Das Bundesverfassungsgericht (2 BvR 693/09) rügt die Arbeit der Vorinstanzen zum Thema Hausverbot

Bundesadler

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Kernfrage:

Hat hier jemand schon mal Probleme nach dem Grundsatz der praktischen Konkordanz fallbezogen zu lösen versucht? (Hä? Was’n das) – Antworten darauf…

Sind Wohnungseigentümer gute Arbeitgeber, wenn sie einen Hauswart anstellen? Oder würden Wohnungseigentümer einem solchen Arbeitnehmer hingegen Vorschriften machen, die diese in einem sonstigen Arbeitsleben niemals hinzunehmen bräuchten? In eine ähnliche Richtung kann die Vermutung gehen, dass, wer eine Eigentumswohnung besitzt, dieser auch berechtigt ist, diese zu bewohnen. Mit oder ohne Lebensgefährten, Lebensabschnittsbegleiter, Trauring, gleichgeschlechtlich, gemischtgeschlechtlich, schwarz, weiß, grün, gelb und so weiter…

Die Bundesverfassungsrichter Udo di Fabio, Siegfried Broß und Herbert Landau haben sich jetzt mit einer Verfassungsbeschwerde einer Wohnungseigentümerin aus dem Raum Mainz beschäftigt, die eine Beschlussfassung der Wohnungseigentümerversammlung über ein Hausverbot gegen einen Besucher der Beschwerdeführerin betrifft. Die Eigentümerin ist an einer schizoaffektiven Psychose erkrankt. Die Beschwerdeführerin ist nicht in der Lage, ihren Alltag allein zu bewältigen. Sie benötige dringend die Unterstützung ihrer einzigen Kontaktperson, ihres Lebensgefährten R. (* Name geändert).

***

Durch die Beschwerdeführerin und ihren Lebensgefährten, so die Ausgangslage im Haus komme es immer wieder zu Störungen der Nachtruhe. Die Beschwerdeführerin hat mit ihrer Erkrankung Verhaltensauffälligkeiten wie Weinen, Schreien und Hilferufe an den Tag gelegt. Die Versammlung der Wohnungseigentümer hat daher am 10. April 2008 ein uneingeschränktes Hausverbot gegen den Lebensgefährten Herrn R. erteilt.

Das Amtsgericht Mainz hat die von der Beschwerdeführerin erhobene Klage auf Feststellung der Nichtigkeit, hilfsweise Anfechtungsklage, abgewiesen. Die Wohnungseigentümer hätten von ihrem Abwehranspruch gem. § 1004 BGB Gebrauch gemacht. Die hiergegen gerichtete Berufung wollte auch das Landgericht Koblenz abweisen. Es beschloss schließlich auch, dass weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Gewährleistung einer einheitlichen Rechtsprechung eine grundsätzliche Bedeutung anzunehmen ist.

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 13, Art. 14 und Art 2. Abs. 1, auch in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG (Grundgesetz).

Interessant ist hier die unterlassene Abwägung der gerichtlichen Vorinstanzen, das Bundesverfassungsgericht rügt wörtlich:

Zitat Die Gerichte haben zudem außer Acht gelassen, dass der Konflikt zwischen der für die Beschwerdeführerin streitenden Eigentumsgarantie und dem ebenfalls durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Recht der übrigen Wohnungseigentümer auf ungestörte Nutzung ihres eigenen Wohnungseigentums nach dem Grundsatz der praktischen Konkordanz fallbezogen zu lösen ist, der fordert, dass nicht eine der widerstreitenden Rechtspositionen bevorzugt und maximal behauptet wird, sondern alle einen möglichst schonenden Ausgleich erfahren (vgl. BVerfGE 81, 278 <292>; 93, 1 <21>; stRspr).“ (Zitat Ende)

Der Grundsatz der praktischen Konkordanz, so das Bundesverfassungsgericht weiter, untersagt weitergehende Eingriffe als zur Herstellung einer ungestörten Nutzung des Sondereigentums der übrigen Wohnungseigentümer notwendig sind.  Wieder was dazu gelernt.

Der gesamte Wortlaut der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts steht zum kostenlosen, nichtkommerziellen download für unsere Leser zur Verfügung.

Weiterführende Links

Urteil des Bundesverfassungsgerichts

Ein Gedanke zu „Das Bundesverfassungsgericht (2 BvR 693/09) rügt die Arbeit der Vorinstanzen zum Thema Hausverbot

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