Baupraxis: Erst Autos anzünden und jetzt Kinderwagen: Verwalter müssen handeln, Überlegungen

 „Wenn jemand ein Treppenhaus anstecken will, braucht er keinen Kinderwagen“ – Hartmann Vetter (Berliner Mieterverein, 2005 zum Tagesspiegel)

In Berlin-Neukölln gibt es einen merkwürdigen Trend zu Brandstiftungen an im Treppenhaus abgestellten Kinderwagen.

Am 07.07.2009 brennt ein Kinderwagen im Treppenhaus in der Wissmannstr.. (Quelle)

Am 22.12.2009 ist ein Kinderwagen in der Jonasstr. in Neukölln in Brand gesteckt worden. (Quelle)

Polizeiticker auf gesichtspunkte.de

In der Silvesternacht und am Neujahrstag wurden in Berlin-Neukölln insgesamt neun Kinderwagen in Brand gesetzt, meldet die Berliner Morgenpost hier. Betroffen waren Miethäuser in der Sonnenallee in acht Fällen (verschiedene Häuser) sowie ein Haus in der Nogatstr.. Das Landeskriminalamt soll ermitteln, ob es einen Zusammenhang zwischen den Taten gibt. Dass es diesen nicht gibt, ist unwahrscheinlich.

Am 07.01.2010 brennen mehrere Kinderwagen im Keller eines Wohnhauses in der Ossastr. in Berlin-Neukölln. (Quelle)

Am 13.01.2010 (gestern) meldet die Polizei einen Kinderwagen als Brandursache in einem Mehrfamilienhaus in der Anzengruberstraße.

Und so weiter, und so fort. Richtig ist auch: Nicht allein in Neukölln brennen insbesondere Kinderwagen in Treppenhäusern, aber dort besonders häufig. Auch andere Bezirke wurden von Kinderwagen-Brandstiftern heimgesucht.

 

 

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Dass diese Taten eine Neubewertung der Rechtslage erforderlich machen, wonach es grundsätzlich hinzunehmen sei, wenn Mieter eines Mehrfamilienhauses ihre Kinderwagen in Treppenhäusern abstellen und dies auch dürfen, findet Hartmann Vetter vom Berliner Mieterverein. Schon 2005 hatte Dieter Blümmel, Chefredakteur und Sprecher des Haus- und Grundbesitzerverbandes, die Prognose abgegeben, dass angesichts steigender Brandstiftungen viele Vermieter jetzt schärfer rangehen. Bereits 2005 bearbeitete die Berliner Feuerwehr 218 Treppenhausbrände, wobei die Ursachen unterschiedlich waren. Auch Hartmann Vetter vom Berliner Mieterverein, ist ähnlich wie Blümmel der Meinung, dass es gesetzgeberischen Handlungsbedarf aber nicht gibt. Grundsätzlich gilt, dass es zulässig ist, Kinderwagen in Treppenhäusern an geeigneten Stellen abzustellen, wenn dadurch der Flucht- bzw. Rettungsweg nicht eingeengt wird. Globalisierende Regelungen gibt es nicht, immer kommt es auf die Einzelfallprüfung im konkreten Treppenhaus an, wie zu verfahren ist. Verantwortlich dafür ist allerdings der Vermieter und ergo dessen beauftragte Verwaltung.

Die Hausverwalterin kann diese Erkenntnisse nicht beiseiteschieben. Es stellt sich die Frage, was tun?

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Die Verwalterin bittet die Hausbewohner der Anlage per Aushang und Rundschreiben, mehr als bisher darauf zu achten, dass das straßenseitig montierte Hoftor nur per Klingeltaster geöffnet wird, wenn man ganz sicher weiß, wer vorn geklingelt hat. Das Werbefritzen rufen „die Post“, das müsse man in diesen Tagen tatsächlich hinterfragen. Ohnehin haben viele Bewohner Werbung-nein danke Schilder am Briefkasten kleben.

Nur kann nicht per Beschluss der Wohnungseigentümer festgelegt werden, dass Werbung im gesamten Haus unerwünscht ist. Denn die Mieterin Lieschen Müller (* Name geändert) wünscht sich nichts sehnlicher, als fortwährenden Bezug von gedruckten Hochglanz-Verbraucherinformationen, genannt Prospekte, Flyer, Visitenkarten. Das ist die Freiheit von Lieschen Müller, die sie meint und die wir ihr nicht generalisierend nehmen dürften.

Wer ins Haus gelassen wird, ist berechtigt zum Besuch, sollte es als Grundstimmung sein. Wer aber auf dem Innenhof zu einem der drei bislang nie verschlossenen Hauszugänge (in die Treppenhäuser hinein) will, konnte dies bislang unproblematisch. Man genoss gewissermaßen seine Freiheit, sich in einem nach außen (durch das Hoftor aus Metall und eine Klingel-/Gegensprechanlage) geschützten Innenhof die Hauszugänge frei bewegen zu können. Hinzu kommt, dass die Hauszugänge nicht über separate Klingeltaster verfügen, so dass es abends lästig sein kann, erst raus geklingelt zu werden, dann das Hoftor zu öffnen per Klingeltaster und stante pede nach unten zu laufen, um dem Besucher aufzuschließen an der separaten Treppenhauszugangstür.

Türöffnung mit Zahlencode (Beispiel)

Türöffnung mit Zahlencode (Beispiel)

Die Verwalterin muss daher zusätzlich überlegen, ob es eine technisch vertretbare, zusätzliche Lösung machbar ist, um die Treppenhaustüren (nicht das Hoftor) unten im Hof öffenbar zu gestalten. Eine Erweiterung der Klingel-/Gegensprechanlage kommt aus technischen Gründen nicht in Betracht. Denn die gesamte Mimik müsste neu verlegt werden und zu befürchten ist tatsächlich, dass von jeder Wohnung aus zusätzliche Leitungen nach unten verlegt werden müssten. Es bietet sich nach reiflichem Überlegen folgende Lösung an: Jede der drei Treppenhaus-Eingangstüren unten im Hof erhält einen neuen Diktator (was das ist, hier), der die Tür jeweils zudrückt. Die Türen erhalten neue Knaufgarnituren mit Knauf außen. Die Türen werden, wenn sie zugedrückt wurden, von außen nicht mehr wie bisher zu öffnen sein. Eine geringfügige Elektrifizierung muss nun erfolgen. Denn jede der drei Türanlagen erhält ein Zahlenschloss, auf dem man einen drei- oder vierstelligen Code eingibt, eine Geheimzahl. Lieschen Müller (Besucherin) klingelt also bei Horst Waterkant (* Name geändert), und Horst sagt zu Lieschen per Sprechverbindung: Schön, Lieschen, das du da bist. Komm rein. An der Treppenhaustür gib bitte die Zahlen 0815 (Beispiel) ein, und es wird dir aufgetan.‘

Was das kostet, ob das bezahlbar ist, wird sich zeigen, Angebote wurden abgefordert. Eine derartige Maßnahme kann nicht selbstherrlich als laufende Verwaltungsmaßnahme durchgeführt werden. Sie bedarf zu ihrer Realisierung eines Beschlusses durch die Wohnungseigentümer (bauliche Veränderung). Aber der angedachte Weg ist nach reiflichem Überlegen der einzige, der in diesem Sinne funktioniert.

Oder hat jemand noch eine bessere Idee?

2 Gedanken zu „Baupraxis: Erst Autos anzünden und jetzt Kinderwagen: Verwalter müssen handeln, Überlegungen

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