1440/11: Lied des Tages: Leben & Sterben lassen – Live & Let Die – Paul McCartney (1973), und facebook ist der Spion, bei dem´s piepte!

Ich komme zurück auf das Jahr 1973. Der Film „Leben und Sterben lassen“ wurde gestern Abend ausgestrahlt. Sollte ich das neue facebook-Profil mit diesem Wissen ebenso gewissenhaft füttern, meine (neue) Timeline mit Erinnerungen füttern? Damit jeder weltweit sehen kann, was ich 1973 von diesem Bond-Film hielt? Nein nein, die Diskussion um „Euro-Bonds“ ist mir nicht entgangen. Ich bin ebenso dagegen, wie die derzeitige Regierung. Mein Bond gehört nach Europa, die Briten sind auch dagegen und dem Zuckerberg werd ich nichts stecken, diesbezüglich. Klara Fall, Klara Kopp und „klar wie dicke Tinte & Plumpudding“, letzteres sagte früher immer mein Englisch-Lehrer.

So langsam, Stück für Stück, rollt mein zweites Leben in der „digitalen, zweiten Lebensrolle“ aus. Ich werde nun aufgefordert, auch die rückwärtigen Aspekte meines Lebens zu bearbeiten. Es geht darum, sein ganzes Leben vor den anderen facebook-Usern dahin zu blättern. Nacktbilder sind allerdings weiterhin verboten. Bei gewissenhafter Bedienung eine transparente Rückschau auf ein Leben. Die Frage ist, wie viel Transparenz verträgt das eigene Leben und die andere Frage lautet, was es bringen soll, ein so rückwärts gerichtetes Leben zu führen, bzw. sich in der Rückschau in konkrete Arbeit zu begeben?

Abgesehen davon: Wer im Hier und Jetzt lebt, der wird aber -ab sofort- bzw. nach der Umstellung auf das neue Profil, auch hinsichtlich aller „Phasen seines jetzigen Lebens“ transparenter. Denn Andere dürfen dann in der timeline scrollen und so lässt sich prima herausfinden, wie jemand -sagen wir im Januar 2012- gerade so drauf war. Der Spion, der mich liebte. Bzw. Der Spion, der mein Leben siebte. Durchsiebte. facebook ist auch der Spion, bei dem´s piepte.

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Paul McCartney (1973) – Live & Let Die (James Bond-Titelsong (via Youtube)

Lasst uns das Leben lebenswert machen. Lasst uns das Altern erstrebenswert machen. Lasst uns das Sterben erträglich gestalten. Und wenn´s soweit ist, lasst und darüber nicht Haare spalten. Weil wir am Ende ja alle erkalten.

Womit ich nun beim Teilen meines Lebens angelangt bin, allerdings nicht auf facebook, und dort nur partiell. Wenn ich das hier fertig geschrieben habe, lässt mein System eine Meldung via Twitter los und schickt sie weltweit um die Reise. Wem meine tweets gefallen, der followed mir. Wenn er oder sie Twitterer ist. Das tut aber nicht not. Denn meine Tweets werden via Rohrpost (Twitter) auch an facebook weiter gemeldet. Dort sind derzeit über 450 Personen meine „Freunde“. Das schreibe ich in Anführungszeichen, weil ich zu unterscheiden weiß zwischen richtigen und falschen Freunden.

Wer eine Menge „falscher“ Freunde hat, führt der das System facebook an der Nase herum? Vielleicht.

Die Crux sind die Privateinstellungen von Usern auf facebook, die sinngemäß regeln, dass Freundanfragen Dritter nicht erwünscht sind. Kann man einstellen. In diesem Fall lehnt der facebook-User die Freundanfrage eines Dritten dann ab, wenn er ihn nicht kennt. Aufgrund seiner Einstellungen erfolgt die Ablehnung dann mit dem automatisierten Hinweis an facebook, dass eine Spam-Anfrage vorliegt. Mit Folgen für den Anfragenden: er erhält eine Kontaktsperre von bspw. sieben Tagen. Was für ein hanebüchener Unsinn, wonach bei Anfragen nach neuen Bekanntschaften derjenige bestraft wird, der den neurotischen Fremdkontaktblockator in kontakftreudiger Art und Weise fragt. Auf die Frage: „Du, wollen wir uns kennenlernen?“ kann man doch auch einfach „Nein“ antworten. So schwierig ist das doch nicht. Und die Frage muss doch erlaubt sein in einem social network.

Im Kern geht es mir im virtuellen Zweitleben – Living 2.0 – nicht um Darstellung privater Intimitäten oder um heimlichen Betrug meiner echten, funktionierenden Lebensbeziehungen als verheirateter Mann mit vier Kindern, sondern um das Gewinnen neuer Leserschichten. Dies Blog befasst sich mit dem Leben in bewohnten Mehrfamilienhäusern. Um das Leben und (vor allem auch) um das Leben lassen. Bzw. später um das das „Leben lassen“, gallus meus mortus est. Der Hahn ist tot, der Hahn ist tot.

Leben und sterben lassen, live & let die, war 1973 und bei Einführung in den deutschen Kinos ca. Anfang 1974 der erste James Bond mit Roger Moore in der Hauptrolle, weitere Hauptrolle Jane Seymour, eine atemberaubende, schöne Frau, noch heute. Ich war so während des Programmstarts in den deutschen Kinos ungefähr 12, 13 Jahre alt. Dieser James Bond war mein erster James Bond, vorher hatte ich nie einen gesehen. Noch während dieses Films saß ich im Kino und verliebte mich ernstlich in Jane Seymour Paul McCartney, der den Titelsong geschrieben hatte.

Im Ernst: Auch heute noch halte ich den Titelsong dieses Bond-Films für einen der größten Filmmusik-Songs aller Zeiten, wenn er irgendwo anläuft, gefrieren alle meine sonstigen Lebensbeteiligungen augenblicklich, ich verstumme  und bitte zeternd jeden weiteren mit mir am Set redseligen Gesprächspartner, für diesen Moment die Klappe zu halten.

Gestern Abend lief der Film im Fernsehen. Ich habe ihn natürlich noch mindestens 150 weitere Male gesehen und kann fast die Dialoge auswendig rezitieren. Das ist nicht der Punkt. James Bond-Filme und insbesondere dieser sind für mich Filme, die ich mir mein gesamtes Leben lang weiterhin immer und immer wieder anschauen kann und in denen ich auch heute noch immer noch neue Kleinigkeiten und Details entdecke. So wie beispielsweise die Darstellung der schwarzen Bevölkerung von Amerika in diesem Film, über die man im Netz viel Kritisches lesen kann. Nein, ich find die Darstellung zwar klischeehaft, aber klasse. Ich habe die Siebziger ähnlich in Erinnerung.

Es gab Afrofrisuren, Schlaghosen, lange Koteletten. Ich war nie in New Orleans, aber genau so, wie diese Stadt in dem Bond-Film dargestellt wird, mit diesen „Fillet of Soul“-Clubs und mit genau denselben Beerdigungsriten und -szenarien stelle ich mir New Orleans vor, jedenfalls früher und ich wache gern eifersüchtig darüber, dass mir niemand diese bloße Einbildung mit dämlichen Gequatsche auf Hochsoziologendeutsch zerstört. San Monique, eine Perle in der Karibik, Jamaica und was Paul McCartney ja auch in dem Film WINGS SPAN darüber erzählt, also wie ihn der Aufenthalt dort seinerzeit dazu inspiriert hatte, in den Bond-Titelsong ein bisschen Reggae einzustreuen, zu einer Zeit, als Reggae in Europa und fast überall woanders noch gar nicht akzeptiert und verbreitet war.

Allein schon der Titelsong sagt ja auch heute noch im Kern, was wir uns wünschen zu erinnern: Wir wollen leben und leben lassen. Wir werden mit Sicherheit irgendwann einmal unser Leben lassen. Wir lassen leben und einige von uns lassen sterben. Leben und sterben lassen. Einzig und allein eins geht gar nicht: wir können das Sterben nicht lassen. Unmöglich.

Ich werde bis dahin immer Paul McCartney hören. Soviel allerdings steht unabänderlich fest.

 (EP)

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