„Alt ist ein Mensch nicht, wenn es an seinem Körper zu zwicken beginnt, nicht, wenn das Treppensteigen schwerer fällt, nicht, wenn die Augen nicht mehr so recht wollen, nicht, wenn sein Haar ergraut. Alt ist ein Mensch, wenn er aufhört zu staunen oder es überhaupt nie gelernt hat, wenn also seine Phantasie ergraut.“ (Sir Peter Ustinov)
Alt ist ein Mensch aber doch, wenn er beispielsweise Geiselnahmen durchführt und Anlageberater ihrer Freiheit beraubt (gestern hier). Nicht wenige haben sich dieses Jahr etwas auf die Agenda geschrieben, das abzuwickeln sogar einen gewissen Spaß-Faktor zeitigen sollte, sofern es die persönlichen Lebensumstände zulassen: der Jahrgang 1960 wird dieses Jahr ‚fuffzich‘. Wo stehen die ‚richtigen Fuffziger‘ (berolinisch das Gegenteil von den falschen…) heute?
Ganz im Mittelalter, so meint Jürgen aus Spandau. Jürgen plant die Inhaftierung etlicher Leidensgenossen Weggefährten Anfang September ZwanzigZehn in der Zitadelle Spandau, einem mittelalterlichen Burgwall als Festung erbaut im 16. Jahrhundert. Der Grund: er möchte 100 Jahre alt werden, „Alt wie ein Baum“ (Puhdys)
Puhdys, Alt wie ein Baum – 1976 und 1984 (via Youtube)
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„Uns erwartet unser eigenes kleines Burgfest mit allem, was dazu gehört. Gaukler, Ritterkampf, Spielbuden, Musikanten und natürlich die passende Verpflegung („Burgfräuleins Buffet“)“ stehen für die Erschienenen bereit. Der Gedanke an diese Art von Haftverschärfung hat nichts Erschreckendes.
Für die einen ist es reizvoll, den Altersruhesitz unverändert in Berlin zu belassen. Der struwelpeterartig frisierte Puhdys-Bassist Harry Jeske hat es vorgezogen, die späten Jahre auf den Philippinen zu verbringen und lebt schon seit längerem dort. Ob später mit Heimweh, werden wir noch sehen. Der ‚Spandauer Jung‘ Jürgen hat seine Roots eigentlich in Tiergarten und sagt: „Ich ernähre mich gesund, bewege mich viel an der frischen Luft und treibe Sport. Ich gehe in die Sauna, regelmäßig zum Doktor, rauche Zigarillos und trinke Weizenbier.“ Aussichten auf ein 100-jähriges Leben? Jopi Heesters wird dann vermutlich schon von uns gegangen sein, wenngleich wer weiß? Bis dahin sind es noch geschätzte fuffzig Lenze (berolinisch für 50 Jahre).
Visionen
Alles in allem ist „fuffzich“ zwar nicht in jedermanns Leben ‚Mittelalter‘, sondern schon deutlich drüber, aber wünschen darf sich bekanntlich ein jeder ein langes Leben. Das ist bejahend, zukunftsträchtig und ist keine Vision, von der Alt-Kandesbunzler (ottisch für Bundeschancelohr) Helmut Schmidt Behandlungsbedürftigkeit annimmt. Für die einen stellt betreutes Wohnen im Alter eine gute Vision der eigenen Zukunft dar, für andere ist die Vorstellung ein Graus. Jürgen, soviel steht fest, wird 100 Jahre alt werden und Babsi wird zum selben Zeitpunkt 101 sein. Und im Weg am Spandauer Ufer, dort, wo das Wasser bis ans Grundstück heran ragt, juckeln zwei graue Stare auf einem solarbetriebenen Freizeitboot über die freigeschleppte Fahrrinne im Eiswasser der Spandauer Havel, wir schreiben das Jahr 2060. Im Weg, der direkt am Ufer entlang verläuft, sind viele der anderen, weiteren Nachbarn inzwischen 125 Jahre alt bzw. noch älter. Hätte die Humanmedizin nicht 2025 diesen entscheidenden Durchbruch gehabt, wer weiß, wie alles gekommen wäre?
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Robbie Williams hatte vor ein paar Jahren (2001) diese Art von glücklichem Händchen und vorgerückter Altersmilde. Er duellierte sich gesanglich mit dem großartigen Frank Sinatra und schuf im Zusammenhang mit einem Konzert namens Swing when You´re winning das bereits vorhandene Epos ‚It was a very good year‚, indem er seinen Gesang mit dem von Sinatra verschmolz. Rückschauend betrachtet war das Jahr, in dem Robbie Williams diese Idee hatte, auch aus heutiger Sicht ‚a very good year‘. Wir stellen den Song im Original, gesungen allein von Frankieboy Sinatra in diesen Kontext. Es passt ins Thema und wird daher Jürgen gewidmet.
Frank Sinatra – It was a very good year (via Youtube)
(Danke, Jürgen)
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Weiterführender Link
- Hintergrund: Das Methusalem-Kompott
- Abgrund: Pershing-Raketen in Wilmersdorfer Mieterkeller
- Das Methusalem-Kompott (auf gotthal.de)
- Soziostudiosisch: Wie man wohnt (auf gotthal.de)
- Filosofisch: Der Fortschritt ist eine Schnecke
- Anderer Lebensentwurf: Die mumifizierte Leiche im Keller des Hauses