlenwerk der Landesvermessung (beispielsweise Vermessungsrisse) dürfen grundsätzlich nur für die Erledigung vermessungstechnischer Arbeiten im Einzelfall abgegeben werden, wenn insbesondere die Gewähr für eine sachverständige Verwendung gegeben ist (§ 7 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über das Vermessungswesen in Berlin). Die Gewähr für eine sachverständige Verwendung ist bei vermessungstechnisch ausgebildeten Personen anzunehmen. (aus einer Email des Rathauses Friedrichshain-Kreuzberg)

Ja, das lasse man sich mal auf der Zunge zergehen. Der (ausgebildete) Hausverwalter denkt nach, was das jetzt wieder heißt:

Ich persönlich schätze ja dieses „Problem“ wie folgt ein, Zitat:

> nur für die Erledigung vermessungstechnischer Arbeiten im Einzelfall abgegeben
> werden, wenn insbesondere die Gewähr für eine sachverständige Verwendung gegeben > ist

(Ausgebildete) Hausverwalter mit Berufserfahrung von im Zeitpunkt der Antragstellung ungefähr 32 Jahren sind hinreichend sachverständig, mit Vermessungsdaten sachgerecht, verständig und fachlich richtig umzugehen. Was allerdings eine unbewiesene Behauptung ist, im Sinne des Gesetzes.

So schauen Hausverwalter erst in die Röhre und nun tendenziell abstrakt auf das Nachkriegsberlin der Fünfziger/Sechziger-Jahre an diesem „städtebaulichen Ort der Beschaulichkeit“ (Zitat, Stadtplanung zur Frage, ob hier Außenwerbung an Fassadenflächen erfolgen kann). Irgendwie „anheimelnd“, ja romantisch.

Aber, bitte, zuallererst die Hausverwaltervollmacht einreichen. Sagt das Vermessungsamt. Uns fällt dazu ein: Eine Art Zuständigkeits- und Kompetenzregister, wer Grundstücke im Bezirk verwaltet, ist das Amt nicht in der Lage zu führen. Die wechseln ja auch dauernd, nur die Besten bleiben. So wie beim Vermessungsamt: Dort ändert sich nichts, also ist, was Amt tut, per se gut, bzw. großartig. Das Führen von Verwalterkarteien, ob auch Pappkarten oder als EDV-Datei, macht dem Amt Arbeit. Es stellt auch nichts im „öffentlichen Interesse“ dar, etwa als gut organisiertes Schnittmengenszenario der öffentlichen Verwaltung. Full compentence „öffentliche Verwaltung“: Wir könnten schon. Wir können aber nicht. Jaja, das wenige Personal.

Und doch wird deutlich:
– Die Gruppenleiterin hat die Email vom Sachbearbeiter in Cc. bekommen. Das macht schon mal zwei Mitarbeiter. Dabei ist dieser Vorgang mainstream, langweilig, er ergibt sich von selbst aus dem Gesetz. Sagt der federführende Verwaltungs-Horst.
– Aus dem mitübersandten Email-Ursprungsvorgang wird weiter deutlich: Die Gruppenleiterin hält diese „CC.“ ihres Kollegen an sie für einen Irrläufer. Drei Minuten später leitet sie die Email (nochmal) an uns weiter. Ohne Kommentar: weiterleiten! Weg damit. Ist Müll. Fehlinterpretation der Gruppenleiterin, wie sie häufig vorkommt, wenn Leute Emails gar nicht verstehen, die sie erhalten haben.

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Wir sehen die „amtsinternen Verteiler“ im Hin und Her dieser äußerst schwierigen Anfrage von uns nach Vermessungsrealität und Fakten. Es sind wirklich, kein Scherz, drei Sachbearbeiter (neben der Gruppenleiterin) damit befasst gewesen, die nun zur Klärung ihrer persönlichen, elektronischen Aktenlage „CCs“ erhalten haben. Das ist Sachbearbeitung auf ganz hohem Niveau Weltniveau. Zu dem, was das Vermessungsamt amtlich zu verweigern beabsichtigt, weil das Ausbildungsniveau der Hausverwaltung nicht hoch genug sei, Vermessungspläne sachverständig zu lesen, ist folgendes wörtlich gesagt, und wir vermuten eine vorherige Gruppenbesprechung zum Grundsatzproblem „Mensch will Auskunft über Grundstücksgrenzen“, Zitat:

„Ich kann Ihnen aus diesem Grund einen Auszug aus der Flurkarte im Maßstab 1:1000 mit den eingetragenen Grenzlängen zusenden. Dieser Auszug ist mit folgendem Hinweis versehen: „Die Maßzahlen sind Ergebnisse einer früheren Vermessung. Die Übereinstimmung mit den heutigen örtlichen Verhältnissen wurde aktuell nicht geprüft. Aussagen zur Lage von Flurstücksgrenzen mit Bezug zur Örtlichkeit sind den Vermessungsstellen nach § 2 des Gesetzes über das Vermessungswesen in Berlin vorbehalten.“

Dies ist schon der hilfreiche Hinweis an sich. Nicht mehr mitgeteilt wird, was im Telefonat noch Gegenstand der fachlichen Belustigung war. Ich darf dorthin, Einsicht nehmen. Ich kann mir die Risse „abzeichnen“, sagte Verwaltungs-Horst. Ich hab gelacht, gefragt: „Mit Stullenpapier, ja?“ Er fand das nicht lustig. Es war eben zu flach gefragt. Ich hab gesagt: „Es gibt doch die vermessungsamtlichen Auskunftsdatenbanken im Internet, ja?“ Das wusste er nicht so genau. Da ging er nicht drauf ein. Ich hab gesagt, ich „fotografier dann einfach mit meiner hochauflösenden Kamera die Dinger ab.“ Er hat gesagt, „nein, das geht nicht, weil ich das nicht darf“. Judith Holofernes, Wir sind Helden, hat die Bildzeitung brieflich beschimpft, Zitat: „Ich glaube, es hackt.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.

Je besser das eigene Fachwissen wird, umso unerträglicher wird die ganze Ausbremserei Anderer, die einem nichts als Steine in den Weg legen, anstatt einfach das zu tun, was es ist: Dienst an der Öffentlichkeit. Für diese Sichtweise muss niemand sonderlich ausgebildet sein, pardon verbildet.

Natürlich ist die Sichtweise richtig, dass alles, was gewesen ist, schon längere Zeit zurückliegt. Inzwischen könnten die hier an jeder Ecke befindlichen Wanderdünen ein Stück des Weges weiter gezogen sein. Dann ist die ganze Vermessung von anno dunnemals „für die Katz“. Jedes Grundstück ist schon aufgrund der von Alfred Wegener bewiesenen Kontinentalplattentektonik ein Stück weitergewandert, hat sich gedehnt und gestreckt. Im Winter sind die Grundstücke kleiner, weil es kalt ist. Im Sommer dehnen sie sich aus: Wir wollen Platz für unsere Campingstühle und grillen. Binsenweisheiten sind das.

Wegen einer solchen läppischen Anfrage des aktuellen Hausverwalters wird auch niemand in den Außendienst gehen, um die Gesamtfaltung der Erdoberfläche an diesem Ort noch einmal kurzerhand nachzumessen. Dieser Ort ist amtlich überprüft eine Oase der städtebaulichen Beschaulichkeit. Das wissen wir. Und dabei bleibt es nun für immer. Bzw. bis jemand die städtebauliche Beschaulichkeit der ganzen Gegend in Frage stellt und behördlich entscheidet: „Das war einmal ein Ort der …..“.  Der letzte, in dieser Weise bekanntgewordene Umstand war die gerichtliche Entfernung des Stempels „Berlin ist ein Gebiet mit erhöhtem Wohnbedarf“, der die gesamte ZweckentfremdungsverbotsVO kippte. Jetzt ist es deswegen möglicherweise auch mit der Beschaulichkeit insgesamt vorbei: Nicht zuletzt schießen überall wilde Freiheitsabenteurer ins Kraut und lassen Eigentumswohnungen als „Ferien- und Gästewohnungen“ möblieren. Heavy Metal, Sauerkraut und Treppenhausraucher, Pubertätspickel, Turnschuhtouristen und der Mief von tausend Jahren stehen auf dem Prüfstand gesellschaftlicher Larmoyanz. Über all dies wacht die piefige öffentliche Verwaltung.

Kein Personal, keine Zeit, und keine Zeit, einem Grundstückseigentümer oder dessen beauftragten Verwalter Auskunft über die amtliche Vermessungssituation zu geben. Das wäre ja auch noch schöner. Das Gegenteil von öffentlicher Verwaltung heißt übrigens „flamboyant“ zu sein. Jaja, und ich bin der Kaiser von China. Guter Witz.

Das Vermessungsamt ist eine Perle der öffentlichen Verwaltungskultur. Wir fassen zusammen: Das Vermessungsamt zu fragen, wie die Grundstücksgrenzen konkret sind, kann „vermessen“ erscheinen. Schon gar nicht darf man Antwort auf eine solche Frage erwarten. Sie stört die öffentliche Verwaltung in ihrer Larmoyanz. Dies aber ist „amtsbekannt“ und so lautet auch die offizielle Argumentation für die Abwehr unlauterer Anfragen nach „richtigen Grenzen“ eines Grundstücks: Man selbst ist dafür zu wenig sachverständig. Das hatten wir ja auch schon in dem Telefonat mit dem Sachbearbeiter. Wir sind aufgeklärte Haus- und Grundstücksverwalter. Wir wissen, wir sind dafür nicht autorisiert, das zu fragen. Auch das hörten wir im ersten Telefonat. Das alles kann im Telefonat kurzerhand geklärt werden. Nun haben wir es zusätzlich noch schriftlich.

Heute ist Walpurgisnacht und alles scheint wie verhext. Abrakadabra, wir zaubern uns eine Idee davon, wir könnten Grundstücksgrenzen klären. Ersatzweise können wir wegen des schönen Wetters auch ein Eis lutschen.

(EP)

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