Die Ladung zum Antritt der Ordnungshaft in der Justizvollzugsanstalt Plötzensee ist da! Haftantritt!

RechtlichesDer Schuldner hat nun seit längerem kein Wohngeld mehr gezahlt, befindet sich in der Privatinsolvenz und neuere Vollstreckungsversuche fielen fruchtlos aus. Die Wohnungseigentümergemeinschaft in Kreuzberg beschloss, den Schuldner auszufrieren. Hiernach habe der Schuldner zu dulden, dass er von den Versorgungsleitungen für Wasser und Heizung abgetrennt wird, folglich keine neuen, verbrauchsabhängigen Betriebskosten mehr in dem von ihm bewohnten Wohnungseigentum im vierten Obergeschoß verbrauchen dürfe.

Der Schuldner hält sich für gewitzt. Ein Angebot seitens der Verwalterin schlägt er in den Wind: Sie bittet den Schuldner, zur Vermeidung dieser drastischen Maßnahme, einen wenigstens anteiligen, gehörigen Betrag zum Zeichen seines guten Willens an die WEG zu überweisen. Die WEG hört nichts, der Schuldner zahlt auch nicht. Den mehrmaligen Versuch, sich Zutritt zu den Räumlichkeiten mit Hilfe von Handwerkern zu bewerkstelligen, konterkariert er mit Zutrittsverweigerung. Die WEG-Verwalterin klagt sich daher einen amtsgerichtlichen Beschluss ein. Antragsgemäß wird der Schuldner verurteilt. gesichtspunkte.de hatte hier darüber bereits berichtet. Die Sache nimmt ihren Fortgang im Bereich der Justizverwaltung selbst. Anders als in anderen zivilrechtlichen Dingen sind hier Justizstellen selbst zuständig. Und das dauert, von wegen mühlenartiger Betätigung derselben.

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Nulltoleranz bei Bedarf - keine Kompromisse

Nulltoleranz bei Bedarf - keine Kompromisse

Was das Amtsgericht beschlossen hat, liest sich schlank und verständlich. Der Schuldner werde verpflichtet, einer vom Verwalter benannten Handwerksfirma den Zutritt zu gewähren, um die Abnabelung technisch durchführen zu lassen. Weigere er sich weiter, so habe er ein Ordnungsgeld von zunächst 1.000,- EUR zu bezahlen, zu entrichten an die Justizkasse. Könne dieses nicht beigetrieben werden, drohe Ersatzhaft. Ganz einfach.

Wieder hält sich der Schuldner für gewitzt, nachdem er den Zutritt erneut mehrfach verweigerte. Das Ordnungsgeld von 1.000,- EUR wird nun antragsgemäß gegen ihn festgesetzt. Bei einem Vollstreckungs-Eigenversuch der Justizbehörden, die das Geld für den Staat einzunehmen haben, fällt auch wieder eine gewitzte Argumentation des Schuldners auf fruchtbaren Boden. Der wird auch mit der WEG-Verwalterin bzw. dem beauftragten Rechtsanwalt gar nicht erst kommuniziert. Er wendet hiergegen ein, die Zahlung sei ihm nicht möglich, und insoweit sei im Übrigen ein gesetzliches Insolvenzverfahren maßgeblich. Erst auf mehrfaches Nachfragen durch die Rechtanwälte entsteht nun Korrespondenz, wonach der Schuldner dieses ins Feld geführt habe. Die Sache ruhe daher bearbeitungsmäßig. Der beauftragte Rechtanwalt wendet sich nun beschwerdeführend an die Justizverwaltung und moniert, dass die Festsetzung eines Zwangsgeldes wegen Zutritts zur Vornahme einer Absperrung nicht zu denjenigen persönlichen Schuldgegenständen gehöre, die ein Insolvenzverfahren automatisch mit umfasse. Das findet nach kurzer Überzeugungsarbeit durch den Rechtsanwalt die Justizverwaltung jetzt auch. Die Sache geht weiter. Die Gerichtsvollzieherin wird erneut tätig. Sie teilt nun mit, dass der Schuldner am 08.07.09 (* Datum geändert) eine Eidesstattliche Versicherung abgegeben habe. Er verfüge über kein Vermögen und habe auch kein Konto, in welches gepfändet werden könne. Somit bliebe zur weiteren Vollstreckung des Ordnungsgeldes nur die Ladung zum Antritt der Ordnungshaft, welche nunmehr veranlasst werden würde.

Handschellen

Handschellen

Dem Schreiben des Gerichts ist das Formschreiben ‚Ladung zum Antritt der Ordnungshaft‘ abschriftlich beigefügt. Der Schuldner wird darin aufgefordert, die durch Beschluss des Amtsgerichts gegen ihn festgesetzte Ordnungshaft von 10 Tagen innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt dieser Ladung in der Justizvollzugsanstalt Plötzensee, 13627 Berlin, anzutreten. Die Aufnahme findet nur an Werktagen (außer sonnabends) und zwar in der Zeit von 8 bis 14 Uhr, an Werktagen, die einem Feiertag vorausgehen, in der Zeit von 8 bis 10:30 Uhr statt. Im Falle des Ausbleibens werden Zwangsmaßnahmen ergriffen werden. Die Ratenzahlung (des Ordnungsgeldes) ist wegen Nichteinhaltung verwirkt.

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Derart drakonische Maßnahmen sind nicht alltäglich und sicherlich kein Routinegeschäft. Die WEG-Verwalterin fragt sich, was wohl in den Schuldner gefahren ist, sich so bockbeinig zu verhalten und sogar einen Klick von Handschellen, vollstreckt durch Polizeibeamte zu riskieren? Das ist hanebüchen, eine Art Ausnahmezustand. Ob der Schuldner nun noch einen guten Freund bitten kann, die 1.000,- EUR plus 21,50 EUR weitere Vollstreckungskosten zu übernehmen? Doch jetzt muss es schnell gehen, denn die Justizverwaltung hat den Handlungsbedarf an der Angelegenheit amtlich anerkannt und leistet sichere, zielstrebige Arbeit. Verhaftet wird allerdings nicht jeden Tag, die Aufnahmebedingungen einer Justizvollzugsanstalt sind strikt zu beachten, siehe obige Antrittshinweise für voraussichtliche Sträflinge. Kein schöner Land zu dieser Zeit, jedenfalls für einige.

Weiterführende Links

Informationsseite zur Justizvollzugsanstalt Plötzensee (Lesetipp für voraussichtliche Häftlinge)

Wikipedia, Informationen über die JVA Plötzensee

Offizielle JVA-Homepage (Recherche am 10.08.09: Screenshot ist unten angefügt, der Zutritt zur Homepage ist ‚forbidden‘, das dachten wir uns schon)

Screenshot vom 10.08.09 - Homepage jva-ploetzensee.de

Screenshot vom 10.08.09 - Homepage jva-ploetzensee.de