908/2010: Video: Jemand hat es bei Youtube reingestellt: Klassiker aus der Hausverwaltung #Tucker & Raufuss

Nichts ist öder ... rettet den Alltag

Es ist gut….

Es ist gut, wenn du weißt, was du willst, wenn du nicht weißt, was du willst, ist das nicht so gut! (Extrakt aus einem Lied der Band Ganz schön feist)

Zuallererst: Was wir hier heute einmal in Kurzform vorführen, ist ein echter Internetklassiker und schon seit Jahren bekannt. Ein irgendwie verwirrend schönes Pärchen, vermutlich schon etwas höheren Alters, ruft auf einem Anrufbeantworter an. Diese Art Anrufe sind gelebter Alltag für jene Menschen, die ihren Arbeitsplatz in der Haus- und Grundstücksverwaltung haben. Es ist die Natur der Sache an sich -!!!-: Hausverwalter können sollten lieber auch gar nicht rund um die Uhr erreichbar sein. In einem harten Arbeitsleben wie diesem muss man sich auch mal verstecken dürfen.

Z.B. vor vollkommen verwirrten Anrufern, die es tatsächlich öfter gibt, aus ganz unterschiedlichen Gründen:

_seitentrenner Flugzeug


Frau Tucker und Frau Raufuss – via Youtube

 Jaaa, dann sprech dit doch hin! (genervter Ehemann zu seiner Frau)

Es sind üblicherweise Anrufe außerhalb jeder normalen Geschäftszeit. Die Menschen, die anrufen, sind so uhrzeitgesteuert nicht. Es erscheint ihnen sogar irgendwie reizvoller, bei der Hausverwaltung anzurufen, wenn niemand Menschliches den Hörer hebt und „Ja bitte?“ fragt. Durchaus in Betracht zu ziehen ist auch die Variante, dass sie es eigentlich gar nicht bemerken! Denn um etwas reizvoll zu finden, muss man überhaupt erst einmal etwas finden, also eine Art eigene Einstellung besitzen!

Die beiden, die hier anrufen, können ein „altes Hauswartspaar“ auf Basis geringfügiger Beschäftigung sein, sehr wahrscheinlich aus einer großen Stadt, und in Berlin gälte ihr Anruf nicht als sonderlich großes Kuriosum. Sie können allerdings auch von einem nach Netzwerken trachtenden Hausverwalter als „guter Draht“ ihres Hauses, als Schnittstelle zur Hausverwaltung, als „innerer Ordnungsdienst“ oder sogar als denunziatorischer Blockwart (beachte: nicht Bloggwart, bitte unterscheide) „eingespannt“ worden sein, oder sagen wir als „nützliche Idioten“. Eins, zwei …gsuffa!

Total recall – absolute Erinnerung

Rüdiger Lange, Berliner Filosofisch

In Erinnerung ist uns aus unserem Arbeitsleben noch die vielfachen, regelmäßigen Anrufbeantworter-Anrufe der inzwischen seit längerem verstorbenen Frau Malatach aus Neukölln, deren Persönlichkeitsrechte es nicht mehr verletzen kann, stichwortartig zu skizzieren, was Frau Malatach so tat. Sie wohnte in der Hochparterre gelegenen Wohnung, die man nur über einen gemeinsamen, auf der Gartenseite des Grundstücks belegenen Laubengang erreichen konnte. Zur Straße hin hatte die Wohnung von Frau Malatach ein großes Fenster, und eins der vier Fensterelemente war ein sogenannter französischer Balkon, also eine Balkontür zum Öffnen, so eine Art Austritt, in den man sich stellen könnte, geschützt nur mit einem Balkongitter! Dort präsentierte sich Frau Malatach gern vorbeilaufenden Herren und bot sehr persönliche Dienste gegen vergleichsweise sehr geringes Entgelt an.

Auch in der Auswahl ihrer Herren war Frau Malatach nicht sonderlich wählerisch. Wichtig war ihr in erster Linie das zu erwirtschaftende Salär. Es bildete ein ausreichendes Äquivalent zur ansonsten eher schmalen „Grundsicherung“ des vormaligen Sozialamtes. Frau Malatach hatte viele Katzen, die sie eigentlich niemals redlich erworben hatte. Auch Tauben fütterte sie gern an. Dazu baute sie gartenseitig eine Art „Catwalk“ (also eine Laufbohle für Katzen und Tauben, die allerdings zeitversetzt nach einem ausgeklügelten Muster anzureisen schienen).

 Oh Herr, lass Hirn regnen! (berolinisch)

Frau Malatach rief eigentlich immer irgendwann an, und das niemals zu irgendeiner erkennbaren Tageszeit. Als auf analogen Anrufbeantwortern noch keine Zeitspeicherung erfolgte, und später auch digital erfasst, exakte 54 Minuten nach Mitternacht. Oft wirkten ihre Anrufe irgendwie benebelt. Nie konnte ein Sachbearbeiter der Hausverwaltung verständlich zusammenfassen, welche Art „Vorgang“ Frau Malatach aufs Band gesprochen habe. In Erinnerung bleibt der Anruf mit folgendem (neuen) Vorgang:

Ja hallo (Pause) – Frau Malatach hier – (Pause) Sie müssen kommen! (Pause), Stöhnen – Das ganze Klo ist verstopft! Es kommt alles hoch!

Natürlich: Es wurde schließlich bergeweise Katzenstreu aus dem Klo herausgeholt, das musste Frau Malatach dann bezahlen. Hat sie sogar. Mit hart erarbeitetem Geld, von dem beim Grundsicherungsamt niemand etwas gewusst hatte. Eine Vielzahl weiterer Anrufe, offenbar oftmals unter erheblichem Einfluss vergeistigender Destillate, ist hier nicht nur als äußerst angenehm in Erinnerung geblieben.

Es ist gut, wenn Du weißt, was du willst, wenn du nicht …. siehe oben

Von ähnlicher Qualität ist der Anruf, in dem es um Frau Tucker und Frau Raufuss geht.

Man kann als Erfahrungsbericht zusammenfassen, dass Anrufbeantworter auch soziale Dienste vollbringen, wenn sie derlei zur Erleichterung beider Seiten aufzeichnen. Nicht nur die Anrufer fühlen sich erleichtert und können eine ganz große Seelenlast „frei von der Leber weg“ entsorgen. Eine Art gedankliche Sperrmüllabfuhr. Auch der Angerufene, der Hausverwalter, kann seinen nachfolgenden Arbeitstag zu üblichen Bürozeiten effizienter gestalten. Derselbe Anruf zur üblichen Bürozeit, das könnte durchaus eine Katastrophe werden und was wir als gute Dienstleistung einer Haus- und Grundstücksverwaltung begreifen, komplett zum Erliegen bringen. Solche Anrufer können Angerufene für längere Zeit komplett blockieren und in Beschlag nehmen.

Merke: Es gibt als gesund zu bezeichnende Korrelationen zwischen aufzuwendender Zeit und Inhalt eines ergebnisoffen geführten Telefonats. Korrelation beschreibt die Beziehung zwischen zwei oder mehreren statischen Variablen, in diesem Fall Anrufer. Von Vorteil ist aus Hausverwaltersicht, wenn anstatt zweier statischer Variablen das Telefonat von „dynamischen Variablen“ (Anrufern) geführt wird. Übersteigt der Zeit- den Ergebnisfaktor eines Telefonats, gibt es eine erfolgreiche Strategie, das eingetretene Verteilungsmissverhältnis in Ausgleich zu bringen: Man könnte einfach auflegen! Aber darf man das?

Dass dieses kleine Schnitzel „Alltagsanrufer“ nun via Youtube digital verbreitet werden kann hingegen, ist eine Köstlichkeit. Ohne solche vollkommen sinnlosen und bisweilen skurrilen Anrufe wäre die Arbeit in der Haus- und Grundstücksverwaltung oft aber auch komplett humorfrei. Es ist wirkliches Leben und auch sehr Berlin, was einige besondere Bezirke betrifft und weniger andere, also differenziert betrachtet! Aus der Distanz betrachtet.

Yorckschlösschen (Quelle: Yorckschlösschen)

Yorckschlösschen (Quelle: Yorckschlösschen)

Wer sich von einem derart hartem Arbeitsleben ein wenig zu entspannen versucht, kann in Berlin-Kreuzberg dazu ins Yorckschlösschen gehen, ein Bier trinken und gepflegter Livemusik zuhören! Frau Tucker, Frau Raufuss und diese Nervensägen vergessen. Wenn dazu noch die Babes on Orgel auftreten, hat man den vollkommen unangemessenen Lärm dieser Anrufer komplett vergessen! Denn niemand kann es besser singen, als die Babes on einer Orgel, das taten sie hier auf dieser Website schon einmal, sie sangen:

 Smile when you say goodbye!

und intervenierten damit nicht zuletzt in der enervierenden Hausverwalterszene Berlins, es solchen Anrufern nett zu sagen, ein leises, unaufgeregtes „Goodbye“ und „guten Tag“ und „guten Weg“. Und dies im Gegensatz zu dem gut in Erinnerung gebliebenen Ergebnis anderer Betrachtungsweisen. Hatte nicht die ehemalige Nina-Hagen-Band als Spliff noch gefordert: „Laß den Telefonterror, ruf jetzt bitte nicht mehr an, es gibt gar nichts auf der Welt, was jetzt so wichtig sein kann!“ Und damit den Bodensatz bereitet in gesamtgesellschaftlicher Hinsicht für eine eher abwehrende Haltung von Angerufenen. Bis zum nächsten Anruf gilt: Vorwärts immer, rückwärts nimmer!, niemand hat noch die Absicht, alte Cassettenaufzeichnungsgeräte zurückzuspulen!

Nicht recherchiert wurde die Frage, ob Yorckschlösschen-Chef Olaf Dähmlow die Babes on Orgel jemals verpflichtete, dem alltäglichen Wahnsinn, der hier erfassbar wird, durch gute Musik ein Fanal der Unterhaltungskunst entgegen zu setzen? Die Redaktion wird das bei Gelegenheit vertiefen. Bis dahin gilt: Rust never sleeps…

Weblotse

2 Gedanken zu „908/2010: Video: Jemand hat es bei Youtube reingestellt: Klassiker aus der Hausverwaltung #Tucker & Raufuss

  1. Pingback: Twitter Wochenschau: 2010-08-29 | gesichtspunkte.de – Hier bloggt der Verwalter…

  2. Pingback: 1680/13: Anrufe: Hausverwaltung rechnet nicht die Heizungsanlage? | gesichtspunkte.de – Rettet das Mehrfamilienhaus!

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