1832/12: Positionen: Das Wasser sucht sich seinen Weg. Und Frau Schmitt redet von Verschwörung! #Psychowelt

Positionen

Foto des Tages: Wasserleitung, Eckventil

Foto des Tages: Wasserleitung, Eckventil

Irgendwo läuft Wasser. In Berlin-Wilmersdorf ist gerade der Wurm drin.

Vor einigen Wochen war das Klo von Herrn Piepenbrink (* Name geändert) im Gartenhaus verstopft. Das Wasser ergoss sich über drei drunterliegende Etagen, der Schaden ist fünfstellig. Die Versicherung blecht.

Und jetzt läuft Wasser im Vorderhaus. Nennt man so ein Haus schadenträchtig? Dabei war die Versicherung erst kürzlich gewechselt worden. Kein guter Einstand. Was noch schlimmer ist: Eigentümer spielen nicht mit.

Psycho-Logik

Als die italienische Eigentümerin im zweiten Obergeschoss „Wasser von oben“ meldet, ist schnell klar, wie vorzugehen ist. Bitte die Eigentümerin eins drüber ansprechen. Hier noch schnell die Telefonnummer. Ja, sie hat sie schon eine Zeit nicht gesehen.

Wir wissen, Frau Schmitt (* Name geändert) ist immer längere Zeit abwesend. Die italienische Eigentümerin soll sie anrufen, bilateral klären: Warum kommt Wasser von Dir, Frau Schmitt?

Frau Schmitt ist nicht erreichbar. Auf ihrem Handy sagt ein Dienst, sie werde über den Anruf benachrichtigt. Sie rufe zurück. Sie ruft aber nicht zurück. Seit Wochen. Das Wasser läuft immer weiter. Unerträglich.

Inzwischen ruft Herr Groß (*) aus dem Dachgeschoss des Vorderhauses an. Er hat eine Verstopfung erlitten, genauer sein Abflusssystem. Das hat 200 Kröten gekostet, ob er da was wieder bekommt? Nein, das Abflusssystem seiner Wohnung ist Sondereigentum. Muss er selbst machen.

Drunter steht die Wohnung im vierten OG leer. Sie gehört Dr. Huchja (*), ein Strahlenarzt. Die Wohnung steht unrenoviert seit mehreren Jahren leer. Alle Versuche, ihn zum Hinterlassen eines Schlüssels zu bewegen, schlugen fehl. Berüchtigt ist die Erinnerung: „Nehmen Sie eine Kreditkarte, damit bekommen sie die Tür auf.“ – Das ist keine Art. So macht man das nicht. Was ist, wenn dort plötzlich einer wohnt?

Da wohnt aber keiner. Also, ab durch die Tür und nachgeschaut. Ist das Wasser bei der Italienerin weiter unten am Ende aus dieser unbeaufsichtigten Wohnung? Antwort: Nein, ist es nicht. An der Decke der unrenovierten Wohnung ist eine kleine Feuchtstelle. Die ist aber von Herrn Groß aus dem Dachgeschoß. Darum sich kümmern, das muss Herr Huchja selbst, das ist sein Sondereigentum. Wohnung zu. Gut.

Frau Schmitt hat sich immer noch nicht gemeldet.

Beim Elektroshop im Erdgeschoss ist Frau Schmitt öfter. Sie ist Baujahr 1948 (*), raucht dort gern mal eine und bekommt auch einen Kaffee. Nachbarschaft.

Aus gut organisierten Nachrichtenkanälen drücken allerhand abwegige Geschichten über Frau Schmitt durch den Äther. Sie fühlt sich verfolgt auf facebook, heißt es, will die Staatsanwaltschaft und das Kriminalgericht informieren. Eine groß angelegte Verschwörung ist im Gange.

Informell flüstert sie was von, da gäbe es eine Undichtigkeit an ihrem Ablaufbogen vom Klo. Einen Handwerker will sie aber nicht holen, sagt sie. Sie hat zu Handwerkern kein Zutrauen. Die betrügen sie alle.

Das alles wird langsam deutlicher und verdichtet sich zu vielem.

Denn vorher hat die Hausverwaltung nach einer Weile des vertrauensvollen Zuwartens entschieden: Wir haben die Faxen dicke. Frau Schmitt ruft nicht zurück, weder auf Rückrufbenachrichtigungen ihres Handys, noch auf SMS-Nachrichten der Hausverwaltung reagiert sie. Die große Blase platzt am Morgen. Die Hausverwaltung holt die Polizei heran, per Funkwageneinsatz. Ein Schlüsseldienst wird bestellt, der Hausmeister assistiert. Die Polizei sagt, der Briefkasten sei im Grunde geleert. Der Elektroladen im Erdgeschoss sagt nun erstmals, ja, Frau Schmitt, die sei gestern da gewesen. Sie ist also nicht auf Mallorca. Auch nicht in Reinickendorf, wo sie noch eine andere Bleibe habe. Die Polizei hat noch eine Festnetznummer von ihr, da gibt es ein Freizeichen, aber da geht niemand ran.

Frau Schmitt aber ist im Elektroladen gewesen.

Die Polizei sagt, bei dieser Nachrichtenlage werde sie nicht beim Richter anrufen und eine Ermächtigung zum Öffnen der Wohnung herbeiführen. Weil Wasser rinnt, aber niemand reagiert auf Bitten zurückzurufen. Wasser ist geduldig.

Inzwischen steht fest: Niemand liegt tot in der Wohnung. Niemand befindet sich im Ausland, unabkömmlich. Irgendeine ganz verrückte Sache ist im Gange.

Und der Eigentümer vom Elektroladen schreibt eine Mitteilung an die Hausverwaltung: Schon seit Wochen sei die Wasserproblematik bekannt und geschehen sei nichts. Das rieche nach schwerwiegenden Pflichtversäumnissen, wer denn dafür hafte?

Heute bleibt offen, wie es in dieser Sache weiter geht. Nur das der Hausverwalter wie zum Spaß vom Verhaften der Eigentümerin Schmitt gesprochen hat und den Elektroladenbesitzer bittet, dieses selbst durchzuführen und nicht mehr von der Seite von Frau Schmitt zu weichen, bis das defekte Ablaufknie inspiziert worden ist. Natürlich kann auch geklagt werden. Aber die Sachlage ist ziemlich eindeutig: Die Eigentümerin wird für diese „Nummer“ noch nachhaften, doch wer hätte dies gewollt?

Niemand wird das am Ende richtig einordnen.

(EP)

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