1121/11: Positionen: Currywurst ist hart umkämpft in ganz Berlin, nicht nur in Kreuzberg!

Um die Wurst ranken Rankünen und Possenspielchen, ein bisschen ist Majoran dran, manchmal, oder immer? Und Pelle drumrum! Wenigstens zuzeln die Berliner nicht an der Pellerine herum, laut schmatzend. Wir wissen, sie hat zwei Enden und doch ist der Heißhunger auf „Wurscht“ schier unendlich. Spricht man in Bayern vom Weißwurstäquator, hat allerdings der Berliner noch nichts von äquatorialer Curryfärbung, orangelb, gehört. Eine Art Berliner Sachverständiger in Currywurstfragen ist offenbar Lutz Michael Stenschke. Und jetzt ist er auch vor Gericht, genauer beim Landgericht Berlin, und zwar in Sachen Wurst-Namedropping.

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Wir hörten vernehmlich, als und das Mario Barth, den viele Leute sehr komisch finden, ein Copyright haben möchte: Es interessiert ihn zu schützen, dass der auf einem T-Shirt abgedruckte Spruch „Nichts reimt sich auf Uschi!“ nur von ihm verwendet werden darf. Darüber wurde andernorts berichtet.

Lutz Michael Stenschke kam hingegen auf die wegweisende Idee, seinen Würsten eine Art Gütesiegel mit der Bezeichnung „Curry 36“ aufzudrücken. Das liegt an mehreren Punkten. Erstens liegt seine Würstchenbude, die zu den erfolgreichsten Berlins gezählt werden muss, am Mehringdamm 36, also adaptiert der Firmennamen Curry 36 die Adresse. Weil der Weg das Ziel ist. Manchmal.

Natürlich ist jetzt die Frage, ob ein Currywurstunternehmer, der in eigener Sache andernorts sein Glück versucht, seinen Laden nun „Curry 66“ nennen darf, beispielsweise weil „Curry 66“ an der Grünberger Str. 66 in Würstchenhain, pardon Friedrichshain liegt? Nun, als Fressmeile sollte man diese Straße nicht gerade bezeichnen und die Frage ist ja auch, ob sozusagen eine Art verheerendes Regelungsloch entsteht, wenn ein Würstchenbudeninhaber einem „namedropping-Prinzip“ (Nenne den Laden nach der Hausnummer, an dem er liegt) huldigt, das schon mal jemand benützt hat. Oder hatte am Ende Lutz Michael Stenschke (Curry 36) anderes im Kopf, entstehungsgeschichtlich vielleicht „SO36“, den Bezirk der Bezirke. Von der Anzahl der Dienstjahre als Wurstpellerateur her könnte es ja hinkommen.

Bei der Namensgebung eines Ladens als Verkettung mit der Hausnummer, an der er residiert, ist nicht zwangsläufig auch für die unvoreingenommen, aber hungrige Öffentlichkeit diese Verbindung gut sichtbar, bzw. offensichtlich. Vielmehr kommt es darauf an, wie die Öffentlichkeit die Namensgebung wahrnimmt. Hierbei sind viel mehr Kriterien denkbar, als die bloße Verknüpfung des Namens mit der Straßenadresse. Im übrigen wird die vermeintlich „marktbeherrschende Stellung“ der Currywurst am Mehringdamm nicht durch weitere Läden ähnlicher Namensnennung in Friedrichshain erfolgreich anzugreifen sein, denn es ist gerichtsbekannt, dass der Weißwurstäquator in Berlin, Brandenburg und bis nach Thüringen hin kaum eine rechtlich entscheidende Rolle spielt. Weißwurst und Currywurst besitzen darüber hinaus ordentlich wahrnehmbare, unterschiedliche Färbungen und Geschmäcke. 

Oder Curry 66? Sozusagen eine süffisante Remineszenz an die sagenumwobene, amerikanische Traumstraße der Welt, die Route 66? Da dürfen sich jetzt mal die Juristen kloppen und wir bleiben als Bewohner bewohnter Mehrfamilienhäuser, also im betreuten Wohnen, weiterhin gespannt. Ob nur der Wurstwrasen nach oben steigt und wir die Fenster nicht aufmachen dürfen, weil es sonst stinkt oder ob die ganze Sache vorbildlich, in Edelmetall über Dach geführt, abziehen kann? Fakt ist: Bei Curry 36 schmeckt die Wurst und um die geht es dort ja schließlich.

Fakt ist aber auch, dass das Landgericht Berlin erst einmal verneint hat, dass eine gewisse Eilbedürftigkeit vorliegt. Der Verfügungskläger Stenschke hatte Eilbedürftigkeit versichert und wenigstens die hat er nicht. Bleibt nur, den Streit im Hauptsacheverfahren weiter auszufechten und eine grundlegende Klärung herbeizuführen. Unser Rechtsgefühl ist unverbindlich und hat nichts zu sagen: Allerdings können wir uns kaum vorstellen, dass die Argumente von Lutz Michael Stenschke, der damit nun unfreiwillig zu einer Person des öffentlichen Lebens werden wird, tiefgehend durchgreifen können.

Eine Vielzahl von Unternehmern hat sein Ladengeschäft schon nach diesem Prinzip benannt und warum sollte, was für Curry nicht gilt (oder gibt es eine marktbeherrschende Stellung?), nun für Parfümflakons, Schlecker und übrigens die ganze Reihe ferner 24er-Unternehmengsgründungen gelten? Deutsche Bank 24, Immobilienscout 24 und so weiter und so fort.

Zu prüfen bleibt auch, ob Curry 36 bzw. Curry 66 Eingang in das erste gesamtdeutsche Currywurstmuseum gefunden haben? Denn nur bei historisch korrekter Betrachtung und Würdigung der historischen Verdienste des einen oder des anderen kann die Sache mit Berlinrelevanz abschließend aufgeklärt werden. Dies noch als Feldforschungsanregung, der Link zur Eröffnung dieses Museums ist unten angefügt.

Nur eins, so lässt sich vermuten, ließe sich an dieser Stelle nur mit denkbar großem Misserfolg als Zahlenanknüpfung verwenden:

Würde man das Ladengeschäft „Curry Nullachtfünfzehn“ nennen, so würden sich die Marktchancen dieses „Wurschtladens“ ganz schnell im Fettwrasen über Dach verflümen, kurz gesagt: verflüchtigen bzw. wegdiffundieren. Ne, dieser Rechtsstreit hat möglicherweise kaum einen Sinn. Wir sind dagegen. Und gerade nicht gegen die gute Wurscht von Lutz Michael Stenschke. Mensch, Stenschke, lass die anderen doch machen! Deine Würste sind nur so lange gut, wie sie mit dem Herzblut „be- bzw. ausgebrütet“ werden, mit dem sie bislang bruzzelten. Von wegen „Meica macht das Würstchen“, Stenschke macht’s.

Finger weg vom Äskulap und von Justitias blinden Nachfahren.

Weblotse

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