Gute Kommunikation: Ich sitze hier am Telefon, von früh bis in die Nacht….

Zitat Ich sitze hier am Telefon von früh bis in die Nacht, ich weiß, es ist der blanke Hohn, was du mit mir machst.“ (Ideal, Telefon, Album „IDEAL“, 1980)

Sie ist Mitarbeiterin einer großen Insolvenzverwaltung in Berlin und befasst sich beruflich als Diplom-Finanzwirtin mit der Verwertung von Immobilien, die insolvente, stadt- und gerichtsbekannte Schuldner noch in verblassenden Firmenimperien herumliegen hatten. Darunter auch solche, die in Spandau liegen. Die Zwangsverwaltung dieser ‚Nissenhütten‘ erfolgt durch gerichtlich bestellte Zwangsverwalter, wenn mal eine vermietet werden kann, ist das eher Glück. Bei der, um die es geht, da konnte man von vermietbarem Zustand erst einmal kaum sprechen. Und doch hat es der Zwangsverwalter ein bisschen dahin gebogen, dass es dafür jetzt einen Mieter gibt, und es wird jetzt sogar Wohngeld gezahlt. Der Zustand davor, vor Einschaltung des Zwangsverwalters war grottenschlecht für die Wohnungseigentümergemeinschaft. Es kam gar kein Wohngeld und der ‚Spiritus rector‚, also derjenige, der sein Imperium mit einem Bauchladen vieler Firmen im Hintergrund als graue Eminenz leitete, steuerte zu allem Überfluss auch noch den einen seiner zwei Söhne fern und befahl, möglichst regelmäßig Beschlüsse der Wohnungseigentümer gerichtlich anzufechten. Für eine derartige ‚Prozessgeilheit‘ ist er -ohne jede Übertreibung- stadtbekannt und das Landgericht bekam aufgrund seiner Flut- und Klagewellen eine zweite Abteilung für WEG-Sachen. Doch weichen wir nicht zu sehr ab.

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Das Corbusierhaus (Quelle: wikipedia)

Das Corbusierhaus (Quelle: wikipedia)

Heute nun sitzen wir alle auf einem zerschlagenen Scherbengericht, und sind erst einmal Insolvenzverwalter am Start. So befinden diese zunächst einmal darüber, ob sie beispielsweise Eigentumswohnungen in der Masse halten, oder ob sie sie aus der Masse freigeben. Man kann ‚Gott sei Dank‘ hier nun berichten, dass eine Freigabe nicht erfolgte. Dann darf ein Insolvenzverwalter so eine ‚Nissenhütte‘ (siehe oben) freihändig verkaufen. Er kann versuchen, einen Erwerber zu finden, der bereit ist, die ‚Nissenhütte‘ für wenig Geld zu erwerben. Wir sind nun mit im Boot bei diesem Vorgang, weil wir betreibende und durchaus unangenehme, hartnäckige Gläubiger sind: Wir betreiben aus beruflichen Gründen die Zwangsversteigerung und auch die Zwangsverwaltung. Eine Routinetätigkeit bei engagierten Verwaltern von Wohnungseigentumsanlagen, wenn Wohngeldzahler ausfallen. Unsere Gedanken streifen das Vorzeigeobjekt des Schweizer Architekten Le Corbusier. Machte doch die Insolvenz einiger Firmen aus dem Fundus eines großen Immobilienmoguls schon deshalb Schlagzeilen. Die Eigentümergemeinschaft im Corbusierhaus soll darunter gelitten haben. Rund 130 Wohnungen im Haus gehörten 2005 zur Insolvenzmasse.  Und Le Corbusier und auch unser Fall, den wir am Wickel haben, war des Öfteren schon Gegenstand ausführlicher Fernsehberichterstattung. Wobei Le Corbusier, der Schweizer Architekt dafür nicht mehr kann, dass er 500 Wohnungen in einen Block gebaut hat, die nun zu mehreren einem insolventen Eigentümer gehört haben. Wenige Architekten nur haften lebenslang und darüber hinaus, für das, was sie einst für ihren Ruhm erschaffen haben und manche davon wurden hierüber unsterblich. ‚King of house‘ möchte man meinen, in Anlehnung an den soeben verscharrten ‚King of Pop‘.

Wir – die Dame vom Insolvenzverwalter, Abteilung Immobilienverwertung und ich – verhandeln direkt, unverzüglich und hart zur Sache. Es geht um Gesichtspunkte des einen, der die Wohnung unbedingt wegverkaufen will. Und es geht um die Gesichtspunkte des anderen, eines WEG-Verwalters. Ein wesentlicher Gesichtspunkt ist, dass die WEG einen neuen, aber zahlungskräftigen Eigentümer (Erwerber) versprochen bekommt. Aber zu welchen Bedingungen? – Wir haben nicht viele Bedingungen. Die Wohngeldtitel sind erfolgreich durchgeklagt und wir sind reich, jedoch nur an Forderungen unserer Mandantschaft, die nicht beigetrieben werden können. Neulich ist schon einmal so eine Wohnung in den Veräußerungsvorgang gegeben worden. Der Mann hat vorgeschlagen, mit ihm einverstanden zu sein. Dann kam der Vertrag, und als Verkäufer trat eine englische Limited-Gesellschaft auf. Von denen wissen wir, dass sie nur mit ihrem haftenden Kapital haften, und das ist im Gegensatz zu deutschem Recht beispielsweise auf 1 Pfund englischer Währung zu begrenzen. Einen solchen Eigentümer wollen wir? Oder kann er uns Sicherheiten bieten? Er soll eine Zwangsvollstreckungsunterwerfung hinsichtlich eines Jahreswohngeldbetrages zugunsten der WEG notariell beglaubigen und herreichen. Wir sind wohlwollend. Vieles ist besser, als das bisherige.

Das sagen wir als Beispiel auch der Dame vom Insolvenzverwalter, Abteilung Immobilienverwertung. Also fordern wir das sicherheitshalber auch von ihr, was den Erwerber, dessen Namen wir noch nicht kennen, betrifft. Sie sagte eine wohlwollende Prüfung zu. Und schon sind wir in einem interaktiven Techtelmechtel miteinander, und allerdings fehlt es uns gar nicht an der gebotenen Ernsthaftigkeit, wir sind hochmotiviert: ein Briefbogen wird aufgerufen, ein paar Sätze werden in das Dokument hineingehackt und am Ende soll noch ein Muster einer derartigen Erklärung angehängt werden. Das Ganze sei in einer Stunde bei ihr. Wir vergewissern uns aus Datenschutzgründen, dass es sie tatsächlich in diesem Zusammenhang als Mensch, Frau, Nachname, Mitarbeitern der Firma Xy, Unterfiliale von Insolvenzverwalter Trallala gibt, wir erfahren sogar ihren Vornamen, weil wir ihre Emailadresse erhalten, und dies aber nicht, um sie zu einem Essen einzuladen. Hier sind jetzt geschäftliche Gesichtspunkte prioritär. Und dann sind wir durch und sie sagt irgendwie entspannt in die Stille des Moments hinein:

Zitat Ich bin positiv berührt. Unser Telefonat war ungewöhnlich gut. Es war so zielführend.“ Ich frage nach: „Wieso?“ Sie sagt: „Na ja, ich telefoniere viel mit Hausverwaltern, und ich kann vorsichtig sagen, dass sich unser Telefonat davon wohltuend abgehoben hat.“

Gute Kommunikation? Telefon

Gute Kommunikation? Telefon

Über die Anerkennung geschäftlicher Kompetenz freuen wir uns. So sollten doch Telefonate mit der Verwalterin sein: zielstrebig, auf den Punkt, zu einem Ergebnis führend. Und nicht hinter Kompetenzfragen versteckt, die dazu führen, dass das gemeinsame Erarbeiten einer Lösung aufgeschoben wird, auf einen Zeitpunkt, der schon bald nach dem Telefonat wieder in den Winkel einer vergessenen Sachbearbeitung entschwindet. Es war doch nur ein Telefonat. Aber ein gutes…

2 Gedanken zu „Gute Kommunikation: Ich sitze hier am Telefon, von früh bis in die Nacht….

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