1612/12: Erfahrungshorizonte: Die Telefonate dieses Tages oder warum die Nerven blank liegen… #Kommunikationskunst

Gute Kommunikation? Telefon

Gute Kommunikation? Telefon

Immer die Nerven behalten, egal was dir über den Weg läuft, oder wie ich gestern Desmond Tutu zitierte: “Mein Vater sagte immer: Erhebe nicht deine Stimme, verbessere deine Argumente” (Rev. Desmond Tutu, Friedensnobelpreisträger) – Also bleibe ich ruhig. Und schreib es mir von der Seele!

Man kann Briefe schreiben oder es auch lassen. Schreibt man welche, löst das was aus. Zum Beispiel Fragen. Möglicherweise würde ich mit weniger Briefen auch in Ruhe gelassen werden. Aber dann häuft sich tagsüber mit Schwerpunkt auf den Vormittag das Anrufen durch Anrufer. Ein willkürlicher Auszug daraus.

Mein Gott, Walter! Walter war Verwalter! Vorverwalter!

Er heißt Jewgenij (*)und ist der Freund vom russischen Eigentümer des Restaurants Schnitzelstübchen (*). Nun ruft er an. Er will alles wissen. Warum dieses Rundschreiben? Und ich jetzt so Datenschutz? Wer bist du? Hast du Vollmacht? Ich geb keine Auskunft. Oder so.  Ja, der Vorverwalter heißt Walter mit Nachnamen und hat die Unterlagen nicht rausgerückt. So „laissez faire“, Larifariinformationen, ohne den Datenschutz zu …..

Restmüll auf deutsch - türkisch - arabisch: Artakalan Cöp u.a.

Restmüll auf deutsch – türkisch – arabisch: Artakalan Cöp u.a.

Jetzt wird Walter, der Vorverwalter, auf Herausgabe verklagt. „Aber kein Prrroblem, oder?“ sagt Jewgenij. Hier steht was von Finanzamt. Ja, falls sie die Jahresabrechnung für das Finanzamt brauchen, soll unser Schreiben dort vorlegt werden. Der Vorverwalter ist ein Hund. Ach so, ist er erleichtert, nix Ärger mit Finanzamt, kommen hierher. Nein, nein, sage ich. Kommen nicht. Entschuldigen mein Deutsch, sagt er, ich sage: Nein, nein, kein Problem. Weder Finanzamt noch ich kommen! Einfach warten. Danke. Tschüss. Kracks. (aufgelegt)

Jewgenij und ich hatten eine freundliche Telefon- und Gesprächsatmosphäre. Allerdings muss ich einige Male heftig „in mich hineinlachen“. Oh ja, der Alltag, der mich schüttelt.

Herr Avci (*) und die „Spuren im Sand“

Herr Avci kommt gleich zur Sache, wenn das auch nicht ganz leicht zu verstehen ist. Er ist Türke und spricht schlecht Deutsch. So radebrechend. Man muss sich einen Teil zu dem hinzudenken, was er sagt, dann wird es was.

Nein, der, den er verlangt, ist gerade im anderweitigen Telefonat. Wollen haben Durchwahl? Nein, besser, schreiben sie sich bitte die Durchwahl einmal auf, erstens müssen sie dann nicht immer allgemein und anderswo anrufen, zweitens sind direkte, schnelle Kontakte unbezahlbar. Kostenlos.

Beim Aufschreiben ist er widerwillig. „Hab nix Kugelschreiber!“ sagt er. Handytelefonierend anrufend, ohne Schreibgerät. Der mit dem Elektronischen von unterwegs anruft, ist auf den abweichenden Fall nicht eingerichtet. Er führt Beschwerde stets gegen Andere, die er nicht gegen sich selbst richtet. Nach dem Motto: „Oh, ich hätte ihn aber von einem ausruhfähigen Arbeitsplatz aus anrufen können, mit Schreibgerät, Papier und der Möglichkeit, etwas zu notieren bewaffnet, also mit mehr als weniger.“ Das mit dem Aufschreiben ist ihm zu kompliziert. Schließlich hilft ihm meine Sturheit und er hat die rettende Idee: „Sagen sie mal,“ sagt er, und ich „Ach, haben sie jetzt Papier?“ – Nein, das nicht, aber er sagt: „Ich schreib mit Füße in die Sand…“ – Na bitte. Geht doch.

Herr Uludag (*) und der dringende Wasserschaden

Herr Uludag ist Miteigentümer in der „Kreuzberger Kulturmeile“ (das ist die Gegend um Yorckstraße/Großbeerenstr./Möckernstr. herum) – irgendwo da in der Gegend. Wo genau, spielt keine Rolle. Sein Mieter hat einen Rohrbruchschaden, sagt Herr Uludag. Wir sollen uns mit dem Mieter in Verbindung setzen und Abhilfe schaffen. Genaueres weiß er auch nicht, sagt er. Er arbeitet viel, hat so Gastronomie. Herr Uludag beschwert sich bei der Gelegenheit auch über den Rechtsanwalt, der die von ihm nicht gezahlte Sonderumlage gerichtlich anhängig gemacht hat. Weil er nicht gezahlt hat. Er sollte da so eine Gebührenrechnung bezahlen, 119,- €, das habe er nicht verstanden. Ich will es ihm gerade nicht erklären.

Das Gespräch zwischen uns geht hart zur Sache. Schließlich, nach etwa fünf Minuten hartem Hin und Her, die Lösung. Der Mieter hat gar keinen Durchlaufschaden mehr. Das ist Vergangenheit. Es muss nichts mehr veranlasst werden. Der Mieter hatte vor einiger Zeit einen Wasserschaden von wem und durch was auch immer, das bleibt ungeklärt. Nun geht es um die Folgeschäden in der Wohnung, die beseitigt werden sollen. „Ich will die Wohnung ohnehin verkaufen,“ sagt Herr Uludag jetzt. „Da muss der Schaden weg sein“, fügt er hinzu. Und ich denke so: „Gut, dann mach das mal, aber nicht auf Kosten der Gemeinschaft.“

Nein, manche Vormittage sind an Telefonaten wohl kaum zu ertragen.  Der Tag ist gelaufen: Und von einem ganz, ganz widerlichen Fall von persönlicher Nachstellung in Berlin-Wilmersdorf möchte ich an dieser Stelle gar nicht erst reden. Damit wird sich die Polizei befassen. Die Polizei sagt schon wieder: „Wir können nichts machen. Es muss erst was passieren.“ Sagt sie, die Polizei. Dabei passiert schon ganz, ganz viel. Die Polizei wird es nie begreife, allen neuen, reformerischen Vorschriften zum Trotz, die eingeführt wurden, um Opfer zu schützen.

Als Verwalter bewohnter Mehrfamilienhäuser könnte man Bücher schreiben, wenn man nur wollte. Ich werde es mir für „die Zeit danach“ fest vornehmen. Oder? Oder einfach alles wegschreiben, hier zum Beispiel. Das hilft.

(*) Namen und Fakten der Protagonisten und Ortsangaben sämtlich verändert

(EP)

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