(Neue) Serie: Nachbarn, Nachbarn – Geschichten aus dem Alltag

Nachbarn, Nachbarn - Geschichten aus dem Alltag

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Eine enge Straße ist die Elmshorner Str. in Berlin-Zehlendorf. Dort holen wir die Tochter ab. Sie hat bei ihrer Freundin übernachtet. Es war toll, die Sonne scheint. Das Fahrrad laden wir hinten in das Auto, denn wir wollen noch anderswo hin. Der Vater der Freundin ist Hobbyimker. Die Gegend ist von Ein- bis Zweifamilienhäusern  durchsetzt, Grundstück reiht sich an Grundstück. Hobbyimker? Richtig: Die Bienen fliegen fleißig ein und aus, es wimmelt. Ob man denn da nicht Ärger mit Nachbarn bekomme? Immer dieses Gewimmel. Setz dich mal mit einem Stück Kirschtorte in den Garten. Kein Problem, sagt die Tochter, die Viecher haben eine andere Ausflugschneise, ihre Flugrichtung geht nicht gen hinter dem Haus gelegenen Garten, sondern zur Straße hin. Dort lang ist ein gedachter „highway to hell“, wobei Bienen nichts tun, sie gelten als friedliebende Insekten, die ihren Stachel für die notwendige, letzte lebensrettende Abwehraktion aufsparen. Die Nachbarn, sagt sie, haben kein Problem, es sind alles nette. Gibt es auch, so was.

Wir fahren los in Fahrrichtung. Die Elmshorner Str. ist eine Sackgasse, an ihrem Ende ist ein Wendekreis. Der ist weiter hinten. So weit wollen wir nicht fahren, um zu wenden. Wir suchen uns eine Auffahrt zu einem Grundstück aus, dort schlagen wir nach links ein, um eine Dreipunktwendung zu machen. Alles ist ziemlich eng. Vor dem Haus steht eine alte Frau, sicher über siebzig, mit Kittelschürze und irgendwelchem Gartengerät, langstielig. Sie schaut grimmig, als sie uns sieht. Ich schlage ein und suche den ersten von drei Wendemarken. Die alte Frau bewegt sich -immer wo anders hinschauend- demonstrativ Richtung ihrer Auffahrt. Sie will sich offenbar in den Weg stellen, verhindern, dass wir Punkt eins von dreien ansteuern können. Es gelingt ihr nur schwer, ich bin inzwischen sehr nahe an ihr dran, nun schaut sie hoch und bläkt: ‚Da hinten ist der Wendekreis.‘ Sie meint wohl, wir haben kein Recht, auf die Grundstücksauffahrt, die über den Bürgersteig angeordnet ist, zu fahren. Ist es ihr alleiniges Wegerecht? Ich setze mit dem großen Auto zurück, Richtung Punkt zwei. Sie schimpft und brubbelt irgendwas Ungehöriges. Wir lassen diese bemerkenswerte „grande dame“ zurück mit ihrem Frust und fahren davon.

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Später erfahre ich, sie sei die Hexe der Straße. Jeder hat Probleme mit ihr. Sie ist auch zu den Eltern der Übernachtungsfreundin unserer Tochter gegangen und hat behauptet, deren Tochter sieht hässlich aus. Warum sie das sagt, ob sie dazu einen Auftrag hat, von wem auch immer, ist nicht bekannt. Wir ziehen ein Fazit: Es gibt tatsächlich vollkommen bekloppte Nachbarn, und wenn du Pech hast, lebt einer direkt neben dir. Aus einem Gesichtsfeld wie dem eines Haus- und Grundstücksverwalters fast ein berechtigter Grund für vollkommen weitgehende Pläne: Miete mindern (als Mieter) wegen ständiger „seelischer Quälerei“, Haus verkaufen mit ziemlich großen Abschlag vom sachlich errechneten Verkehrswert, Hinweis- und Aufklärungspflicht des Verkäufers (das Maklerexposé weist neben wortreichen Schwachsinn über die hervorragende, verkehrsgünstige Lage auch den Satz aus: ‚Der Kaufpreis wurde im Hinblick auf die Nachbarin mit einem Abschlag von 15% ermittelt.‘) Richtig ist aber: solch einen Satz haben wir nirgendwo einmal gelesen. Es ist offenbar kein Kriterium bei der Kaufpreisfindung. Jedenfalls wohnen wir da nicht, was wiederum nicht bedeutet, dass Berlin im Übrigen frei wäre von weiteren, tolldreisten Nachbar-Geschichten. Doch das ist hier und heute nicht das Thema. Sondern ein andermal.

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Der Report: Nachbarn, Nachbarn (Geschichten aus dem Alltag) ist hier nachlesbar.

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