651/2010: Überraschende Kaufvertragsklauseln, überraschend für den Verwalter! Der Energieausweis!

Rechtliches

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Im Kaufvertragsentwurf für eine Eigentumswohnung in Berlin-Wedding wurde folgendes vom Notar im Entwurfstext vorgeschlagen:

 Der Verkäufer erklärt, keinen (gültigen) Energieausweis für den Kaufgegenstand zu besitzen. Der Käufer erklärt, auch keinen vom Verkäufer verlangt zu haben; er verzichtet gegenüber dem dies annehmenden Verkäufer ausdrücklich auf sein gesetzliches Vorlagerecht. Der Notar wies die Beteiligten darauf hin, dass der Energieausweis informativen Charakter habe und Ansprüche gegen den Verkäufer insoweit nur in Betracht kämen, wenn darin vorsätzlich oder fahrlässig falsche Angaben gemacht würden. Er wies im übrigen darauf hin, dass bei Wohnungseigentum Energieausweise grundsätzlich nur für das gesamte Gebäude ausgestellt würden und es in einem solchen Fall zweckmäßig sein dürfte, die Pflicht zur Erstellung eines Energieausweises in den Pflichtenkatalog für den Verwalter der Wohnanlage aufzunehmen, z. B. durch Aufnahme einer solchen Pflicht in den Verwaltervertrag oder durch entsprechenden Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft.“ (Quelle: Kaufvertragstext eines Vertragsnotars in Berlin, welcher, bleibt irrelevant)

Erstaunliche Klausel, gefühlt ist sowas eine sogenannte Freizeichnungsklausel. Freizeichnung overloaded: Der Verkäufer zeichnet sich frei, obwohl er liefern muss. Der Notar zeichnet sich frei, weil er keine Lust hat, die Parteien dazu anzuhalten. Und der Erwerber? Geht der dieser Rechtsfrage dann mal nach? Das verspräche interessant zu werden. Was sich Notare so alles ausdenken. Immer wieder vermissen wir bei Notaren eine Art Handkladde, die sie Vertragsparteien an die Hand geben wie eine Art Checkliste. Willst du was zum Thema Eigentumswohnung notarisieren, dann denk doch bitte auch an folgende Punkte, liebe Vertragspartei.

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Keep it under control!

Keep it under control!

Stattdessen schreiben Notare gerne Klauseln wie die hier oben in Kaufverträge hinein. Das macht, als sogenannte Vorratsklausel, Sinn für den Notar. Der Energieausweis stört nicht den Vertragsabschluss. Genau das aber ist rechtsverbindlich durch Gesetz geregelt. Ob man derartiges abdingen kann? Also beispielsweise einvernehmlich darauf verzichten? Wäre das dann ein Rücktrittsgrund für den „unwissenden“ Käufer?

Mit besonderen Antennen empfängt der verwalterisch etwas gebildete Leser (dieses Kaufvertrages) die leerartig lehrartig vorgenommenen Entleerungen Belehrungen über das, was Verwalter von Wohnungseigentum zu haben sollen. Hier wird der Schwarze Peter auf die Verwalter abgeschoben, anstatt einfach den Energieausweis zur Vertragsverhandlung zeitnahe zu besorgen. Warum ist der Hinweis des Notars ein Leersatz: Dem Erwerber wächst überhaupt keine realistische Chance zu, etwa ‚die Pflicht zur Erstellung eines Energieausweises in den Pflichtenkatalog für den Verwalter der Wohnanlage aufzunehmen‘. Der Erwerber ist weder schon Vertragspartner des Verwalters, noch nimmt er überhaupt am Rechtsverkehr der Wohnungseigentümergemeinschaft teil. Hier lachen ja auch dort die Hühner.

Da lachen ja die Hühner

Da lachen ja die Hühner

Egal, was viel ärgerlicher ist: Es gibt den Ausweis, und eine einfache Anfrage bei der Verwalterin hätte genügt. War wahrscheinlich zu mühselig. Wir merken uns: die Rechtsprechung zu solchen Klauseln sollte man beobachten. Nicht nur das: Beobachten sollte man auch einmal, ob es gelingt, derartige Freizeichnungsklauseln auf Dauer anzuwenden. Für jeden Käufer einer Eigentumswohnung gilt: Lass sie sich nicht freizeichnen!  Keep it under control.

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Weiterführend

(Aufzählung bleibt unvollständig)

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