Vorsicht: Der BGH (AZ XII ZR 142/07) heilt einen Schriftformmangel des Mietvertrages nachträglich

Bundesadler

Bundesadler

Leitsatz der BGH-Entscheidung vom 29.04.2009 zum obigen Aktenzeichen:

Zitat BGB § 550 Ist ein formgerechter Mietvertrag mangels rechtzeitiger Annahme zunächst nicht abgeschlossen worden, so kommt durch eine insoweit formgerechte Nachtragsvereinbarung, die auf die ursprüngliche Urkunde Bezug nimmt, ein insgesamt formwirksamer Mietvertrag zustande.“ BGH, Urteil vom 29. April 2009 – XII ZR 142/07 – OLG Naumburg LG Dessau

Leitsatz der Redaktion gesichtspunkte.de dazu

Zitat Man muss das Leben eben nehmen, wie das Leben eben ist!“ (Juliane Werding, Schlager)

Vorsicht, Hausverwalter: Der Fall ist schnell erzählt. Ursprünglich war zwischen den Vertragsparteien ein Mietvertrag abgeschlossen worden mit Befristung. Jedoch stand dieser Mietvertrag unter dem Vorbehalt einer noch zu erfolgenden Genehmigung durch den Vorstand einer Aktiengesellschaft. Denkbar ist im Beruf des Hausverwalters, dass dieser einen derartigen Vertrag entwirft, um den Entwurf dieses Mietvertrages dem vertretenen Grundstückeigentümer zur Kenntnis zu bringen und die Gültigkeit des Vertragsabschlusses von der Unterschrift, der Genehmigung, durch den Vermieter und Grundstückseigentümer abhängig zu machen.

Und dann kommt das Leben hinzu . Es ist immer zu wenig Zeit, und der Grundstückseigentümer verschwindet auf die Bahamas und hat keine Lust aufs Schrifttum. Er lässt es liegen. Die Sache gerät in Vergessenheit. Der zur örtlichen Anwesenheit und Fleißarbeit verdonnerte Hausverwalter lebt inzwischen sein weiteres Leben, fertigt Abrechnungen, hält Eigentümerversammlungen ab, pi pa po. Inzwischen wird schon mal ein Mietverhältnis gelebt, das so noch gar nicht Genehmigung gefunden hat.

***

Im entschiedenen Fall wurde ein noch zu errichtender Gewerberaum mit einer Fläche von 540 m² zuzgl. Außenflächen vermietet auf die Dauer von 13 Jahren.

§ 16 Ziff. 2 des Mietvertrages vom 14. Juni 1994 lautet wie folgt:

Zitat Dem Vermieter ist bekannt, dass der Vorstand des Mieters nach Maßgabe seiner Geschäftsordnung diesem Vertrag zustimmen muss. Die Zustimmung erfolgt nach Vertragsabschluss in einem gesonderten Schreiben. Erfolgt die Zustimmung nicht innerhalb von vier Wochen nach beiderseitiger Unterschrift, so erlangt dieses Vertragswerk keine Rechtsgültigkeit. …“

Am 25.09.1995, also ein Jahr und drei Monate später, schlossen die Parteien eine schriftliche Vereinbarung über Änderungen dieses Mietvertrages, in der sie den Mietgegenstand flächenmäßig veränderten und eine weitere Reihe von Änderungen. Schließlich wurden die (inzwischen errichteten, fertiggestellten) Gewerberäume am 30. Juli 1996 übergeben. Schließlich kündigte der Mieter mit Schreiben vom 31. Dezember 2005 mit Telefax den Mietvertrag zum 30. Juni 2006 und war der Ansicht, die Schriftform des Mietvertrages sei nicht gewahrt. Deshalb sei der Mietvertrag auf unbestimmte Zeit abgeschlossen und ordentlich kündbar.

U.a. -und nur das soll hier besprochen werden, hat der Bundesgerichtshof dazu wörtlich ausgeführt:

Zitat Das Berufungsgericht geht weiter im Ergebnis zutreffend davon aus, dass ein wirksamer Mietvertrag über die Gewerberäume auch dann zustande gekommen ist, wenn der Vorstand der Beklagten die gemäß § 16 Abs. 2 des Mietvertrages innerhalb von vier Wochen nach den beiderseitigen Unterschriften unter den Vertrag zusätzlich geforderte schriftliche Zustimmung zu dem Vertrag nicht erteilt haben sollte. Denn die Vertragsparteien haben mit dem Abschluss der mehr als ein Jahr nach der Vertragsunterzeichnung getroffenen Vereinbarung vom 25. September 1995, die von den zur Vertretung der Beklagten befugten Personen abgeschlossen wurde, zum Ausdruck gebracht, dass die Gültigkeit des Mietvertrages nicht von der in § 16 Abs. 2 des Mietvertrages vereinbarten Zustimmung des Vorstands der Beklagten abhängig sein sollte, und haben dadurch diese Bedingung übereinstimmend stillschweigend abbedungen.“

Merke: Man lebt das Leben, wie das Leben ist. Und selbst wenn man sich die Welt der Vertragsabschlüsse noch so stringent vorstellen mag, bspw. um sich 10 Jahre später darauf noch zu berufen. Das Leben ist in Elastizität, Flexibilität und im Fortkommen angelegt. Dazu gehört nach BGH-Meinung, dass sich ursprüngliche Vorbehaltsklauseln mit der gelebten Realität überholen. Das wäre ja auch noch schöner, Winkel-Advokatismus, wenn dem vorzeitig und unverabredungsgemäß ausscheidenden Mieter hier Recht gegeben worden wäre. Schließlich waren die Parteien mindestens 10 Jahre guten, gemeinsamen Willens.

***

Weiterführende Links
BGH-Entscheidung zum download

Schreibe einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.