1467/12: Sinnfragen: Wie aber geht man mit dem Vorstrafenregister eines Neukunden angemessen um?

Strafrechtsreform (c) Klaus Staeck, 1969

Der Erfinder der Notlüge liebte den Frieden mehr als die Wahrheit.
James Joyce

Die Kundenstruktur einer auf Wohnungseigentum spezialisierten Hausverwaltung ist nicht homogen. Auch nicht homophob. Oder homophil. Am besten vielleicht „unhomo“? Geschlechterneutral. Anti-rassistisch: Und wäre der Mensch auch von blauer Hautfarbe und mit weißer Zipfelmütze: auch schlumpfophob güldet nicht. Streng verboten.

Verwaltet wird grundsätzlich „ohne Ansehen der Person“. Jeder Einzelne ist Teil einer Menge, genauer: Einer ist eine Teilmenge. Auf ihn bzw. sie kommt es nicht entscheidend an. Es kommt auf das Ganze an, auf die Menge, also auf die Gemeinschaft. Da das weltweite Marxsche Manifest offenbar gescheitert ist, ist Wohnungseigentum auch nie Weltkommunismus geworden. Das vorläufige Übergangsmodell namens „Sozialismus“ ist ebenfalls bankrott. Dort galt es noch, dass alle gleich seien. Im Wohnungseigentum sind nicht alle gleich. Aber ähnlich, also vergleichbar, müssen alle Eigentümer behandelt werden. Schwieriges Feld.

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Bouillon vom schwierigen Wohnungseigentümer (Quelle: unbekannt)

(Quelle: unbekannt)

Übel, übel sprach der Dübel und verschwand in der Wand. #Redensarten-Index

Der Wohnungseigentümer selbst gilt hier und da als „netter Mensch“, das ist bekannt. Andere wiederum gelten als eigenbrötlerisch und schwierig. Hinzukommt eine Art „Wirtschaftsfaktor“ und „eingebildete“ oder „zugestandene“ Macht. Das System der Wohnungseigentümer selbst ist grundstrukturell „demokratisch“ ausgebildet. Mit allen bekannten Schwachstellen, die überall woanders im täglichen Leben anzutreffen sind.

Im dezidierten Aktenübergabeprotokoll hat der alte Verwalter zusammengestellt, was er dem neuen Verwalter zu übergeben gedenkt: die Verwaltungsakten.

Und dann sind da noch die „flirrenden, fliegenden Vorgänge“, das sind Aktenstücke, die zwar übergeben werden, die aber nicht in der offiziellen Liste auftauchen. Der Grund dafür ist mannigfaltig: Das kann sein, weil das einzelne Aktenstück zu unbedeutend ist, um über einer gutfunktionierenden Überschrift „zu brillieren“ bzw. hervorzustechen.

Es kann auch sein, dass man das Aktenstück gar nicht als „irgendwie zugehörig“ benennen mag. Oder es existiert gar nicht offiziell, ist aber „als Kolorit“ wichtig. Das kann der Fall sein, wenn einem ein anderer subversiv „fremde Aktenstücke“ zugespielt hat, die er für hilfreich befand, um einen bestimmten Kunden, einen einzelnen der mehreren Eigentümer richtig einschätzen zu können.

Und immer in die Fresse hauen! (Quelle: unbekannt)

Und immer in die Fresse hauen! (Quelle: unbekannt)

So ein Aktenstück kann man ein „briefing“ nennen oder eine „informelle Hintergrundinformation“, ist ja auch egal. Im vorliegenden Fall handelt es sich um die gut lesbare Kopie eines Landgerichtsurteils der „kleinen Strafkammer“ des Landgerichts Berlin zum „Aktenzeichen XY gelöst“.  Nein, das Aktenstück hat für die Verwaltung der WEG, die neu übernommen wird, nur peripher Bedeutung. Das Urteil listet auf rund 10 Seiten auf, in welcher Weise der Angeklagte dieses Strafverfahrens seit 1978 straffällig auffällig wurde und mit welchem Ergebnis.

Ein solches Stück „Historie“ kann für jeden Hausverwalter interessant sein. Sagt es doch etwas aus über denjenigen, der sich als Teil einer Gemeinschaft wiederholt in kontraproduktiver Art und Weise am gemeinschaftlichen Vorgehen „vergangen“ hat. Und lautet diese Information auch noch so subjektiv, jemand sei ein „ganz Schlimmer“, so besteht die vornehmste Aufgabe des neuen Verwalters ja unbestreitbar, sich ein eigenes Bild zu machen.

Dabei kann das Vorstrafenregister des betreffenden Eigentümers von großer Aussagekraft sein. Und geht über das rein Mündliche im Treppenhausflur, über Geschnack, Getratsche und Blabla doch deutlich hinaus. Es ist eine zielgerichtete, zutreffende Informationsquelle. Nein, es ist keine Stasiakte, sondern das Urteil eines bundesdeutschen Straf-Landgerichts, dessen Entscheidungsgründe unter anderem auch ein Vorstrafenregister nachrichtlich in Erwägung ziehen.

Das betreffende Verfahren betrifft die Frage der Geldstrafe in einem festgestellten Tatbestand namens Stalking. Darüber was Stalking (zu deutsch: Nachstellung) ist, haben wir hier schon ausführlich berichtet. Auch und sogar in eigener Sache. Ein Irrer hatte uns monatelang persönlich nachgestellt.

Neue Besen kehren gut. Ein neuer Verwalter eventuell auch. Dass die Zeiten schwierig waren bisher, ist festzuhalten. Aber nun will die WEG zu neuen Ufern aufbrechen. Wird sie das -unter neuer Führung- schaffen? Wird man den schwierigen Eigentümer loswerden? Oder wird sich die Sache von selbst erledigen? Das schwierige Profil desjenigen, dessen Vorstrafenregister nun zur informellen Auswertung beim neuen, noch unbeeinflussten Verwalter vorliegt, muss von Anfang an gewissenhaft und mit der notwendigen Konsequenz fürs künftige gemeinschaftliche Verwalten durchdacht werden.

Ach, wäre doch das Leben nicht so tief und voll von lauernden Gefahren! Aber im Ernst: die seitenlange Auflistung lässt kaum der Vermutung Platz, dass dieser Eigentümer nicht irgendwie „Dreck am Stecken“ hat. Man kann sich ein-, zwei- ja dreimal irren und jemanden einer Sache auch zu Unrecht anzeigen. Eine Verurteilungshistorie von zehn langen Auflistungsseiten, das hat schon was von „permanentem Justizirrtum“. Hält man auch noch so wenig von der Justiz, so doof kann selbst Justiz nicht sein.

Beileibe nicht.

Im Namen des Volkes (Kopf eines Urteils)

Im Namen des Volkes (Kopf eines Urteils)

Merke: Ein Vorstrafenregister eines Menschen, der listenmäßig 23 vormalige Vorstrafen vorweisen  kann, wenn es gilt, über die 24-ste angemessen zu urteilen, beinhaltet im Grundsatz keine Unschuldsvermutung. Sie allein ist mindestens ein Indiz dafür, dass die Zahl der in Wirklichkeit begangenen Straftaten länger ist, möglicherweise doppelt, dreifach oder gar mehrfach so hoch. Denn die Menschen besitzen ja erfahrungsgemäß auch Schamgrenzen: nicht alles wird angezeigt. Nur wenig wird strafrechtlich überhaupt verfolgt. Und für das Strafrecht gilt ja sowieso: Es werden oft die Falschen verfolgt und/oder die Nebensächlichkeiten und je korrekter der Mensch auch im Übrigen lebt, umso leichter bestraft dieser Staat auch die Bagatellen wie Falschparken.

Vorurteilsfrei bleibt festzustellen: Es ist gut zu wissen!

 

(EP)

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