1272/11: FotoPodcast: Die Regenbogenpresse bildet Schlagzeilen zu Kachelmann vom Hörensagen!

Wenn Kai Diekmann, Chefredakteur der BILD-Zeitung, interviewt wird, was zu selten vorkommt, um ihn ganz zu verstehen, dann bemüht er gern als Gradmesser für „guten Journalismus“ den Chefredakteur der Zeit, Giovanni di Lorenzo. Womit er ohne Zweifel recht hat. Allerdings: nur damit! Ansonsten bleibt bei Diekmann & Co. auch Jahrzehnte nach Wallraff´s Recherchen leider immer noch ein „bitterer Beigeschmack“ im Salz dieser „gelbgefärbten Regenbogensuppe“. Zu wünschen wäre Deutschland allerdings, dass Zeitungsleser wieder mehr Leselust entwickeln. Dass es ihnen nämlich nicht ausreicht, Nachrichten im übersichtlichen, 100-Punkt-Schriftformat und reduziert auf schlagzeilenhafte Vereinfachungen zu „fressen“. Pressefreiheit versus Fressefreiheit: ich fresse frei, also bin ich! Die Wirklichkeit braucht definitiv kleinere Schriftgrößen und ein gewisses Maß an Ausführlichkeit, um auch nur ansatzweise „gerecht und ausgeglichen“ daher zu kommen.

Im Grunde genommen trieb Jörg Kachelmann nach einer der verheerensten PR-Niederlagen des deutsche Wetterwesens die Überlegung an, er müsse das 1. Interview seit langem mit einem honorigen Partner führen, einem „Ersteklasse-Medium“, sozusagen premium content nur für „premium Zeitungen“. Er entschied sich, das Interview mit der Zeit zu führen. Der vertraute er offensichtlich. Sie sollte nicht lieb sein oder verbotene Fragen stellen, aber ernsthafte, bemühte, einen „aufrechten, fairen Geist“ erkennen lassen. Überflüssig noch zu erwähnen, wem Kachelmann dies nicht zutraute.

Doch es gibt auch das unerfreuliche Medienecho über die Zeit-Inhalte, das ist das, wo Otto Waalkes früher ulkte: „Hallo Echo!“ und das Echo echote zurück „Hallo Otto!“. Wir klopften uns auf die Schenkel.

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Zeitungsauslage an der Tankstelle: Das Thema Kachelmann vom Hörensagen

Zeitungsauslage an der Tankstelle: Das Thema Kachelmann vom Hörensagen

Deutschland´s Menschen treibt die Sorge um, das Wetter könne sich drastisch verschlechtern, wenn weiterhin so ausgedehnt über den schwyzerischen Wetterpapst Kachelmann berichtet, geredet und geschlammschlachtet wird und die Sache nicht endlich auf hinteren Seiten der Presse gelangt. Es gibt wichtigere Nachrichten.

Um es kurz zu machen, hat die sorgsame Medienauslese des Herrn Kachelmann jedoch nichts genützt. Es ist offensichtlich schwierig.

Bildzeitung und B.Z. (Berliner Zeitung), Springer-Massenblätter, titeln denn auch einheilich und sprechen von „Kachelmann rechnet brutal ab“ und „Liebes-Schuft-Beichte“, auszugsweise

– ich habe Frauen belogen

– ich habe mich mies benommen

– ich habe Menschen verarscht

– dafür gibt es keine Rechtfertigung.

Und: Hat nicht die Boulevardpresse dies in großen Teil ähnlich gehalten? Vor allem auf Seite 3?

Und nun wissen wir das, auch wenn wir die Zeit nicht gelesen haben. Das ist -kurz gesagt- boulevardesk und Journalismus vom Hörensagen, das Interpretieren dessen, was die Zeit als „Salz in der Suppe“, als druckwerten, redigierten Umfang des Interviews preisgab, neben allem anderen, dass Kachelmann zwar im Interview gesagt haben mag, dessen Printwert aber nicht die erforderliche Schwellenhöhe hatte. Das Boulevard blieb ja draußen, hatte Kachelmann entschieden.

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Frank Zander – Ur-Ur-Enkel von Frankenstein (Version 2006 aus der CD „Rabenschwarz“) (via Youtube) 

Natürlich muss die „schreibende Fresse“ (Stichwort: Fressefreiheit, danke Herr Glaser!) die „Wirklichkeit abbilden, über sie berichten und sie kommentieren!“. Ein Aufmacher mit großem Konterfei von Herrn Gutwetter Kachelmann und der Überschrift etwa „Kachelmann interviewt – Kauft heute die Zeit!“ wär es doch gewesen, oder? Nur Frank Zander hatte einst noch einen journalistischen Berufsethos und bat demzufolge aus guten Gründen:

Ich bin der Ur-Ur-Enkel von Frankenstein und ich bitte um Diskretion!

Ob der Berliner Frank Zander demzufolge dem Deutschen Journalistenverband jetzt Fortbildungsseminare zur „Fressefreiheit“ anbietet, war bei Veröffentlichung dieses Pamphlets noch nicht festgezurrt. Man kann es den Machern von Bild und BZ ja nicht übel nehmen: schreiben sie doch gegen Armut in Deutschland, Obdachlosigkeit und Inhaftierung im Iran an! Weil es sie sonst selbst beträfe…, gut, einige Male ist es schon schiefgegangen!

Weblotse

 

Macht nichts, wenn wir nichts haben. Wir schreiben mal drüber.

Ein Gedanke zu „1272/11: FotoPodcast: Die Regenbogenpresse bildet Schlagzeilen zu Kachelmann vom Hörensagen!

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