1382/11: Due Diligence: Was man vor dem Ankauf eines Mehrfamilienhauses besser beachten sollte! #Tipps & Tricks

Wissen ist Macht: Due Diligence (Quelle: gotthal.de)

Mehrfamilienhäuser sind in der Regel bewohnte Häuser, in denen Mieter gegen Entgelt wohnen. Oder Eigentümer, die ihre Wohnung erworben haben. Die Wenigsten machen sich hingegen klar, wie viele weitere Bewohner so ein Haus hat. Je älter das Haus, desto größer die Gewissheit, dass neben den „Offiziellen“ auch jede Menge Inoffizielle im Haus leben. Manche davon mit drastischen Folgen für die Offiziellen. Bis zum Auszug der Offiziellen, weil das ganze Haus saniert werden muss. Zu prüfen, wie viel Sanierungsbedarf bzw. Entwicklungsmöglichkeit in einem Haus steckt, kann man „Sorgfalt“ nennen, oder auch „Due Diligence“. Weil die Zeiten einfach so modern sind. Und wir uns damit beruflich befassen. Manchmal.

Kurz gesagt ist bereits diese Überschrift irreführend: Jeder Ankauf eines Mehrfamilienhauses ist eine ganz unterschiedliche Sachlage. In jedem Hause atmet ein persönlicher Geist, der jedem, der zu vieles heißt, von hinten in den Allerwertesten beißt. So könnte man rüttelreimend auf den Berichtstrip gehen und sagen:  Jedes Haus ist anders und in jedem Haus musst Du andere Sachen „ankieken“. Vorsicht ohne Nachsicht ist die Rücksicht auf die Gesamtsicht:  Sie ist das Gegenteil von Naivität, Einfältigkeit und Blauäugigkeit und die Mutter der Porzellankiste. Due Diligence ist der moderne Begriff, den ein jeder Immobilien-Tycoon gern verwendet, den aber kaum einer richtig versteht. Wir Berichterstatter und Leser natürlich ausgenommen.

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Bauschadensbericht: Zu weiche Klinkerwand!

Bauschadensbericht: Zu weiche Klinkerwand!

Unter Juristen gilt: Zwei Juristen, drei Meinungen. Unter Architekten gilt dasselbe!

Was einem der Verkäufer nicht verrät, muss man selbst herausfinden. Was einem der Makler nicht sagt, weil er es selbst nicht weiß, muss man ebenso selbst herausfinden. Deshalb ist beim Hauskauf die Hinzuziehung von Fachrat erforderlich. Architekten, Bauingenieure und Sonderfachleute wie z.B. Holzschutzgutacher sind gefragt. Diese muss man mitnehmen, wenn man an Ort und Stelle eine Ankaufsentscheidung zur Prüfung gestellt haben will. Die Gewährleistungs- und Aufklärungspflicht eines Verkäufers gebrauchter Immobilien ist zu niedrig. Im Zweifelsfall bestreitet der Jurist die Mängel hinterher gern mit Nichtwissen. So sind die juristischen Argumente.

Die Frage, ob ein altes Mehrfamilienhaus bei üblichen Durchschnittskosten in einen aktuellen Stand von Üblichkeit versetzt werden kann, hängt fundamental mit der begleitenden Tiefenprüfung der Bausubstanz eines Hauses zusammen. Ist bereits die Substanz schlecht, heißt es bei Kalkulationen gern gleich mal das Doppelte bis Dreifache üblicher Sanierungskosten bereitzustellen. Und gerne vergleichbar mit Neubaukosten oder sogar darüber hinaus.

Bauschadensbericht: Auflager eines Trägers

Bauschadensbericht: Auflager eines Trägers

Am besten ist die Hinzuziehung von bereits bekannten Fachleuten. Wir unternehmen derartige Vorlaufbesichtigungen auch und beraten Menschen bei der Stärken- und Schwächenauszählung aller in Frage kommenden Gesichtspunkte eines Hauses, nicht dieser Website. Aber wir bleiben auch wie Tischler bei unseren Leisten, besser Leistungen und die gehören artig umrissen, sachverständig abgegrenzt. Und deutlich ist herauszuheben, dass der Philosoph stets weiß, dass er nicht alles weiß. Z.B. schwarz.

Bauschadensbericht: Unterboden eines Erdgeschoss-Fußbodens

Bauschadensbericht: Unterboden eines Erdgeschoss-Fußbodens

Schwarze Flecken auf der Landhausdiele? Keine Ahnung. Wissenslöcher. Apropos Löcher: kleine und größere, verschiedene Löcher auf dem Dachverbandsholz, den Balken? Gut, da gibt es gleich mehrere verschiedene Varianten Tiere. Dem Holzbock kann man dort eventuell artig die Hände schütteln, um ihn herzlich zu begrüßen. Oder auch den Anobien. Beim Holzbock unterscheidet man die verschiedensten Arten. Doch irgendwann wird aus „variablem Schönbock“, „Mulmbock“ und dem „großen Eichenbock“ vielleicht eine nachwachsende Käufergeneration „Nullbock“, weil das gesamte Ankaufsobjekt mehr oder minder davon durchzogen ist und kostenlos mitbewohnt wird.

Alte Häuser haben solche Untermieter. Einige davon heißen sogar „Trotzkopfkäfer“, man darf also mit Widerstand rechnen, wenn man sie in Beseitigung zu bringen trachtet.

Bauschadensbericht: Schadhafter Tragbalken mit tückischer Ummantelung

Bauschadensbericht: Schadhafter Tragbalken mit tückischer Ummantelung

Kaufpreis plus Nebenkosten plus Investitionskosten: Gesamtgestehungskosten einer Ankaufsüberlegung = Verkehrswert einer TOP-Immobilie?

Der Verkäufer eines Hauses gibt sich gern arglos. Er errechnet sich einen Wunschpreis für das Objekt und bietet es für diesen Preis an. Der gewissenhafte Käufer muss sich nun die Frage stellen, ob das Objekt diesen Preis wert ist. Die Bewertung von Bauschäden spielt dabei eine zentrale Rolle und die Kernfrage: Würdest du die Beseitigung von Bauschäden in fach- und sachgerechter Art und Weise für einen zu kalkulierenden Gesamtpreis hinbekommen, der das Objekt erst einmal in einen mängelfreien Zustand versetzt. Und dann die Frage: Würde man unter Berücksichtigung aller eingesetzten, finanziellen Mittel auch im Falle eines Wiederverkaufs dieses Geld je wieder herausbekommen?

Bauschadensbericht: Braun- bzw. Trockenfäule, Splitterstück

Bauschadensbericht: Braun- bzw. Trockenfäule, Splitterstück

Falsch angekaufte Immobilien ziehen nicht selten die fatalsten aller Folgen nach sich: Die Insolvenz des finanziell komplett überforderten Erwerbers. Auf einer Baustelle, wie sie der Schriftsteller Michael Ende genannt hätte: „Die unendliche Geschichte“. Der Glücksdrache Fuchur ist auf und davon und die Finanzen sind im schwarzen Strudel der vergessenen Zeit verschwunden. Das moderne Märchen eines Immobilienerwerbers.

Von der Bausubstanz her gibt es „harte“ und „weich gebrannte“ Ziegel, wovon beispielsweise die zu „weich gebrannten“ Ziegel minderwertiges Baumaterial darstellen. Kommt Frost, Feuchtigkeit und Wetterwechsel hinzu, so sandet der Ziegel erst porös und dann zerfällt er. Mit seiner gesamten Statik bricht der Stein in sich zusammen. Was auch Holzschutzfachleute zuweilen zum ersten Mal vor die Augen bekommen: Schlupf- bzw. Steinwespen, die zwar Stein üblicherweise nicht anfressen, aber im „zu weichen Ziegelstein“ durchaus eine „holzähnliche Konsistenz“ (Holzschutzgutachter) vermuten. Dann sieht die ziegelmauerwerksmäßig hochgezogene Wand von 1850 aus, als wäre sie ein Schweizer Käse. Die Viecher fressen sich in diese porösen Wände hinein und legen dort ihre Gelege ab. Hier bekommt die Steinlaus von Loriot echte Konkurrenz. Kein Scherz: Das Stückchen Schweizer Käse sieht man hier auf dem nachfolgenden Foto.

Bauschadensbericht: Gemauerte Wand im Schweizer Käse-Look

Bauschadensbericht: Gemauerte Wand im Schweizer Käse-Look

Bis der Bautenschutz-Gutachter kommt und mit dem Zimmermannshammer gegen die Wand keilt. Hält die Wand?

Bauschadensbericht: Gravierender Holzbockbefall an wichtigem Dachkonstruktionsbalken

Bauschadensbericht: Gravierender Holzbockbefall an wichtigem Dachkonstruktionsbalken

Oder -zack, pardautz- brechen bereits bei leichtem Hämmern ganze Splitstücke von der Wand ab, als wäre sie ein weicher Kokon aus Schlagsahne? Dann wiederum finden wir den Weißen Hausschwamm vor und hier auch den Echten Hausschwamm. Überall Feuchteschäden, es sind Altschäden, man sieht sie noch und wir wissen, das Dach ist neu gedeckt. Aber das Dachverbandsholz ist vom Holzbock und von Braunfäule befallen. Es ist leicht wie Balsaholz und splittert in großen Schlagstücken unter dem leicht hämmernden Zimmermannshammer. So hatte niemand gewettet.

Bauschadensbericht: Kaputter Dachkasten

Bauschadensbericht: Kaputter Dachkasten

Inzwischen stellt sich bei der Ankaufsprüfung im Rahmen einer Vorortbesichtigung heraus, dass eins von vier Gebäuden auf dem Grundstück in Form eines so genannten Gebäudeensembles von so nachhaltiger Schädigung betroffen ist, dass nur noch ein Abriss sinnvoll ist. Gebäuderestwert = Null.

Bauschadensbericht: Splitterstück aus dem Bauholz

Bauschadensbericht: Splitterstück aus dem Bauholz

Am Ende ist eine Ankaufsentscheidung dahin, dem Kaufinteressenten die Rosinen von den Augen genommen. Die Ankaufsprüfung ergibt nüchtern folgendes, zusammengefasst:

  1. Das Objekt anzukaufen und nachfolgend insgesamt instandzusetzen sollte bei Abwägung von Wirtschaftlichkeitserwägungen überprüft werden, und zwar sorgfältig.
  2. Dies vorausgeschickt rechnet sich der Ankauf des in Frage kommenden Objekts am Stadtrand von Berlin nicht. Denn die erforderlichen Investitionen kann man momentan aus Erfahrungswerten und Durchschnittspreisen voraussetzen und als Finanzierungssockel ansetzen.
  3. Hinzu kommt aber der teilweise Abriss von Gebäuden auf dem Grundstück und an mehreren „Bedachungen“ der mehreren Häuser auf dem Grundstück. Selbst da wo Dächer des Objekts bereits neu gemacht wurden, erfolgte dies nicht durchgreifend und in bestandssichernder Art und Weise, sondern „behelfsmäßig“. Infolge der Überlegung, die Obergeschosse der verschiedenen Gebäudeteile zu Wohn- und Gewerbezwecken umnutzen zu wollen, müssen diese Arbeiten im Nachhinein als „fast wertlos“ angesehen werden.
  4. Der Befall des gesamten Ankaufsobjekts mit mehreren bauwerkszerstörenden Schädlingen, wie verschiedenen Schwammarten, Fäule, Käfer- und Wespenbefall sowie eine Vielzahl von sichtbaren Alt-Feuchtigkeitsschäden (vor Dachinstandsetzungen) lässt die Vermutung zu, dass das Objekt neben den hier und heute sichtbaren Schäden insbesondere auch „unsichtbare“ und verborgene Bauschäden im Bereich der Stockwerksdecken aufweist. Für diese denkbaren Sanierungsvermutungen muss man mindestens noch einen großen Teil Sicherheit zusätzlich einkalkulieren.
  5. Die ursprüngliche Überlegung, eventuell im Rahmen üblicher Dachgeschoß-Ausbaupreise von vielleicht 800,- bis 1.000,- € pro m² Wohn- bzw. Nutzfläche zu landen, lässt sich nicht aufrecht erhalten, angesichts der vorgefundenen Schädigungen.
  6. Eher kann man davon ausgehen, dass die Sanierung vergleichbare Neubaupreise von z.B. 1.500,- bis 2.000,- €/m² Wohn- bzw. Nutzfläche nach sich zieht. Hinzuzurechnen ein Betrag in „unbekannt bleibender Höhe“ noch für die Kosten „unbekannter Maßnahmen“. Denn diese werden sich im Verlaufe eines Modernisierungsvorhabens herausstellen, Tag für Tag, Woche für Woche und Monat für Monat.
  7. Multipliziert man diese überschläglichen Annahmen mit den zur Nutzung vorgesehenen Flächen künftiger Nutzung, so addiert sich im vorliegenden Fall gleich mal „ein Millionengrab“ bzw. ein Investvolumen von leicht 800.000,- bis 1.000.000,- €, bezogen auf den Ankaufspreis, die Nebenkosten und die erforderlichen Investitionskosten für sämtliche Gebäudeteile, einschl. eines Abrisses von Altgebäuden und dem bestandssichernden Neu- bzw. Wiederaufbau planungsrechtlich zulässiger Grundstücksausnutzungen, der Baulandreserve.
  8. Dies alles zusammengenommen ergibt sich die Frage der wirtschaftlichen Wiederverwertung und ergo die Frage: Gäbe es unter Notgesichtspunkten im Falle eines notwendigen Abverkaufs Käufer, die bereit wären, für ein solches Objekt einen „notwendigen“ Verkaufspreis zu zahlen, der mindestens kostendeckend sein muss? Insofern große Zweifel, dass dieses künftig erzielbar ist.
Bauschadensbericht: Durchgefaulte Stockwerksdecke mit weißem Hausschwamm

Bauschadensbericht: Durchgefaulte Stockwerksdecke mit weißem Hausschwamm

Und jeder hat es ja gehört angesichts der Lehmann-Brothers-Pleite:

Wer haftet schon dafür? Na, der Käufer. Fazit: You are always „The Gelackmeierte“, wenn du dich nicht gründlich um die Prüfung einer Ankaufsentscheidung kümmerst. Due Diligence ist Intelligenz, man kann dafür Leute beauftragen, denn die eigene Ankaufsentscheidung ist oft von Emotionen begleitet. Der Weg der Sachlichkeit ist das Ziel und das „was wäre wenn?“. Im hier dargestellten Überprüfungsfall ergibt die Due Diligence ein kurzes, sowjetisches NJET. Wer es nicht versteht, googlele…..

Weblotse

 (EP)

2 Gedanken zu „1382/11: Due Diligence: Was man vor dem Ankauf eines Mehrfamilienhauses besser beachten sollte! #Tipps & Tricks

  1. Das ist ja wirklich erschütternd. Ich hab ja auch schon gelesen, dass wenn „du ein Haus kaufen möchtest oder auch eine Eigentumswohnung oder auch selbst bauen, erwirbst du damit auch gleichzeitig verschiedene Verpflichtungen (…) Auch ist es mit der Bezahlung des Kaufpreises nicht getan“ (Quelle). Aber das was ich hier gesehen habe, schlägt ja dem Fass den Boden aus. Würdet ihr empfehlen eine andere Geldanlage zu wählen? Danke im voraus

    • Nein. Nur eine Immobilie, die zum Kaufinteressenten passt. Und ihn weder über- noch unterfordert. Der Sinn meines Beitrags war aufzuzeigen, wie fundamental sich durch sorgsame Tiefenrecherche eine Herzensentscheidung in eine Vernunftentscheidung umwandeln kann. Weil wir uns mit sowas beruflich befassen, wollte ich mal aus dem Nähkästchen was plaudern. Vielleicht ist es sogar aufklärerisch. Hab es gern berichtet.

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