1043/10: Lied des Tages: Take Five – und das Orchester der Droste-Hülshoff-Schule in Berlin-Zehlendorf

Michael Riedel ist der Orchesterleiter in diesem Fall und sowieso, so redet man, ein Freund der schöneren, jüngeren Künste! Wenn ihn die Muse küsst, dann darf es ruhig auch einmal etwas jünger sein, nicht in einem vorvorherigen Jahrhundert angesiedelt, sondern z.B. in den wilden Fünfzigern, Sechzigern oder -am Ende- noch ein bisschen später?  Das Stück Take Five ist eins, dass ein Jazzer namens Paul Desmond geschrieben hat für das Dave-Brubeck-Quartett. Als Entstehungsjahr ist allgemein 1959 bestätigt.

 


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Der feine Unterschied: McCarthy & McCartney!


Take Five – Weihnachtsaufführung 2010 am 14.12.10 in Pauluskirche Zehlendorf (via Youtube)

Die Aufführung war schön und vielschichtig, aber das Stück „Take Five“ ist im Vergleich zum übrigen eine Ausnahmeerscheinung, ein flirrendes Licht am abendlichen Kulturhimmel, es sitzen überall ergriffene Menschen, weil´s die Kinder so schön ….und außerdem ist bald Weihnachten. Draußen verkaufen welche Kekse, Weihnachtsgebäck, für den Abiball 2010 sammeln einige erwachsen werdende Gören!

Michael Riedel, Dirigent, Leiter Junges Ensemble Berlin

Michael Riedel, Dirigent, Leiter Junges Ensemble Berlin

 Banner FotocreditsHomepage Junges Ensemble Berlin e.V. hier

Die Droste-Hülshoff-Schule (Gymnasium) in Berlin-Zehlendorf führt am 14. und 15.12.2010 einige Musikstücke als Werkschau ihres Schaffens von Orchester und Chor auf. „Austragungsort“ ist die Pauluskirche der Paulusgemeinde in Berlin-Zehlendorf, deren schöne Kirche ich bei der Gelegenheit das erste Mal betrat.

Mit der weltweiten Veröffentlichung des (ab sofort) als „Riedelleaks“ bekanntwerdenden, bislang geheimen Tondokuments wird natürlich die sich aufdrängende Frage an die (Schul-)Politik der Stadt gestellt, warum es nur durch „erquicklich ausfallende Spendensammlungen“ möglich wäre, bspw. ein Bassfagott für Schüler (bei anfangs 8.000,- € und leicht bis zu 30.000,- €/Stück) anzuschaffen? Mann, Hamma, das sind Kosten!

Die Schulleiterin, soviel steht fest, dankt am diesem Abend zu vielen Menschen und sogar auch den irgendwie mitverpflichteten Eltern. Als hätten diese sich sehr zur eigenen Freude dies Event ausgesucht! Hah! Wodurch sich der Anteil der Danksagungen ins Verhältnis gesetzt zum eigentlichen Musikschwerpunkt in ungünstige Korrelation zueinander…..? Man wird mit der Zeit müde vo Jauchszen, Frohlocken und Jubilieren, vom Festtagsgesänge mitsummen im Geiste. Und dann passiert etwas ganz zauberhaftes:

Die Eltern beklatschen artig sich selbst, als ihnen ebenfalls gedankt wird,

hurra, wir leben noch! und …

…man fühlt sich an SED-Zeiten erinnert, und obwohl es gar kein bolschewistisch-sozialistisches Kulturprogramm ist, aber irgendwie sind es  kommunistische Sitten und Gebräuche. Ich hatte den McCarthy nie in mir, wenn dann den McCartney und doch: In diesem Fall hat fast niemand was bemerkt, geklatscht wurde eher rhythmisch/automatisch und weil Klatschen wieder dran war, denn wenn die Schulleiterin verstummt, dann nicht um ergriffen inne zu halten, sondern um das Klatschen einzufügen. Es hat ein bisschen was von Kirchenmusikmeister Johann Sebastian Bach: Erst gibt es eine Kantate auf alles Mögliche, z.B. auf die Danksagungen und dann -schwupps- ab in die Fuge den Beifall! So wird´s ein netter Abend.

Ein bisschen lauert auch der Spieß der älter Gewordenen zwischen den Kirchenbänken: Ob man sich mal setzen könne da vorn, man könne ja hier hinten nichts sehen? Früher haben sie an der Krumme Lanke gesessen, die Eltern, an der Affenschaukel, du weißt schon, was da damals….oder sie waren bei Bob Marley in der Waldbühne! Mann, wie das roch! Legalisierung und so! Pah, jetzt ist´s Weihnachts-Vorspiel und alle sollen artig sitzen, damit man von hinten…. und außerdem könnte die Schulleiterin ja auch mal was anderes anziehen, meint jemand! Ist schließlich ein feierlicher Anlass. Na, wenn das, dann….Halt die Klappe, ich hab Feierabend!

Ach, hätte doch ein jeder ein wenig weniger gedankt und die Sache wäre reduziert gewesen auf den Themenkern dessen, worum es geht: Zu zeigen, es ist gut, wie es gelaufen ist, im vergangenen Jahr und nicht schlecht, was man insgesamt so herzeigen kann.

Es lebe ein auskömmlicher Kulturetat für musizierende Schulen und für die noch mehr, als für vollkommen kulturlose Schulen, oder? Der Rest ist übrigens Ansichtssache.

Wer von einer guten Idee besessen zu sein scheint, muss aufpassen, nicht zu enden, wie „Votan Wahnwitz“, dem Udo Lindenberg die bedeutungsschwangere Vita wie folgt antextete:

Wahnsinn und Genie gehen Hand in Hand
dieser Taktstockmeister war auch dafür bekannt
dann stand er da, mit wirrem Haar
dem Herzinfarkt verdächtig nah
und wieder war er außer Rand und Band

Er wurde high von der Musik
sehr schnell kam er in Rage
der Satan saß ihm im Genick
und trieb ihn zur Ekstase
er heizte das Orchester an
ein Befehl und hundert Mann
im ganzen Saal ein einziges Gerase

Die Sopran-Vokalistin mit den riesigen Brüsten
hatte es dem Meister angetan
doch sie liebte einen Herrn vom Ballett, der war sehr nett
der tanzte immer den sterbenden Schwan
sie sang, so schön sie konnte
nur für ihren Tänzer
doch der hörte gar nicht hin
denn seine ganze Liebe galt nur dem Maestro
und nicht dieser Sängerin

Ob Meister Riedel nun als schwingender Taktstockmeister oder als (eher abwegig!) „taktloser Schwingstockmeister, aber als Zampano des ausufernden Tons durchgeht und ob er „nota bene“ oder „bena note“ spielt, dafür reichen die hiesigen Italienisch-Kenntnisse bei weitem nicht aus und wir sind „sowas von inkompatibilent, bzw. wie das heißt! Allerdings soll er das Ding recht gekonnt schwingen, wird  behauptet (hier), denn Riedel ist zugleich auch Leiter des Orchesters wider die tierische Versuchung, nicht etwa, wie Rainald Grebe, einer Art „Kapelle der Versöhnung“! Nein, Riedel kann den Beagle vielleicht Stöckchen holen schicken, aber der große Wurf, der steht dem Schulorchester der Droste-Hülshoff-Schule in Berlin-Zehlendorf doch jetzt unmittelbar bevor: Das Schulorchester wird die Charts stürmen mit dieser „Neuauflage“ von „Take Five“. Gut gespielt!

Halt die Klappe! Ich hab Feierabend! (sagt Schildkröte)

Halt die Klappe! Ich hab Feierabend! (sagt Schildkröte)

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