SPAM: Die Kernfrage ist doch, ob Gibraltar schon bald in Bedeutungslosigkeit versinkt?

SPAM

Was waren das noch für Zeiten? Der Beatle John Lennon heiratete im März 1969 sein geliebte Yoko Ono auf Gibraltar. Die James-Bond-Geschichte Ein Hauch des Todes wurde in Gibraltar abgedreht. Der (neue) James Bond-Darsteller Timothy Dalton war sich nicht zu schade, als herrlicher Mann vom Himmel zu regnen und bei einer schicken Brünetten auf das Segeltuchdach ihres Bootes punktzulanden. Sie beeilt sich noch, ihrem Gesprächspartner am Telefon zuzuflüstern, jetzt habe es aufregende Männer geregnet. Zeiten waren das. Gibraltar war -jedenfalls unserer Erinnerung nach- immer etwas Besonderes.

Und nun das. Ein Fax trifft ein. Die Absenderkennung funktioniert, im Unterschied zu anderen vergleichbaren Faxen erweckt hier jemand den Anschein eines ganz gewöhnlichen Vorgangs. Es geht um „wunderschöne Kunstpflanzen mit Naturstämmen“. Ein Bambus Baum, 1,50 m hoch, statt für 199,- EUR nur 69,- EUR. Ein Ficus statt für 399,- EUR nur für 119,- EUR (bei Größe von 2,40 m). Es sind ganz erstaunliche Angebote, die von der Faxnummer 0031 848 385317 an uns gefaxt werden. Die Vorwahl 0031? Richtig: Das Fax kommt aus den Niederlanden.  Das Fax kannst Du hier einmal lesen. Wer es im Original, in Farbe, sehen will, der sollte sich im Unterschied das pdf ansehen, das hier erreichbar ist. Die schwarz-weiß-Version (als Fax) hat allerdings zusätzlich „fair klingende Nutzungsregeln“ und Zusätze.

Der Betreiber dieser ungewollten Beglückung hat eine Website, die hier erreichbar ist. Doch vor dem Ansehen bitte weiter lesen.

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Auf jeden Fall möge man ein Rückfax schicken, wenn man keine weitere Info wünscht. Dies Verfahren bedeutet die Umkehr vom Zulässigen, indem man jemand Werbung per Fax zuschickt, den man „sozial ausgespäht“ hat, und den man veranlasst, weitere Belästigungen nur gegen kostenpflichtiges Rückfaxen abzubestellen. Ist denn zu erwarten, dass eine derartige Bitte auch beachtet wird? Wir haben große Zweifel. Im Übrigen wundern wir uns über die Erforderlichkeit, im Ausland (und eventuell bei besonderen kostenpflichtigen Telefonlinien in Holland) abbestellen zu müssen. Soll das doch mal die Kriminalpolizei klären, ob das eine ganz gewöhnliche Faxnummer ist? Man hört ja so Sachen.

Natürlich kann man auch bei sperren@text…..biz (bitte nicht benutzen) weitere Werbesendungen abbestellen, wird gesagt. Noch überraschender aber ist der Besuch der obigen Website. Denn dort wird ein anderes Verfahren für erforderlich gehalten, um sich in Kontakt zu setzen. Einmal wird dort die Faxnummer 0044-700-5800289 genannt. Vorwahl 0044? Richtig: Großbritannien/Irland. Doch vermutlich bin ich hier dann direkt auf einem Affenfelsen der unter britischer Verantwortung stehenden Enklave Gibraltar gelandet. Denn die weiteren Recherchen ergeben, dass die Website in Gibraltar registriert ist. Äußerst kleingedruckt wird als Kontakt die Emailadresse post (@) sportgames.biz angegeben, auch die zu benutzen, empfiehlt sich nach meinem Eindruck eher nicht.

Die Website textilpflanzen.biz ist zugelassen auf:
Registrant Name: Thomas Buhl
Registrant Organization: Trade and Ex Enterprise Ltd.
Registrant Street1: 2a Main Street
Registrant Street2: Suite 4
Registrant Street3: 10th Floor
Registrant City: Gibraltar
Registrant State/Province: Gib
Registrant Postal Code: 11111
Registrant Country: GI
Registrant Phone: +34.686283999

Die Website sportgames.biz ist zugelassen auf:
Registrant Name: Thomas Buhl
Registrant Organization: Trade and Ex Enterprise Ltd.
Registrant Street1: 2a Main Street
Registrant Street2: Suite 4
Registrant Street3: 10th Floor
Registrant City: Gibraltar
Registrant State/Province: Gib
Registrant Postal Code: 11111
Registrant Country: GI
Registrant Phone: +34.686283999

Ich bin jetzt über ein holländisches Fax direkt bis nach Gibraltar eingereist. Auf der Website sportgames.biz kann man alles Mögliche erwerben. Die dort abgebildete Referenzliste liest sich wie ein Who is Who der Weltwirtschaft und kann direkt neben die weitere Referenzliste der Website textilpflanzen.biz gelegt werden, sie ist inhaltsgleich:

The Rock Hotel Gibraltar
The Bristol Gibraltar
The Hilton London UK
Mövenpick Hotels und Restaurants
The Eliott Hotel Gibraltar
Sportstadion Barcelona
Städtische Bäder Insbruck
DEA
Bank of America
Microsoft Deutschland
Autobahn-Raststätten Verband Deutschland
Opernhaus Berlin
Flughafen Madrid
Flughafen Ibiza
Flughafen Mallorca
Accorhotels Portugal
Hauptbahnhof Basel Schweiz
Palace Hotel Portugal
Grand Hotel Nizza
Hotel de Paris, Monaco
Citypassage Monaco
Thermalbad Bern
Sheraton The Luxury Collection Bangkok, Thailand
The Raffles, Singapur
The Raffles City-Placa, Singapur
Hotel Sukothai, Bangkok
International Airport Amsterdam
Flughafen Charles de Gaule, Paris
Holiday Inn Crowne Plaza, Köln
Holiday Inn Crowne Plaza, Hamburg
Riu Hotels, Spanien

Gestern hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass zur besseren Kontrolle Staatsmonopole auf Sportwetten (wie in Portugal gesetzlich geregelt) zulässig sind. Da wir es hier nun mit sportgames und textilpflanzen in Verbindung mit Gibraltar zu tun haben, überlege ich noch, ob ich lieber eine Riesenpalme für 199,- EUR (statt für 799,- EUR! beachte den Unterschied) erwerbe, oder beispielsweise eine Seifenblasenmaschine „big bubbles„. Die sei ideal geeignet, u.a. für eine Chillout-Zone, die ich sogleich an meinem Arbeitsplatz zu errichten gedenke. Für die Kunden der Hausverwaltung täte es auch eine kostenlos benutzbare Schuhputz-Anlage.

Ich bin fasziniert und meine Finger fangen schon an zittern. Irgendwie kommt mir aber der Gedanke, dass ich die aufgezählten Referenzen lieber nicht schriftlich per Email befrage, ob sie die Geschäftsverbindung für gut und zuverlässig erachten. Ich frage lieber gleich „google“ und werde auch fündig. Gleich der erste Eintrag verweist auf das antispam-Forum und dort wird gesagt, die Bundesnetzagentur berichtet über eine freiwillige Sperrung einer Rufnummer. Die Mitglieder dieses Forums machen sich darüber Gedanken, ob der Ort Illmenau (Spreewald) zu Gibraltar gehört? Das ist, wie ich weiß, nicht der Fall. Kenntnisreich liest sich auch diese Beschreibung, oder sagen wir gut recherchiert.

Wir wollen die Geschichte nicht länger machen, als sie es wert ist. Für uns steht nun fest, dass ein kleines Fax unsere ganze Welt vollkommen auf den Kopf stellen kann. Dass uns paneuropäische Kenntnisse erwachsen, wachsen wie richtige und nicht Kunst-Pflanzen. Manche sagen, es bringt gar nichts, so was anzuzeigen, die Justiz ist damit völlig überfordert. Das wissen wir nicht. Aber wir können es ja mal probieren.

Fakt ist folgendes: Wir haben niemals ein derartiges Fax bestellt, und das wir uns heute darüber ausufernd ärgern, ist daher unser gutes Recht. Gib SPAM keine Chance. Früher hatte Gibraltar noch Charme, heute muss es aufpassen, nicht in die Bedeutungslosigkeit zu versinken, angesichts einer merkwürdigen, rechtsfreien Anhäufung von Spam-Servern, die dort registriert werden können. Die Blogger von heute sind die Verbraucherschützer von morgen und Dummheit war gestern. Mit dem Mittel der gezielten Information werden sich die Jagdgründe von Menschen, die andere für dumm verkaufen werden,  immer kleiner gestalten. Es wird Rückzugsgebiete, Reservate für Spammer, einstmals geben.

2 Gedanken zu „SPAM: Die Kernfrage ist doch, ob Gibraltar schon bald in Bedeutungslosigkeit versinkt?

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