3195/17: Positionen: Die etwas andere Wohnungsbewerbung oder: Kevin (8 Monate), allein zuhaus!

Der 8 Monate alte Kevin schreibt eine Initiativbewerbung an eine Hausverwaltung in Berlin. Dazu nutzt er – oder war es doch seine Mama? – das Kontaktformular auf der Website der auf Wohnungseigentumsverwaltung spezialisierten Hausverwaltung. Ein Anruf wäre in diesem Fall besser gewesen. Denn die Hausverwaltung hat die Bewerbung nun gewissenhaft drei Jahre verwahrt und damit aufgehoben. Allerdings nicht unter „Schriftwechsel A-Z“ und „B“ wie Bewerbung. Sondern unter „K“ für Kuriositätensammlung. Warum?

Eventuell sollte der Berichterstatter klarstellen: Wir befassen uns im Grunde seltener als täglich mit Vermietung von Wohnungen. Überwiegend sind wir Verwalter von Wohnungseigentümern. Dass sich Menschen an uns wenden, weil sie meinen, wir könnten ihnen Mietwohnungen anbieten, passiert häufiger, als wir es wirklich befriedigen könnten. Die folgende Bewerbung trudelte per Email im Juni 2014 bei uns unbestellt ein. Auf der Website wird klar kommuniziert, dass wir keine „Bewerbungen“ auf diesem Wege wünschen. Wie wenig Menschen ihre Daten gegen unbefugte Kenntnis schützen, zeigt der wörtlich hier abgedruckte Wortlaut der Wohnungsbewerbung.

Und soll man nun Mitleid haben? Das überlassen wir als Berichterstatter gefälligst dem Leser und werten es weder ab noch auf.

Natürlich sind alle persönlichen Daten verändert, Namen und Telefonnummern sind fiktiv. Allerdings streng getreu dem Bewerbungsplot mit Persönlichkeits- und Handlungssträngen besetzt wie ein Theaterstück. Die Bewerbung schreibt offenbar ein 8 Monate altes Kleinstkind. Ansonsten ist die Email wortgetreu abgebildet, es wurde bis auf die persönlichen Daten nichts abgeändert und auch keine Rechtschreibkorrektur durchgeführt.

Das ganze Drehbuch (nachbearbeitet aus Datenschutzgründen)

Sehr geehrte Damen Herren,

meine Eltern (Mama Shantal Nitschke 33 Hausfrau und mein Papa Bert Nitschke 38 Sandstrahler) und ich (Kevin 8 Monate) suchen zusammen mit unserem kleinen Hund (Prince; York Shire Terrier 4 Jahre) eine neue Wohnung.

Leider stehen meine Mama und mein Papa in der Schufa und haben in der jetzigen Wohnung Mietschulden (diese zahlen sie gerade in Raten ab), was die Suche nach einer neuen Wohnung nicht gerade erleichtert. Wir wohnen zurzeit in Berlin-Mitte / Reinickendorf in einer 3-Zimmer-Wohnung. Der Grund warum wir umziehen wollen ist der, dass unsere jetzige Wohnung zum einen zu klein für uns ist (alle 14 Tage am Wochenende und in den Ferien kommen noch meine beiden Halbschwestern 13 und 8 Jahre zu besuch) und zum anderen weil wir direkt im Industriegebiet wohnen. Bei uns auf dem Hof befindet sich eine Autowerkstatt (was nicht so toll ist, weil man da nicht spielen kann) und unsere Nachbarn sind die Banditos (Motorräder und Party sind ganz schön laut, gerade spät abends bzw. nachts).

 

Sinnvolles Timing eines Mieters

 

Weil das alles noch nicht genug ist, hat mein Papa jetzt auch noch eine Lohnpfändung, weil das Geld (obwohl er eine feste Arbeitsstelle hat) für den Unterhalt meiner Halbschwestern nicht ausreicht. Die jetzige Miete ist auch mit Strom und Gas in Höhe von monatlich 820,00 € für 68 qm viel zu teuer. Das findet auch das JobCenter zu teuer. Diese würden eine Miete vom Warm in Höhe von 647,50 € übernehmen. Mama und Papa haben auch einen WBS für eine 3-Zimmer-Wohnung. Gerne würden wir in den Bezirken Reinickendorf, Charlottenburg oder Spandau unsere neue Wohnung haben, wenn möglich mit Balkon und nicht ganz oben.

Hauptstadtrocker

Hauptstadtrocker

Sollten Sie über eine Möglichkeit verfügen uns eine solche Wohnung anzubieten, würden wir uns sehr freuen. Eine Anmietung wäre auf Grund der Kündigungsfrist ab Ende September bzw. Anfang Oktober möglich. Wir freuen uns bald von Ihnen zu hören.

Für Rückfragen steht Ihnen meine Mama Shantal Nitschke unter der Rufnummer: 0170 / 12 34 567 gerne in der Zeit von 9:00 – 18:00 Uhr zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Kevin und seine Familie Nitschke

(Ende Bewerbung)

Eine sehr ehrliche, ungefragt eingesandte Bewerbung.

Als Leser solcher Bewerbungen kann ich nur empfehlen, derart grundehrliche Texte nicht irgendwem zu schicken, sondern vorher bei einer Hausverwaltung anzurufen und zu erfragen, wem man eine Bewerbung schicken möchte. Als unfreiwilliger Leser habe ich diese Email aufgehoben und als Kuriosum gelesen. Um die Rechte des jungen, verzweifelten Paares nicht zu beschädigen, entschloss ich mich viel, viel später zeitversetzt für eine Veröffentlichung und eine durchweg sorgfältige Anonymisierung der Personendaten.

Ein Anruf der Mama von Kevin, der in Wirklichkeit ganz anders heißt, Shantal ist jedenfalls an strenge Tageszeiten gebunden.

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