1563/12: Datenschutz: Das Phantom des Vermieters aus Trier

Als Vermieter kann man sich was rausnehmen, finden wir heraus. Als Vermieter kann man einerseits den Außenkontakt zur Welt komplett verweigern und auf das Schriftsätzliche beschränken. Gleichzeitig kann man „Daten schleudern“, um seinen eigenen Interessen auf Vermietung von Wohnraum förderlich nachzukommen. Auf die Idee, seine eigene Person in den Mittelpunkt der Vermietungstätigkeit zu stellen, ist dieser Beispielvermieter allerdings nicht gekommen. Er lanciert solche Kontakte bei Bedarf auch über Mittelsmänner, genannt Vertrauensmann.

Die nachfolgende Geschichte ist komplett fiktiv, vermuten wir.

Es geht um Dr. Claus Schmiz aus Trier, dem in Berlin-Kreuzberg ein Haus in der Blümchengasse (* geändert) 16 (nicht geändert) gehört.  Die Architektin und Wohnungseigentümerin Corinna Spaß (* Name geändert) wohnt im Nachbarhaus ganz oben „unterm Dachjuché“ und meldet folgendes an die Verwalterin, das sind wir:

screenshot Sichere Datenzerstörung

screenshot Sichere Datenzerstörung

„es kommt immer häufiger vor, dass auf dem Pappdach der Blümchengasse 16 in großer Gruppe gegrillt wird. Neben der gefährlichen Aktion an sich (das Dach hat keinerlei Absturzsicherung) ist der Umgang mit offenem Feuer auf einem Dach auch für uns Nachbarn ggf. gefährlich. Könntest Du mir den Namen und Kontakt des Nachbareigentümers nennen, damit ich dort einmal vorsprechen kann?

Ja, genau, das kann ich. Ich bin gut organisiert.

Was ich noch nicht genau weiß: Es gibt Menschen, die sind besser als ich organisiert. Wo fängt gute Organisation an? Und wo hört sie auf? Was ist die Strategie hinter all dem?

Die Nachbarschaftskarte des von uns verwalteten Hauses kommt zum Einsatz. 2010 ist dort der letzte Kontakt vermerkt: Die Complete-Hausverwaltung vertritt Herrn Dr. Claus Schmiz aus Trier ist verzeichnet. Die Hausverwaltung ist telefonisch „derzeit gerade nicht erreichbar“, meldet mir der Anrufbeantworter. Ich ruf die Kollegin auf ihrer Handynummer an, da ist auch eine Mailbox. Ich schildere das Anliegen, druckreif. Sprechreif? Jedenfalls „Nachrichten alike“. Egal. Sie ruft kurze Zeit später zurück, irgendwo unterwegs ist sie. Sie ist nett. Eine nette, bemühte Kollegin.

Der digitale Detektiv

Ja, nein, das Haus Blümchengasse 16, das verwalte sie gar nicht. Das habe sie eigentlich nie verwaltet. Sie habe nur diese eine Aktion da damals mit uns gemacht. Als es um das Bearbeiten von Fundamentundichtigkeiten und die Frage ging, ob wir als Nachbar Zutritt zu ihrem Fundament auf unserer Grundstücksseite …..ja ja, das olle Nachbarrecht. Das hat sie vertreten. Sie musste unterschreiben, dass sie „nicht einmal die Telefaxnummer“ des Herrn Dr. aus Trier rausgeben dürfe.

Okay, okay, ein ganz verschwiegener Haudegen, dieser Herr Dr. Schmiz aus Trier, denke ich. Ich werde Tante Gugel fragen (* alte deutsche IT-Redensart). Nur komme ich nicht weiter, es tauchen erste Ungereimtheiten auf. Der Mann heißt Schmiz, wirklich? Oder Schmitz, ein Schreibfehler? Viel, viel später klärt sich auf, er heißt wirklich Schmiz.

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Dirk Zöllner und Andre Gensicke – Käfer auf´m Blatt (via Youtube)

’n Käfer auf ‚m Blatt, was ist das schon?
Das Blatt haut man ab
den Käfer latscht man platt
’n Käfer auf ‚m Blatt, was ist das schon?
’n Blick in ’ner Stadt, was ist das schon?
Die Stadt ist so satt
und den Blick streift man schnell ab
’n Blick in ’ner Stadt, was ist das schon?

aus: Käfer auf´m Blatt – Komposition: Dirk Zöllner – Text: Peter Markgraf

Ein Architekt, den ich von früher kenne und der dort sein Büro im Erdgeschoß hatte, aber nicht mehr hat, ist schneller gegugelt. Den finde ich. Bzw. seinen Kollegen, dessen Name mir gar nichts sagt, seiner ist der „Name der Rose“ für mich, zarte Knospe, die ich vorsichtig umfange mit Nachbarschaftslyrik. Von den guten, alten Zeiten und das früher alles auch nicht so schlecht war. Vorsichtig komme ich zum Pfirsichkern meines Anliegens und ja, da schaut er mal. Er findet noch Briefe von seinem alten Vermieter aus Blümchengasse in Berlin, die der ihm aus Trier geschrieben hat. Nun haben wir die richtige postalische Adresse rausgegugelt. Aber keine Telefonnummer, keine Faxnummer. Der Mann verweigert diese Daten auch seinen Mietern.

Wenn ich allerdings die Suchanfrage nach all diesen Recherchen richtig starte, dann gibt es jetzt eindeutige Suchergebnisse und die fasse ich wie folgt zusammen:

  • Der Mann existiert telekommunikationstechnisch nicht.
  • Dass er Wohnungen anzubieten hat als Vermieter, freut uns für ihn.
  • Dass er ein sensibles Datenschutzinteresse hat, z.B. damit man ihn nicht behelligt, ist okay und verständlich.
  • Umso mehr müsste man doch hoffen, dass ein solcher Vermieter für so sensible Fragen sensibilisiert ist.

Die Suchergebnisse sprechen allerdings eine deutliche Sprache: Der Datenschutz seiner Mieter einschließlich derer Telefonnummern ist dem Herrn Vermieter vollkommen egal. Mal sehen, wie lange man diese Suchlinks hier unten noch „rausgugeln“ kann. Unfair. Einseitig und egoistisch. Der Mieter? Der Nachbar, der Kollege? N´Käfer auf´m Blatt, was ist das schon? Das Blatt haut man ab, den Käfer latscht man platt. Das war´s.

Schön, so ein selbstbestimmtes Leben nach ganz eigenen Spielregeln. Nicht für uns, die Anderen. Wir empfinden das ein klitzeklein wenig als „Uferlos“. Apropos: So heißt auch die neue CD der Berliner Ausnahmemusiker „Die Zöllner“ um das obige Dreamteam guter Musik Dirk Zöllner und André Gensicke. Atemberaubend ist das neue Album „Uferlos“. Atemberaubend auch das Verhalten mancher Vermieter.

Weblotse

 (EP)

Ein Gedanke zu „1563/12: Datenschutz: Das Phantom des Vermieters aus Trier

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