3075/15: Positionen: Vom liken, lecken und vom mögen…in sozialen Netzwerken

Positionen

Liebe Petra (*), schick mir bitte nicht laufend irgendwelche Seiten, die ich gefälligerweise liken möchte. Ich verfahre dabei nach einem inneren Wahrheitsgrundsatz und like nur Sachen, die ich aus eigener Überzeugung like. Denn das Profil meinerseits ist ein Profil mit einem ganz klaren Fokus auf „A, B und C im engeren Sinne“. Mit diesem Profil halte ich innerlich Ordnung in meinem Kopf. Insofern sind „ständige Likesanfragen“ nicht „state of the art“, und ohne das böse zu meinen, nervig. Lieber Gruß, Dein Bloggwart (von facebook, * Name geändert)

In einer Fernsehsendung ist die Sache mit dem Sex in deutschen Haushalten gründlich auseinander genommen worden. Wie oft Pärchen miteinander in die Kiste steigen und ob sie sich anlügen bzw. bei der Wahrheit bleiben. Da kam ganz viel Interessantes raus. Unter anderem hieß es, im ersten Flirt eines Kennenlernens solle ruhig geflunkert werden. Wer sich wahrheitsgemäß verhalte, habe schlechtere Chancen, einen attraktiven Partner abzukriegen.

So ungefähr müssen wir uns auch das soziale Netzwerk vorstellen. Dabei geht es allerdings nicht immer nur um Fortpflanzung, Lustvergnügen und Extasesteigerung. Die Menschen wenden soziale Netzwerke aus den unterschiedlichsten Gründen an. Es gibt die Versteckspieler, deren Chronik nahezu uneinsehbar ist, die Verfreundungsfeindlichen, die grundsätzlich niemandes Freundanfrage annehmen, dem sie nicht wenigstens einmal im Leben persönlich die Hand geschüttelt haben. Nennen wir dies weiß.

Entenmutter (Netzfundstück)

Entenmutter (Netzfundstück)

Petra: Meine Güte… das geht automatisch… das kann man einfach ignorieren, tut mir leid,… aber so schlimm find ich das nun auch wieder nicht. Ich empfehle Freunde und Künstler weiter, die ich GUT finde. Oder Dinge, an denen ich mit vollem Herzen mitarbeite. Und sonst nichts. So…(Antwort von Petra)

Das andere Extrem ist schwarz. Der geradezu gnadenlos öffentliche Mensch, Glasnost. Johnny Hauesler empfahl, nicht zu wenig von sich selbst preiszugeben, und wenn wir es richtig verstehen, nur bestimmten Interessen- und Berufsgruppen. Dass nun ein soziales Netzwerk etwas Arbeitsartiges sei, ist allerdings nur zum Teil zutreffend. Viele Menschen nutzen mit rein privaten Zielsetzungen soziale Netzwerke. Wer die sozialen Netzwerke nutzt, um von ihnen existenziell zu überleben, muss allerdings auch permanent asoziale Ziele verfolgen. Diese stehen häufig im Widerspruch zu den Interessen anderer Nutzergruppen, die hiervon regelrecht entertained werden. „Let me entertain You“, lautet die Spaßformel.

Spaß haben, nette Bildchen tauschen, vorgefasste Meinungen umverteilen. Fast alle versprechen sich von der Nutzung des sozialen Netzwerks, überhaupt wahrgenommen zu werden. Nur als was?

Bloggwart: Ich find´s auch nicht SOOOO schlimm, aber ich finde es keine gute Gesamtkultur, wenn alle sich ständig MASSMAILS schicken und wenn man Nachrichten von befreundeten Menschen hier ernst nimmt, dass dann gesagt wird, ignoriere es einfach. Ich glaube, das muss anders sein. Man hält sich mit derartigen Nachrichten zurück und schickt nicht permanent Einladungen zu irgendwas, sonst gerät man in Verruf. Die Leute sagen dann: „Das ist ein SPAMONKEL“. Undsofort. (Antwort von Bloggwart, dem Berichterstatter)

Wer sich gegen Marketingtools wie die nervigen Veranstaltungseinladungen, Seiten-Like-Anfragen und dergleichen gezielt zur Wehr setzt, ist ein Störer im System. Diejenigen, die gehörig Massmails ausstreuen auf befreundete Accounts reagieren nicht selten beleidigt und verkehren alles ins Gegenteil. Es folgen gezielte Hilfestellungen, wie „Du kannst Veranstaltungseinladungen auch abschalten“.

Der Empfänger soll sich ändern. Er kann durch Einstellungen regulieren, was kommt und was nicht.

Bloggwart: Mir geht es wie folgt: Ich kann irgendwann gar nicht mehr unterscheiden, was ich wirklich mochte und wo ich nur gefällige Klicks abgab. Ich bekomme also ständig mehr und mehr Nachrichten, die ich eigentlich nicht will. (Antwort von Bloggwart)

Post vom Papst, via Facebook

Post vom Papst, via Facebook

Auf die Idee, sich besser und weniger rücksichtslos zu benehmen, kommen die absichtsvollen Spammer nicht. Ihre sozialen Exkremente, so wenden sie ein, ließen sich nicht zuverlässig nach persönlichen Vorlieben von Nachrichtenempfängern ausfiltern und es bereite einem zu viel Arbeit, per Hand zu selektieren, wem man eine Likes-Anfrage sende und wem besser nicht. Es ist ein autistisches Haifischbecken, das soziale Netzwerk. Da hilft nur eins: abschalten und austreten und schon ist wieder Ruhe.

Diejenigen, die Andere dazu benutzen, Dinge zu promoten und zu veranstalten, fühlen sich im Recht. Ihnen fehlt das Fingerspitzengefühl zu erkennen, dass sie es sind, die sich falsch verhalten und nicht der Empfänger. Das ist das Gegenteil von sozial. Das ist ein einseitiges, asoziales Netzwerk, indem die besonders Gewieften ständig Informationsterror ausüben. Da das Konstrukt der Freundanfrage aber den Begriff Freundschaft bemäntelt, suche sich ein jeder seine Freunde sorgfältiger aus.

Gnadenloser sein. Wer sich falsch verhält, fliegt raus.

Die weltweit geltende Netiquette, eine Art Online-Knigge dafür, wie man sich gut und besser nicht schlecht benimmt, ist schon seit Jahren nicht mehr fortgeschrieben worden. Es wäre an der Zeit, weltweite Standards für gutes Benehmen im Internet aufzusetzen.

Dann würden endlich auch die rechtsradikalen, ausländerfeindlichen Postings von zu kurz Gekommenen aufhören und gefiltert werden und nicht nur nackte Brüste, wie Onlineexperimente von Fotografen gezeigt haben, die nackte Brüste und „Kanaken raus“ gleichzeitig unterbrachten, um die digitale Doppelmoral zu enthüllen.

Das Thema kann in einem Artikel unmöglich zufriedenstellend aufgearbeitet werden. Es werden wohl  noch weitere folgen.

Ein Gedanke zu „3075/15: Positionen: Vom liken, lecken und vom mögen…in sozialen Netzwerken

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