3268/22 #Review – Von der Wannseekonferenz #ZDFmediathek

Max Liebermann - Ich kann gar nicht so viel fressen, wie ich kotzen möchte!

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Der Schrecken hat längst einen großen Namen, das weiß man ja. Es ist zweifelsohne Deutschlands dunkelste Dauernacht, die in jenen Jahren 1933 bis zum Mai 1945 wütete. Dann kam der Bolschewik und machte eine vermutlich gerechtere Nachkriegsordnung bereit, im Potsdamer Zusammmenwirken mit England, Frankreich und den Vereinigten Emiraten von Amerika. Diese enthielt rückblickend betrachtet Besserungs- und Demutzeiten für den Großkotz Deutschland und ging dann in ein wiedervereinigtes, besseres Deutschland über.

Nur dass jetzt schimmlige Sporen drüber wachsen, mittlerweile, das macht einem Sorge. Wenn Menschen heute blaue Fahnen wählen, eine fragwürdige „Alternative“, die ewiggestriges, beängstigendes Gedankengut abbildet, als wären wir nicht längst schlauer, gebildeter, gewiefter. Jede neue Generation sagt ja immer, früher war eben nichts besser, erst jetzt ist alles gut wie es ist. Und das ist neu: der beißende Konservatismus, die Rückwärtsgewandtheit, der Hass gegenüber Anderen, ein Glauben an Sonderrechte bestimmter (eigener) Ethnien, gedacht von „Stupid White Men“ – Man denkt, wenn man nachdenklich ist, in Deutschland 2022: So issus, Missus. So wenig aus der Vergangenheit gelernt haben wir doch noch nie. Man denkt so: Zuweilen.

In diese Zeit JETZT fallen ambitionierte Geschichtenerzähler, die nicht aufhören Geschichten von früher zu erzählen. Es ist gut so. Noch lang nicht gut genug, es reicht nicht, es müsste mehr erzählt werden. Wir haben die DDR-Geschichte verdrängt, Jüngere wissen nichts davon. Den Nationalsozialismus verdrängt. Heute darf jeder relativieren, weiß es eben nicht besser. JETZT Protestmärsche und es Spaziergänge bezeichnen. Heften sich welche gelbe Sterne an die Kleidung, schreiben „Ungeimpft“ drauf. Jana aus Kassel wird berühmt, weil sie sich fühlt wie Sophie Scholl, früher. Dumme, dumme Jana. Was für ein Sprachdurchfall doch herrscht. Anfang 1942 war Deutschland in Berlin am Großen Wannsee staubtrocken und zielorientiert. Adolf Eichmann erhielt Rückendeckung und Aktualisierung seiner Marschbefehle. Bereits erfolgreich umgesetzte Befehle und Aktionen dienten bereits als Unterfütterung künftiger Großvorhaben, die den Judenmord effektiver vorantreiben. Zuverlässig, gesamtdenkend, auf Erledigung bedacht: 11 Millionen Menschen eine Zielmarke. Dazu gibt es Cognac für die Sitzungsteilnehmer und ein Büfett.

Max Liebermann - Ich kann gar nicht so viel fressen, wie ich kotzen möchte!

Heinrich Himmler und Adolf Hitler ließen im ersten Quartal 1939 ansehnlich konkret Gesamtvernichtungspläne durchblicken, wie Reichstagsreden AH filmisch belegen. Sehr viel früher hatte Hermann Göring die Nürnberger Rassegesetze verlesen, hanebüchenen Unsinn, menschliche Verachtung der Juden, rassetechnisches Schwachmatentum von Viertel-, Halb- und Volljuden, Herkunftsjuden, und deutschem Quark vom Misthaufen ehrgeiziger Gesamtvernichtungspläne.

Auf der Wannseekonferenz machen sich Regierungsbeamte und Bürokraten Gedanken, wie man gesundes Volksempfinden umschifft. Wie man die Berliner Bevölkerung nicht verunsichert, Teile der Vollzugsmaßnahmen wie der Abtransport von 1.000 Juden vom Bahnhof Berlin-Grunewald, hätten Teile der Berliner Bevölkerung verunsichert. Mit Aktion T4 lagen umfassende wertvolle Erkenntnisse vor. Dass man lebensunwertes Leben effizient vernichtet, war bereits gang und gäbe. Zum Kotzen.

In dieser Zeit hat Reinhard Heydrich in Deutschland den Hut auf und regierte von Prag über die gesamte deutsche Einflusssphäre. Wie auch immer man sich Heydrich vorstellt, ist viel von Fotos jener Zeit beeinflusst und weniger von filmischen Dokumenten. Das spielt uns einen Streich.

Philipp Hochmair spielt den Heydrich nett, zugewandt und teils liebenswürdig. Man erwartet aber einen käsig, fistelstimmenbewehrten Groben, einen Fiesian. Heydrich sei sehr gebildet und musisch kulturell gewesen. Bis auf das, was er wirklich tut, ist man verführt, ihn sympathisch zu finden. Einige Andere auf der Konferenz erscheinen zunächst brillant wehrhaft wie Dr. Stuckart. Dann doch wieder nicht wg. der Juden, sondern aus Sorge um die damit befasste deutsche Seele. Es ist so abgrundtief, aber das wussten wir ja…

Es wird einem speiübel.

Nicht um schlauen Keks nochmal hervorzuwürgen: Man muss sich immer wieder klarmachen, dass die Wannseekonferenz nicht an und für sich die Ursache der Judenvernichtung war. Sie war ein hinzugefügtes Mosaiksteinchen. Die Ursachen waren im Jahre 1933 klargelegt mit einem gesetzlos wirkenden Ermächtigungsgesetz und ersten Vollstreckungen durch die SS in sofort hergerichteten, provisorischen Konzentrationslagern. Rund 200 gab es allein in Berlin, gleich 1935 wurde formaljuristisch durchgeklärt, wer die Zielgruppe ist. Sehr kurz nach dem 1. September 1939 fing die systematische Ausrottung „unsystematisch“ an. Hier hatte im Ergebnis die Wannseekonferenz bestimmenden, „ordentlichen Verwaltungscharakter“ einer Ergebnisschärfung und Systematisierung über den gesamten Einflussbereich. Maßgebliche Massenmassaker wie Babi Jar waren den ordnungsliebenden Häschern zu unordentlich und man sorgte sich um das Seelenwohl von nicht geeigneten Personen in der Wehrmacht, Massenerschießungen durchzuführen. Was ich also kurz gesagt sagen will ist: Die Wannseekonferenz ordnete nur noch buchhalterisch und in Spaltenform, wie rund 11 Mio. Menschen umgebracht werden würden. Die dazu erforderlichen Maßnahmen in den Außenkammern des Reichs standen zu jener Zeit konkret in Baumaßnahmen. Mit deutscher Gründlichkeit und nicht zu freundlichen Grüßen.

Und die Verfilmung ist sehenswert. Mein lieber Mann, Max Liebermann, fasst zusammen, was ich dabei denk. Denk ich an Deutschland in der Nacht…

Weiterführend
* Fernsehen Die Wannseekonferenz auf ZDFmediathek

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