Verfahrensbericht: Es wird zunehmend kälter in Deutschland, und die Ausfrierung kommt!

Rechtliches

Der Winter kommt. Soviel ist sicher.

Auch Herr Schnabeltier (*Name geändert) weiß das. Was er noch nicht weiß ist, was eine Ausfrierung ist. Doch, doch, das weiß er eigentlich schon, denn er weiß eigentlich schon seit mehr als zehn Jahren immer, wie der Hase lang läuft. Hat Prozesse geführt, ohne Ende. Und lässt auch die Leute nicht rein, die die Ausfrierung technisch umsetzen müssen. ‚Gut Ding will Weile haben‘, wurde hier berichtet. Wohin das führen kann, sagten wir schon. Und so kam es auch. Herr Schnabeltier nannte das ganze mal einen Rattenschwanz. Die Sache geht entschieden zu weit. Daran ist nicht Herr Schnabeltier Schuld. Schuld sind ‚die Anderen‘ (Ihr, der Rest) – schuld ist der Verwalter – schuld war nur der Bossa Nova.  Man ahnt es schon. Die Geschichte geht schon etwas länger. Wer aber Plakate ins Fenster hängt, um anderen zu sagen, das sie doof sind, hat Anspruch drauf, dass derartige Bekenntnisse gesehen werden. Der will nicht rechtliches Gehör haben, sondern tatsächliches. Womit wir auch schon beim roten Faden dieses Beitrags sind: es geht darum, gehört zu werden.

Zitat Lend me your ear and I sing you a song, and I try not to sing out ouf key,‘ (Beatles – With A little help from my friends), ‚leih mir dein Ohr und ich sing dir ein Lied und ich bemüh mich, die Tonart zu sehn‘ (sinngemäss, aber gereimt übersetzt, von Ulf Schoenwälder, Berlin) – Uh ja, ich schaff´s, wenn mir die Freunde helfen!

Allerdings wurden in diesem Haus die Freunde mit den Jahren viel weniger. Denn die ehemaligen Freunde fühlten sich von Herrn Schnabeltier aufgrund seines ungebührlichen Verhaltens zunehmend im Stich gelassen. Allein gelassen blieben sie mit ihrer Forderung, Herr Schnabeltier habe sich auch ‚unter Freunden‘ wie jeder andere an den gemeinschaftlich entstehenden Kosten mit Wohngeldzahlungen zu beteiligen. Noch mehr allein gelassen fühlten sie sich, als Herr Schnabeltier auch noch anfing zu prozessieren, uneinsichtig um sich hauend, wie ein kleiner, trotziger Rotzlöffel, der nicht einsehen will, dass man jedem unartigen Jungen irgendwann sein Spielzeug einfach wegnimmt. Doch auch das ist eine andere Geschichte. Heute redet niemand mehr von Freundschaft und auch Herr Schnabeltier lässt sich eigentlich nur noch ungern blicken. Schlechtes Gewissen?


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Fensterplakat in einem Berliner Mehrfamilienhaus

Fensterplakat in einem Berliner Mehrfamilienhaus

Inhaltlich kämpft er (auch hier) am vollkommen falschen Ort. Verfahrensmäßig geht es um die Festsetzung eines Verkehrswerts, der ihm heute zu hoch und morgen zu niedrig vorkommt. Der Verkehrswert wird nicht von ihm selbst festgesetzt, denn er ist nur der Eigentümer. Nein, der Verkehrswert der Wohnung wird durch das Vollstreckungsgericht festgesetzt. Denn Herr Schnabeltier hat schon seit vielen Jahren kein Wohngeld mehr bezahlt. Und nun kommt die Zeit, da setzt das Gericht einfach einen Verkehrswert fest und dann wird munter drauflos versteigert. Kein ungewöhnlicher Vorgang in diesen wirtschaftlich harten Zeiten.

Ungewöhnlich ist nur das Verhalten von Herrn Schnabeltier. Weil er seit so vielen Jahren kein Wohngeld mehr bezahlt hat, hat sich die Wohnungseigentümergemeinschaft (schweren Herzens) dazu entschlossen, ihm die Versorgungsleitungen für Wasser und Heizung abzusperren und diese gegen die weitere Entnahme zu sichern. Das veranlasst Herrn Schnabeltier, wegen des Verkehrswerts seiner Wohnung eine Vielzahl von rechtlichen Schritten, alle ohne Rechtsanwalt, einzuleiten. Dabei geht er vor, wie ein Till Eulenspiegel, bisweilen durchaus närrisch. Er narrt die übrigen Verfahrensbeteiligten, wozu auch das Gericht gehört, mit Schriftsätzen, die die Welt nicht braucht. In einem (weiteren) Schriftsatz wendet er nun eine exotische Vorschrift, bzw. deren Verletzung ein, den § 321 a ZPO (‚Abhilfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör). Es geht also um die Ohren. Um die eigenen nicht, denn der Verfahrensführer hat zwar welche, aber deren Verletzung reklamiert er nicht. Er sagt, die Ohren des Gerichts seien zu gewesen, als er was gesagt hat. Allerdings muss man auch zugeben: er hat viel zu viel gesagt. Unfug auch. Er hat Maßgebliches vorgetragen, sagt er, und das Gericht hat es einfach überhört. Worum geht es eigentlich?

Er sagt sinngemäß, es verletzt sein rechtliches Gehör, weil der Verkehrswert seiner Wohnung noch niedriger werden müsste, wenn die Versorgungsleitungen zu seiner Wohnung auf Dauer gekappt würden. Dann verliere eine solche Wohnung ihren baurechtlichen Status als Wohnung. Die ursprüngliche Beschwerde, die dieser voranging, stand allerdings unter anderen argumentativen Zielen. Da ging es ihm noch darum, den seiner Auffassung nach zu gering bemessenen Verkehrswert anzugreifen. Die heutige Rüge an das Gericht will eine weitere Absenkung des Verkehrswerts erreichen. Will sie das? Was will der Schuldner denn nun? Es kommt einem ein bisschen wirr vor. Die Argumente, Versorgungsleitungen würden auf Dauer gekappt, die Wohnung verliere ihren Status als Wohnung, stimmen so nicht.

Die Kappung der Leitungen zur Ausfrierung des Schuldners ist ihrer Art nach eine vorübergehende, die erfolgt, damit (ausschliesslich) der Schuldner die Versorgungsleitungen nicht mehr  zur Entnahme von Heiz- und Wasserlieferungen benutzen darf.  Allein der betroffene Schuldner selbst ist durch den Beschluss und die nachfolgende Kappung (temporär, auf Zeit) daran gehindert, Leistungen, für die er (hier seit Jahren) kein Wohngeld gezahlt hat, in Anspruch zu nehmen. Wer nichts bezahlt, soll auch nichts verbrauchen dürfen. Das macht auch jeder Energieversorger so, dessen Rechnungen nicht gezahlt werden. Durch die Ausfrierung wird das parasitäre Verhalten des Schuldners für die noch verbleibende Zeit seines Aufenthalts in der Wohnung (wenigstens teilweise) unterbrochen. An anderen Stellen kann seine Zahlungsverweigerung nicht wirksam mit vergleichbaren Mitteln abgestellt werden. Die Rede ist von den weiteren Festkosten (Beispiel Gebäudeversicherung, Müllabfuhr, Hauswartskosten, dort Umlage nach Miteigentumsanteil, Wohnfläche u.v.a.). Die Ausfrierung ist daher gerecht und billig, weil hier verbrauchsabhängige, individuelle Nutzung/Inanspruchnahme vorliegt, die wirksam abzustellen ist,  mit technisch vertretbaren, geringfügigen Mitteln. Es spricht schon für sich selbst, wenn ein die Zahlung seit mehr als einem Jahrzehnt verweigernder Vollstreckungsschuldner hiergegen so umfassende rechtliche Mittel in Anspruch nimmt und den Zutritt zur Vornahme der Absperrung verweigert. Die Umweltdatenbank erklärt den Parasit als jemanden, der ‚an oder in einem anderen Organismus lebt und seine Nahrung oder andere Leistung ohne gleichwertige Gegenleistung von seinem Wirt bezieht. Verhältnis zwischen beiden heißt Parasitismus.(Saprophyt, ähnlich jedoch mit Gegenleistung: Symbiose).‘

Insofern sodann der Schuldner einwendet, die Wohnung verliere dadurch baurechtlich ihren Status als Wohnung, ist dies schlicht Unsinn. Hierbei geht es dem mit einer Nichtanhörungsrüge gem. § 321 a ZPO schriftsätzlich tätigen und (rechtlich unkundigen) Schuldner lediglich darum, die Zwangsvollstreckung in die Länge zu ziehen und vermeintliche Fallstricke prozessual herbeizuführen, die zwischenzeitliche Bearbeitungszeit der Gerichte auszunutzen und gegen einen missliebigen Beschluss des Landgerichts jedes weitere, gerade noch denkbare oder schlicht nicht mehr vertretbare Rechtsmittel ins Feld zu führen.  Das wird nicht funktionieren. Die Anträge sind bereits gestellt. Es wird bald gehandelt. So. Und nicht anders.

Gute Zeiten – schlechte Zeiten. Nicht unbekannt ist, dass ein Mensch, der zu viel redet, irgendwann tatsächlich auf ‚taube Ohren‘ stösst. Darin liegt natürlich auch eine Gefahr für die Gerechtigkeit in Deutschland. So kommen Entscheidungen zustande, die erst in der dritten von drei Instanzen, endinstanzlich, komplett umgestossen werden zur ‚reinen Heilslehre‘. Wer sich in zwei Instanzen sicher wiegt, weil die eigene Linie sich bestätigt durch Entscheidungen, kann in der dritten Instanz tatsächlich Probleme bekommen. Denn dort ist neues Tatsachenvorbringen nicht mehr möglich. Hinweise gibt es nicht, dann tagt ein ‚Rat der Götter‘, unwillig, noch neue Tatsachen zu beraten. Man brütet über dem zwei Instanzen umfassenden Vortrag.  Hier und heute allerdings, hat niemand ernstlich den Eindruck, dass die Gehörsrüge des Zwangsvollstreckungsschuldners argumentativ sticht. Es ist eher eine Art Kasperletheater.

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