1550/12: Emailregeln: Massenpost-Phänomene, Rohrbrüche, Katastrophen

Emails dürfen keine überflüssigen, missverständlichen Hinzufügungen enthalten, die der Leser nicht präzise versteht. Er kann weder Ironie erahnen, noch Untermengung von Kenntnisständen, wie z.B. „der ja bekannte Rohrbruch“, der nicht bekannt ist.

Dass die Leute immer mehr menschliche Kontakte auf die virtuelle Schiene verlagern, ist bekannt. Auf diese Weise werden die unüberwindlich erforderlichen Kontaktversuche erst einmal gar nicht erst noch versucht. Stattdessen schreibt der Absender eine Email und das war´s. Die Folge: Die Posteingänge der Menschen werden voller. Dabei entsteht auch jede Menge „Nullkommunikation“. So wie die mit dem Hauskommissar einer Hausreinigungs- und Betreuungsfirma, die heute Berichtsgegenstand ist, er schreibt am 20.04. des Jahres:

Auszug aus der Email:

Betreff: Hooliganstr. 12 (* Straße geändert)
Hallo, im Vorderhaus ist an der Decke Absatz zum 3.OG ja ein bekannter Wasserfleck. Dieser scheint sich weiter auszubreiten und Schimmelspuren bilden sich. Da nun wieder ein Mieter deswegen bei uns anrief, müsste dort mal die Verkleidung vom Strang geöffnet werden um nachzusehen wo die Feuchtigkeit herkommmt. MfG Kraatz (* Name geändert)

Die Email habe ich heute angesehen, dreizehn Tage nach ihrem Eintreffen.

Und das geht so:

Ich habe 360 Emails in meinem Posteingang heute Morgen. Weitere rund 300 Emails lagern in bis zu fünfundzwanzig weiteren Unterverzeichnissen, vorläufig dort geparkt, weil sie keine besondere Wichtigkeit besitzen und aus archivinteressierten Gründen behalten werden müssen. Eine Vielzahl von Emails habe ich dabei bereits gelöscht.

Das sind also -sagen wir mal- rund fünfhundert bis sechshundert Emails, die ich überwiegend nicht mehr benötige und die meinen Alltag überlagern, als  „overhead“, technisch wie inhaltlich überwiegend zu nichts mehr nütze, außer zu Beweiszwecken.

Ob Emails große Beweisfähigkeit zukommt? Da habe ich Zweifel. Mein reguläres Arbeitsleben besteht jedenfalls im überwiegenden Ergebnis nicht aus Beweislücken, Beweisanträgen und Prozessgesichtspunkten. Ich klage weder gern vor Gericht, noch verklagen uns gern Leute, außer einigen, die nicht anders können. Bei denen allerdings kommt es ausschließlich auf solche Gesichtspunkte an, die nicht per Email anliegen und bewerkstelligt werden bzw. wurden.

Im Kern ist die obige Email eine technische Mängelmeldung, die an einer Reihe von inhaltlichen Ungeschicklichkeiten leidet. Im Kern dies:

– Aus dem Betreff kann ich nicht erkennen, dass es sich um eine wichtige, notfallartige Nachricht handelt, die sofortiger Bearbeitung bedarf. Aus dem Betreff eines Straßennamens erkenne ich dies beim besten Willen nicht.

– Am 20.04. hatte ich offenbar gerade keine Zeit, diese Email anzusehen. Dann kamen so viele neue Emails, dass die alte Email einfach im Nirwana verschwunden ist. Sie war bis heute ohne jede Bedeutung. Das ist schlecht, denn wenn Wasser tropft, ist dies kaum sachgerecht.

– Hat nun derjenige, der eine solche Email absetzt, seine Verantwortung gut erfüllt? Oder ist derjenige der Hund, der diese Nachricht nicht liest? Kein Absender kann wissen, wann der Empfänger die Email liest und ob überhaupt? Na ja, man sieht schon, es ist ein Yin-Yang-Problem, nicht wahr? Wer schreibt, muss bei wichtigen Dingen auch dranbleiben, bis sie persönlich geregelt und Erledigungen zugeführt werden.

Es reicht nicht aus, zu schreiben. Schreiben ist noch nicht Kommunikation, sondern der einseitige Antrag des Schriftführenden, bei irgendeiner Gelegenheit gelesen bzw. wahrgenommen zu werden.

Bemerkenswert: „Hallo, im Vorderhaus ist an der Decke Absatz zum 3.OG ja ein bekannter Wasserfleck.“ Die Prüfung ergibt: Nein, der ist nicht bei uns bekannt, dieser Wasserfleck. Würden wir denn einen Wasserfleck im Treppenhaus einfach ignorieren? Wohl kaum. Das Treppenhaus ist hier äußerst hochwertig renoviert. Und weiter und noch bemerkenswerter: „Da nun wieder ein Mieter deswegen bei uns anrief, müsste dort mal die Verkleidung vom Strang geöffnet werden um nachzusehen wo die Feuchtigkeit herkommt.“

Mitnichten. Der Mieter war erstens ein Verwaltungsbeirat, der sich nach vierzehn Tagen ergebnislosen Zuwartens nach dem Stand erkundigte. Und: Richtig dürfte sein, dass wir nicht deswegen etwas zu veranlassen haben, weil jemand nochmals anruft. Wir müssen beim ersten Anruf handeln, wenn Wasserschäden drohen. Solche Schäden müssen gemeldet werden, so dass sie wahrgenommen werden können. Sie müssen an Handwerker weiterbeauftragt werden, um den Schaden klein zu halten.

Dass solche Sachen herumliegen in virtuellen Mängelmeldungen, wo sie nicht wahrgenommen werden können, ist nicht in Ordnung. Ich werde heute den König der Löwen geben und ordentlich brüllen. Es reinigt die Seele und befreit von der persönlichen Wut, die heute Morgen hier entstanden ist. Nicht mit mir, Leute.

 (EP)

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