2004/14: Zitatfilter: „Hüte dich vor dem Mittelmaß!“ (Laabs Kowalski)

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Skurril: Eltern & Rosétrinker (Zitat des Tages)

Skurril: Eltern & Rosétrinker (Zitat des Tages)

„Indem der Autor ordnet, fügt er der ursprünglichen Schöpfung, die er für missraten hält, etwas, das wir im Leben und in der Natur vermissen, hinzu. Schreiben ist somit immer auch ein Protest gegen Gott.“

Laabs Kowalski

Der Geist sagt einem, man hüte sich vor (eigenem) Mittelmaß. Von Zeit zu Zeit macht der Geist „Aua“ und beschwört von dir das Quäntchen Bescheidenheit Dir selbst einzureden, Du seiest selbst nur Mittelmaß. Nichts Besonderes. Das muss so sein. Es ist die Vorstufe zum verrückt werden, sich für etwas ganz besonderes zu halten. Schwieriges Feld, auch eine ganze Lebensdoktrin: Nur ja nicht zu verblöden, nannte ich es immer. Ich wollte unbedingt weit über Mittelmaß hinaus. Bilanz gezogen wird ganz am Ende, mit etwas Pech von einem beauftragten, schlecht bezahlten Trauerredner. In der Trauerrede über dich. Einige wenige, die Allerliebsten, greinen wie Schlosshunde, alle anderen mussten aus Gründen der Gruppenbenimmse zu deiner Beerdigung, hatten eigentlich was besseres vor.

Der in Köln (im Berliner Speckgürtel) lebende Schriftsteller Korwa Kowalski sagt folgendes:

Korwa.Kowalski_Zitat.Mittelmass

Auszug aus einem Text von ihm:

Auf dem lieblos zwischen die Bäume platzierten Spielplatz, den Krepp von seinem Platz am Fenster aus sah, erblickte er ein Kind in einem roten Anorak, das lustlos und einsam mit einem Ast in einem Hundekothaufen herumstocherte. So und nicht anders, überkam es ihn da, ist ja das Leben: ein Kothaufen, in dem wir lustlos herumstochern und mit dem wir nichts anfangen können. Es liegt da. Liegt vor uns. Nur deshalb betrachten wir es.

Is.was.Doc

Aber es kann uns nichts bieten. Nichts als Enttäuschungen. Für etwas anderes ist es auch gar nicht gemacht. Außerdem: Wir sind ihm egal. Es missbraucht unsere Aufmerksamkeit. Benutzt uns nur, um einen Aufbewahrungsort und eine Transportgelegenheit für die Gene zu haben. Wir aber deuten es falsch. Geburt, Schule, Arbeit, Tod. Statt uns zu diesen Stationen zu schleppen, könnte man genauso gut etwas anderes machen. Nicht geboren werden. Ungelebt bleiben.

Kilroy was here

Kilroy was here

„Krepp, seit gestern fünfzig Jahre alt, schüttete sich eine Tasse mit Kaffee vom Vortag ein. Er mochte den Geschmack kalten, abgestandenen Kaffees. Früher hatte auch er versucht, sein Leben zu füllen, ihm etwas abzugewinnen, das womöglich angenehm war. Natürlich – es war ein Irrtum gewesen. Immerzu musste man warten. Auf den ersten Kuss. Die erste Liebe. Darauf, dass etwas geschah. Der zwanghafte Versuch, etwas zu füllen, das weder Wände noch Boden besaß. Was immer auch geschah, hatte keinen Bestand, keine Tiefe, keine Kontur. Wozu auch? Was es gab, war lediglich Dauer. Und die war nackt. Nicht zu bekleiden. Höchstens, sie zu verkleiden war möglich. Zu verstecken. Unter Lametta, bis man die Nacktheit nicht länger sah.“

Ende der Fahnenstange.

Die maßgeblichen Fragmente dieses Aspektes bleiben uns nun nicht länger noch verborgen. Auf welchem Niveau leben wir?

Wir werden leben, am besten gleich morgen.

Weblotse

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