1113/11: Kreuzberg: Einer für alle, alle für einen, umgekehrt, Micha und die schrägen Vögel vom Kreuzberg

Schornsteinfeger-Website mit Usability

„Ich gehöre zu den Glücklichen, die ihr Hobby zum Beruf gemacht haben. Denn wer kann das schon von sich sagen: Ich bin seit über 40 Jahren mit Spaß Schornsteinfeger.“ (sagt Schornsteinfegermeister Michael Schmidt hier – allerdings: Das ist schon „der Brüller“, oder? Kennt jemand einen, der das Hobby, Schornsteine zu fegen angibt? Und hat sich das positiv oder negativ auf die Partnerwahl ausgewirkt? Ich würde nie behaupten, es war schon in frühester Kindheit mein Hobby, Häuser zu verwalten! Wobei: In der Park- bzw. der Schloßallee auf dem Monopoly-Brett…? Nein, es ging darum, Immobilien und Straßenzüge zu „raffken“ und nicht darum, sie mit Anstand, Beständigkeit und über Jahre hinweg kontinuierlich positiv zu verwalten. #Hobbys & Sternstunden der Internet-Selbstdarstellung #Anregung zur Textüberarbeitung

Als wir über die Anfänge des Interneteinzugs (nicht Durchzug) im Schornsteinfegerwesen berichteten und die obige Sperrung der rechten Maustaste durch einen besonders klugen „Schorni“ erwähnten, war die Welt schon anfangs in der Ruhr. In Aufruhr. Es hat sich seit dem viel getan, auch und sogar im Schornsteinfegerwesen. Die obige eingerückte Lösung ist eine Wahllösung für die berühmten drei Musketiere, aber sie gilt auch im Schornsteinfegerwesen als Wahlspruch, als Credo der schwarzgewandeten Männer, die jedenfalls früher regelmäßig auch zum Glück bringen verdonnert waren. Sie traten jedenfalls seltener in welches, als sie Glück brachten. Hoffen wir mal.
Und wenn, wäre es nicht aufgefallen, die schwarze Kleidung von Kopf bis Fuß, doch lassen wir das.

_seitentrenner Flugzeug


Görli, Görli – P.R. Kantate (2003) – via Youtube

Leicht tadelt man die Fehler anderer, aber selten nur bedient man sich ihrer, um die eigenen zu verbessern. * François de La Rochefoucauld *(1613 – 1680)

Der Schornsteinfegerberuf steht vor dem Umbruch. Seit 2008 das Gesetz geändert wurde, müssen die Schornsteinfeger jetzt sukzessive vom „irgendwie verbeamteten“ Mann mit der Kehrreuse und drohenden Mängelprotokollen zu modernen Dienstleistern morphen. Eventuell müssen sie jetzt sogar erreichbar sein, man denkt teils über 24-Stunden-Hotlines nach.

Der Beruf, die Berufsgruppe ist „von Berufs wegen“ eher konservativ, auch in allen modernen, schnörkeligen Dingen: Bürokommunikation wie früher, Fax noch sehr verbreitet, Emailadressen werden gehütet wie Betriebsgeheimnisse, inzwischen hat sich EDV für Schornsteinfeger durchgesetzt und das Abrechnungswesen des Schornsteinfegers ist dadurch transparenter geworden. Das Aufmaß des Kehrbezirks wird schon mal mitgeschickt.

Schornsteinbelegungspläne? Nach wie vor schwierig und nur „mit Engelszungen“ bestellbar. Was nicht heißt, sie stünden dann binnen Wochenfrist zur Verfügung. Viele ältere Schornsteinfeger reagieren erst einmal gar nicht auf die Bitte, die an den Schornsteinen belegenen Nutzer, deren Kamine, Altöfen, Dunstabzugshauben und Gasthermen aufzustrippen und verständlich aufzuzeichnen. Nach mehreren Anrufen dann „das kostet aber extra“ und „ja ja, hüstel, machen sie man!“

Schornsteinsanierung? Ganz schwieriges Thema: Im Moment scheint der Schornsteinfegerberuf auch im Generationenwandel festzustecken. Viele jüngere wollen jetzt die Freigabe des Schornsteinfegerberufs zu einer Vervielfältigung der Tätigkeitsgebiete nutzen: viele werden „Gebäudeenergieberater“ (Nachschulung) oder bieten „sinnvolle Bauleistungen rund ums Eckige“ (Dach, Schornstein usw.) an. Tradiert, traditionsbehaftet und auch in Traditionsdünkel verhaftet sind (auch teils) die Schornsteinfeger, die selbst kurz vor dem Eintritt ins Rentenalter stehen, überkommen sind auch manche ihrer Vorstellungen über das, was sie selbst nicht mögen.

Der schräge Vogel!

Zum Beispiel:

„Acht Stunden im Büro sitzen und Akten von links nach rechts zu schieben, das wäre nichts für mich. Rauskommen, unter Leuten sein, den ein oder anderen schrägen Vogel kennen lernen. Das ist mein Ding.“

Das sagt der Bezirksschornsteinfeger (seit 1963) Michael Hebel, Kehrbezirk 0207 (Kreuzberg). Und in der Hoffnung, dass dies richtig ist, lässt zumindest der Kehrbezirk darauf schließen, dass hier Aktenberge nicht links und rechts hin- bzw. hergeschoben werden müssen. Auch dieses Bild ist im Zeitalter fortschreitender Digitalisierung der Geschäfts- und Büroprozesse inzwischen veraltet und darf (fast) als überholt gelten. Mit Ausnahme derer natürlich, die sich schon seit mehr als zwanzig Jahren jedem „modernistischen Hype“ gänzlich verschlossen haben. Dafür ist der Anspruch, insbesondere „schräge Vögel“ kennen zu lernen also prima zu bewerkstelligen, das geht.

Tja, es ist schwierig, bzw. es ist nicht leichter geworden. Aber eventuell auch nicht schwieriger! Das Monopol fällt und die Schornsteinfeger-Befreiungsbewegung wird den Markt ganz neu sortieren. Schauen wir mal, ob mit Erfolg und Reformwillen alles bald gut wird.

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