3267/22 #Review – Krieg der Träume 1918-1939 –

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ObACHT: In einem fulminanten Achtteiler ist in der ARTE.TV-Mediatek der Krieg der Träume 1918-1939 abzurufen. Es lohnt. – Krieg der Träume (Clash of Futures) ist die dokumentarische Dramaserie von Jan Peter und Gunnar Dedio (LOOKSfilm) und knüpft an 14 – Tagebücher des Ersten Weltkriegs (2014) an und schildert 13 persönliche Schicksale im Europa der Zwischenkriegszeit. Es handelt sich um eine europäische Ko-Produktion mit internationalen Partnern im Gedenkjahr zum 100. Jahrestag des Endes des Ersten Weltkriegs am 11. November 1918. (aus Wikipedia)

Der I. Weltkrieg ist vorbei, eine Union von sozialistischen Sowjetrepubliken in Entstehung, in Compiègne (Frankreich) werden Verhandlungen im Wald geführt, die nicht Verhandlungen sind. Die halbe Welt ist daran beteiligt, am Ende muss die deutsche Delegation unterschreiben. Sie tun, egal was drin steht. Beteiligte an der als Schmach empfundenen Verhandlung über Reparationen, Einschränkung und Abrüstung Deutschlands werden später als vermeintliche Vaterlandsverräter ermordet. Eine deutschnationale Widerstandsbewegung gegen das Versailler Diktat wird bald mehrheitlich in Deutschland Platz greifen. Einzelne Unterhändler der Sieger plagen ernsthafte Zweifel, ob ein solch vernichtender Vertrag Frieden auf Dauer schaffen kann? Da darf man ja mal Zweifel haben, sagen tut man es nicht.

Liste der Persönlichkeiten im Achtteiler:

Hans Beimler (Deutschland),
Rudolf Höß (Deutschland),
Pola Negri (Polen, Deutschlands, USA),
Marie-Jeanne Picquera Frankreich),
Edith Wellspacher (Österreich),
Marina Yurlova (Rußland, USA),
Marcel Jamet (Frankreich),
Silvio Crepsi (Italien)
Elise Ottesen (Schweden)
Unity Mitford (Großbritannien)
Nguyen Ai Quoc (Hồ Chí Minh) (Frankreich/Sowjetunion/Vietnam)
Charles Edward Montague (Großbritannien)
Stephan Podlubny (Sowjetunion)

In dieser Zeit after Wordwar I erzählt der obige Achtteiler gekonnt internationale Lebensläufe von Menschen aus Vietnam, Frankreich, Italien, Russland, Schweden, Deutschland und switcht immer wieder in andere Perspektiven. Es sind internationale Erzählfäden. Eine russische Frau von 20 Jahren war seit dem sechszehnten Lebensjahr Soldatin in der weißen Armee des Russischen Reichs, gegen die Rote Armee der Bolschewiken. Leo Trotzki hält Fäden in der Hand, später wird er umgebracht. Der deutsche Kommunist (Hans Beimler) versucht, Deutschland zu einem gerechteren zu machen, wird später im ersten Konzentrationslager der Nazis in Dachau gefoltert, flieht und wird schließlich im Spanischen Bürgerkrieg in Madrid erschossen. Von wem, ist bis heute nicht richtig geklärt. George Orwell, britischer Kommunist, wird auch dort gewesen sein, aber auch von ihm wird in diesem Achtteiler nichts erzählt. Was wir als Zuschauer allerdings mitnehmen können: Es gab durchaus sehr gute, vernünftige Gründe, in dieser haarspalterischen Zeit zu einem Glaubenslager des aufschäumenden Kommunismus dazu zu gehören. Es wäre wohl fast alles besser gewesen, als ein Baisse der Weltwirtschaft mit inflationären Selbstvernichtungstendenzen der Kapitalmärkte, Massenarbeitslosigkeit und Entrechtung und Ausbeutung der Arbeiterklasse. Siehste.

Vietnam ist französisch besetzt, weiße Menschen drängen auf die Vormachtstellung der (besonders) weißen Rasse, Japan verlässt die Friedensverhandlungen, weil ein gemeinsames Kommuniqué über gleiches Recht für alle Ethnien der Welt nicht erzielbar. Großbritannien und Amerika machen derartige Selbstverständlichkeiten platt. Ein paar arabische Wüstenmuftis drängen auf mehr Reparationszahlungen Deutschlands. Es ist ein herrliches Durcheinander in Zeit der Weltneuordnung, die weit über den berühmten Wiener Kongress lange Zeit davor hinausgeht.

Am Ende bricht sich 21 Jahre nach dem Ende des I. Weltkriegs 1918 der deutsche Wolf seine Bresche der Gewalt, koste es was es wolle und erklärt am 1. September 1939, seit 5:45 Uhr würde zurückgeschossen. Eine Lüge. Dass der Sender Gleiwitz mit gezinkten Karten überfallen wurde, ist bekannt und dient als Alibi. Die englische Adligentochter und Muse Adolf Hitlers namens Unity Mitford wird ihren Irrtümern gewahr, dass Adolf Hitler nicht der Friedliebende ist, der Schluss mit seinen Aggressionen im Ausland macht, wenn Österreich annektiert und das Sudetenland besetzt ist. Das Gegenteil ist der Fall. Adolf Hitler braucht Platz, viel Platz, und bereits im Frühjahr 1939 erklärt er im Reichstag die verlässlichen Maximen seines Handelns: Die Ausrottung der jüdischen Rasse wird schon kurz nach dem Überfall auf Polen Realität und nur kurze Zeit später auf einer Konferenz am Großen Wannsee perfekt organisiert, wovon gerade ein zweiter, dieser Tage erschienener Film „Die Wannseekonferenz“ erzählen wird.

Es ist eine gute Zeit, all den Wahnsinn zu erinnern.

Weiterführend

* Krieg der Träume 1918-1939 auf ArteTV (Mediathek)
* Die Wannseekonferenz auf ZDF.de (Mediathek)
* Krieg der Träume (Websiete über das Projekt)

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