1839/13: Positionen: Vom „Im Sinne der Gemeinschaft handeln“

Positionen

Erfahrungshorizonte

Ich bin nicht anstrengend, ich handele nur im Sinne der Gemeinschaft. #Selbsteinschätzung

In Wohnungseigentümergemeinschaften gibt es häufig Lager mit unterschiedlichen Blockbildungen. Es geht um Themen, die allgemein diskutiert werden, die teils zu Zuständen außerordentlicher Hocherregung führen. So will einer den erst kürzlich von ihm herbeigeschafften Verwalter wieder loswerden und redet den Anderen gegenüber in kämpferischen Emails das Rüstzeug dafür. Die Anderen aber stellen zunehmend in Frage, ob das überhaupt berechtigt ist? Schon hat sich der Kämpfer geoutet und gesagt, er habe rein private Gründe dafür. Ein bisschen war das schon ehrlich. Jedenfalls kann es jeder nachlesen. Muss eine solche Emailliste aller Eigentümer und des Verwalters „unselig“ sein und möglichst bald geschlossen werden, nur um nicht noch mehr Schaden anzurichten?

Ist die Person des Verwalters geeignet? Ist er gar „im Sinne der Gemeinschaft“ tätig? Oder nur „in eigener Sache“? Sich seine Pfründe sichernd. Nun, diese Frage ist nicht so schwer zu durchleuchten. In den häufigsten Fallgestaltungen wie diesen muss man sich den Gegenwert einer Verwaltertätigkeit einmal realistisch vor Augen führen, um zu richtigen Antworten zu kommen. Zunächst einmal kann ein professioneller Hausverwalter nicht von ein, zwei Häusern, die er verwaltet, leben. Dazu reicht einfach die Bezahlung nicht aus.

Kritiker.der.Elche

„Mit besten Grüßen“ – Verwendete Grußformel eines Wohnungseigentümers in einem Emailschriftverkehr einer Mailingliste, in der es um den baldmöglichsten Verwalterwechsel geht

Ein Mehrfamilienhaus in Berlin mit rund 30 Einheiten bringt einem Verwalter so ca. 630,- EURO. Davon muss er selbst leben. Zuvor muss er seine fixen Kosten abziehen. Angestellte, Büroraummiete, Sozialversicherungsbeiträge seiner Angestellten, eine Alterssicherung für sich selbst, Papier, Porto, EDV-Kosten undsoweiter.

Die Basis der Ertragskraft eines Hausverwaltungsunternehmens ist die Anzahl der Verwaltungseinheiten (z.B. Wohnungen). Ein Satz von vielleicht 21,- EUR/je verwaltete Wohnung indiziert schon, was ein Hausverwalter bräuchte, um wenigstens sich selbst auskömmlich zu finanzieren. Um bei 21,- EUR(Durchschnitt, ein guter Wert übrigens) bspw. nur 3.000,- EUR/Monat übrig zu haben, müsste ein Verwalter -wie sich nachrechnen lässt- mindestens 310 Wohnungen verwalten. Dieses ergäbe ungefähr 6.500,- EUR Honorarumsatz (netto) pro Monat. Aufgeteilt auf eine Durchschnittsgröße von vielleicht 25 Wohnungen/Haus, sind das schon 12 Häuser, die ein Mensch „allein“ verwalten muss, um davon zu leben.

Damit ist relativ rasch die Frage beantwortet, ob ein Hausverwalter Häuser „im Sinne der Gemeinschaft“ verwaltet. Er tut es nicht. Er verwaltet diese Anzahl Wohnungen bzw. Häuser, um zu überleben und ist dabei noch nicht einmal im Vergleich mit dem bezahlt, was eine solch stattliche Anzahl von Häusern/Wohnungen an „Verkehrswert“ auf die Goldwaage bringt. Sagen wir, eine Durchschnittswohnung in diesem Verwaltungsbestand hat 50 m² Wohnfläche und wird für (vergleichsweise geringe) 1.000,-  EUR am freien Markt verkäuflich handelbar, so hat dieser Verwaltungsbestand bereits einen Verkaufswert von ca. 15.500.000 EUR (berechnet: 50 m² X 310 Wohnungen X 1.000,- EUR/m²). Ein Betrag von 6.500,- EUR (Honorarumsatz) ist, gemessen an dem verwalteten Gegenwert, ein Salär von 0,04%, ziemlich preiswert, oder?

Diese (nicht gerade üppige) Bezahlung der sachgerechten Verwaltung von Haus- und Grundbesitz steht unter dem Eindruck einer „unberechenbaren Bewohnerklientel“. Ist alles gut und die Beziehungen zu den Kunden sind auskömmlich, gut und alle sind zufrieden, lässt sich damit leben. Kommt es allerdings zu „Stress“ mit einzelnen Bewohnern, etwa weil diese anfangen, psychologische Verwaltungskriege zu inszenieren um richtige oder falsche Verwaltung, stürzt das Gebäude der Rentabilität von Verwaltungsleistungen schnell in sich zusammen.

Ich bitte darum, Ihre privaten Kleinkriege auch tatsächlich privat zu führen.„Shitstorms“ mögen vielleicht zur „Facebook“-Etikette und deren Niveau gehören, aber dieses hier ist ein elektronischer Postverteiler. (sagt eine Wohnungseigentümerin dem Angreifer per email)

Ein solcher Stress ist es beispielsweise, wenn ein Bewohner sich in  einer Art „wahnhaftem Rachefeldzug“ gegen die Hausverwaltung wähnt, aus privaten Gründen. Beispielsweise ein solcher, Zitat aus einer Email eines Wohnungseigentümers im Rahmen einer Emailliste an eine weitere Wohnungseigentümerin:

Ich führe hier keinen privaten Kleinkrieg, sondern handle im Sinne der Gemeinschaft und zwar dahingehend, dass in dieser nicht jeder machen kann, was er will, und hierfür brauche ich weder einen Beschluss noch irgendeinen Auftrag! (sagt der insoweit angegriffene Angreifer)

Diese Aussage an sich ist eindeutig. Und falsch.

Merke: Ein jeder Auftrag, zu handeln „im Sinne einer Gemeinschaft“ bedürfte eben gerade doch eines Beschlusses bzw. eines Auftrages eben jener Gemeinschaft, für die ein jener welcher vorgibt handeln zu müssen. Niemand ist aus sich heraus „Verfechter des Gemeinschaftsgedankens“, insbesondere eben ohne die Gemeinschaft selbst zu fragen, was sie denn wünsche. Eine vollkommen absurde Selbstüberschätzung.

Fazit: Während einer der schönsten Immobilienwitze jene Bauernregel ist „Schon mit einer Immobilie nährt der Makler die Familie“ (tetsche), ist es in Hausverwaltungszusammenhängen genau anders herum: Hier verderben zu viele Hobbyköche den Brei, insbesondere dann, wenn sie sich als Verfechter echter Gemeinschaft aus dem Fenster lehnen, ohne die Gemeinschaft auch nur zu befragen. In diesem Fall gerät die wirtschaftliche Gesamtbetrachtung von Verwaltung vollkommen aus den Fugen und Hui Buh, das Schlossgespenst muss andernorts zur Verwaltung kommen.

Nein, „im Sinne der Gemeinschaft“ handeln zu wollen, bedeutet ganz anderes. Es bedeutet, die sensible Masse Mensch, die sich dahinter verbirgt, nicht zu düpieren, ihre Gefühle nicht zu verletzen und deutlich zu unterscheiden zwischen „ich“ und „wir“, mag sein, für sich zu sprechen, aber niemals unabgestimmt „für uns“, denn wer sind wir denn, dass wir nicht selbst „die schweigende“, aber fassungslose Mehrheit sind?

In diesem Sinne muss sich der Verfechter vermeintlicher Gemeinschaft stets fragen lassen, ob er am Ende ein hausgemachtes, ganz eigenes Problem hat? Überflüssig noch zu überlegen, ob gar eine schwierige Kindheit, ein zu großes Überlegenheitsgefühl oder schlicht eine vollkommene Verkennung der Sachlage.

(EP)

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