1408/11: Vorverwalter: Der ehemalige Verwalter ist (immer) an allem schuld! – Oder trügt uns hier die Erinnerung?

Die Wohnungseigentümer bleiben! Die Verwalter kommen und gehen! (Quelle: ich selbst, Vorlage: Die Deutschen bleiben! Die Hitler kommen und gehen! Joseph Stalin) – Aber was bleibt von einem früheren Verwalter nach vielen Jahren als Erinnerung an ihn wirklich noch hängen ? Würde es eine gute Erinnerung sein? Die Antwort ist recht einfach: wohl kaum. Aus welchen Gründen auch immer ein Verwalter gegen einen neuen ausgetauscht wird, im Wesentlichen ist es der dringende Wunsch nach Veränderung, von wem auch immer.

Die beruflichen Jahre ziehen dahin. Wir schauen zurück auf eine berufliche Tätigkeit seit ihrem Anbeginn im September 1980. Wir schauen zurück auf eine Vielzahl von Jahren. Sie haben uns geschliffen. Wir waren jung, wir waren (fast) schön, wir sollten neue, bedeutende Wege gehen. Doch jetzt sind diese Jahre alle dahin, verstrichen. In unseren Erinnerungen sind schon viele Menschen verblichen. Oder zumindest weniger konturenscharf, unscharf, verschwommen. Wir leben ganz im Hier und Jetzt. Was sich spinnert esoterisch anhört, ist aber so nicht gemeint. Wir schauen nicht im Wesentlichen zurück zum Anfang von allem, sondern nach vorn: in die Zukunft. Die gestalten wir kreativ, wir wenden möglichst viel zum Besseren. Interessant ist aber die Erinnerung an damals doch. Hiervon handelt die nachfolgende Geschichte und sie erzählt zwei unterschiedliche Sichtweisen auf ein und dieselbe Erinnerung.

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Korrekturhilfe "Verwalterwechsel"

Korrekturhilfe "Verwalterwechsel"

Der Verwalterwechsel ist zugleich auch ein Paradigmenwechsel: Was vorher jahrelang gut war, ist nun schlecht. Was schlecht war, wird nun hoffentlich besser. Vom Regen in die Traufe, oder, wie Wolf Biermann einst sagte, „vom Regen in die Jauche“ zu kommen, wünscht sich niemand. Vielleicht tröstlich: wenn die Gegenwart als angenehmer empfunden wird, als die Vergangenheit. Jedenfalls ist sie schon mal nicht schlechter, als die Vergangenheit.

Ich bin mit Wolfgang (* Name nicht geändert) durchaus per „Du“ seit gefühlten hundertzwanzig Jahren. Als ich gestern mit ihm telefoniere, kommen wir auf die alten Zeiten. Ich schätze, es war so 1986/87. Ein ehemaliger Berufskollege meines Vaters, ein hoher Polizeidirektor, rief meinen Vater (einen Polizei-Hauptkommissar im Ruhestand) an und bat ihn um Hilfe! „Dein Sohn ist doch Hausverwalter“, fing er das Gespräch an. Daraus wurde eine Geschäftsbeziehung. Sie fußte auf persönlichem Vertrauen, wir kannten uns von meinen Kindesbeinen an.

In B-Steglitz hatten er und seine Frau eine Eigentumswohnung erworben, die sie nicht selbst bewohnten, sondern vermieteten. Verwalter der Wohnanlage war seinerzeit eine Firma namens TFB-Universal Immobilien GmbH, die es heute nicht mehr gibt, da die Firma später abgewickelt werden musste. Der Inhaber dieser Firma, Thomas F. (* vollständiger Name hier aus rechtlichen Gründen unzulässig), wurde in der Berliner Immobilienszene „der einarmige Bandit“ genannt, aufgrund von zwei Umständen: einerseits hatte er eine Behinderung und daher nur einen funktionsfähigen Arm. Andererseits stand er im Geruch „zu klauen“. Und das ging so: In einer ganzen Reihe von nicht gerade wenigen seinerzeit gegründeten Wohnungseigentümergemeinschaften wurde diese Firma aufgrund guter Kontakte zu den damaligen Initiatoren Verwalter nach dem WoEigG (Wohnungseigentumsgesetz). Dieser Verwalter war der neugegründeten WEG übergestülpt worden.

In nicht gerade wenige solcher Gemeinschaften verschwand u.a. auch die Instandhaltungsrücklage, die die Eigentümer ansparten. Offensichtlich wurde das vor allem angesichts von einsetzenden Verwalterwechseln, denn zunehmend wendeten sich Eigentümer gegen diese Verwalterin, bei der es aus allen möglichen Gründen immer wieder Ärger und Unzufriedenheit gab, was so detailliert nun auch wieder nichts zur Sache der Geschichte an sich beiträgt.

Mit unserer Hilfe hat die Gemeinschaft diesen Verwalter seinerzeit rausgeworfen. Es folgte die Konsolidierung der zerrütteten Finanzen, Abrechnungen wurden erstellt, alles in Ordnung gebracht. Binnen zwei Jahren war die Gemeinschaft buchungstechnisch und auch inhaltlich auf dem Laufenden. Ein weitgehender Rechtsstreit mit Nachbarn führte sodann zum erstmaligen Einbau einer eigenen Heizungsanlage. Die Gemeinschaft war bis dahin von den Nachbarn mitversorgt worden, die unter der Fuchtel der „anrüchigen Vorverwaltung“ stand. Dann wurde mit viel Geld das Dach neu gedeckt. Ein ganz vorzüglicher Dachdecker und Sachverständiger, der hinterher noch für viele Jahre unsere Dächer auch anderswo betreute, wurde auf Vermittlung durch den dortigen Dachgeschoss-Miteigentümer gefunden. Gute Arbeit, nachprüfbar preiswert. Alles gut.

Die Jahre gingen dahin. Viel änderte sich in der Gemeinschaft. Alte Eigentümer schieden aus, neue kamen hinzu. Irgendwann kam auch Rechtsanwalt Pufe (* Name geändert) als Eigentümer hinzu. Pufe war ein stets etwas zu lauter „Stänkerer“, vielleicht müssen Rechtsanwälte auch mal so sein. Irgendwann war der Punkt erreicht, da ging es nicht mehr weiter in dieser Konstellation. Man trennte sich. In gutem Einvernehmen. Wir besorgten der Wohnungseigentümergemeinschaft noch eine neue Verwalterin, die wir für eine gute Alternative hielten.

Soweit zur Vergangenheit. Schnitt.

Gegenwart: Das Telefonat mit Wolfgang erfolgt im Grunde genommen gestern nach einer Vielzahl von Jahren, die inzwischen verstrichen sind. Aber es macht uns hellhörig, was wir hören und wir finden es interessant, es einmal wirklich auch festzuhalten. Wolfgang sagt, „Die hassen Dich jetzt alle“ und ich sage: „Ups, warum das denn?“ – „Erinnerst Du dich noch an die Gabi, die Architektin?“ fragt er. „Ja, schwach, aber ihr Gesicht sehe ich nicht mehr exakt vor mir!“ sage ich. „Ach,“ sagt er, „alle wissen, wie es wirklich war! Der Verwalter damals, der Verwaltungsbeirat, die haben doch alle linke Tasche, rechte Tasche!“ „Ich?“ Ich bin total erstaunt. „Ich hab doch den Laden aufgeräumt,“ sage ich, „komisch, ich habe eine vollkommen andere Erinnerung!“ Wie die so was über mich sagen könnten, frage ich Wolfgang noch. Er sagt, er hat gefeixt, als sie gesagt hätten: „Der hat sich doch 5% in die Tasche gesteckt!“ Nein, er entgegnet denen: „Quatsch, mindestens 20%“. Ironie.

Mir ist wichtig, ihm zu sagen: Das habe ich niemals gemacht. Es ist ungerecht. Was ist das für eine Erinnerungsgabe der Menschen, die du früher aus ihrem eigenen „hausgebackenen Unglück“ herausgeführt hast, dass sie sich nicht daran erinnern, sondern an etwas anderes, dass niemals im Gespräch war zwischen uns?  Regelrecht ehrverletzend empfinde ich das, denke ich nach kurzem Nachdenken. Was denen einfällt? Irgendwo in Berlin sitzen solche „Ehemaligen“ von dir und behaupten wüstes Zeugs über dich und du selbst kannst eigentlich nichts dagegen unternehmen. Du musst es schlucken, hinnehmen, akzeptieren: Du bist raus aus dem Geschäft! Und das ist auch gut so. Damit es auch gut ist für die, haben sie sich einfach eine komplett andere Erinnerung verschafft. An Sachen, die nie gewesen sind. Fast wird mir jetzt ein bisschen schlecht.

Summa summarum zwei Scheiben unterschiedlicher Erinnerungen an eine gemeinsame Zeit. Für mich eine erfolgreiche Zeit des Bewährens in schwierigen Ausnahmesituationen, in denen eine WEG regelrecht „an die Wand gefahren“ ist, in maßgeblichen Schwierigkeiten steckt. Dann eine Phase des Aufräumens und des Sorgens für rechtssichere Abrechnungen, Wirtschaftspläne, Beschlüsse, der Sanierungen und Instandsetzung. Dann eine kurze Ruhephase, Entzweiung und Differenz, es folgt die Trennung. Und nun dies.

Das muss man sich auch mal deutlich machen: Die Qualität von solchen Treppenhaus-Gesprächen, von vereinfachenden Rationalisierungen, also von „zu einfachen Wahrheiten“, ist immer suboptimal. Wenn man auch in Frage stellen muss, wie Leute dazu kommen, solch einen „Kappes“ zu reden. Normal ist das nicht.

Bei denen eine Erinnerung an eine „korrupte Vorverwalterin“ damals, die mit dem Verwaltungsbeirat „linke Tasche, rechte Tasche“ macht, sich ungerechtfertigt an ihnen bereichert hat. Davon weiß ich nach vielleicht fünfzehn Jahren gestern das erste Mal, davon, dass da Menschen „so reden“, wie ich es hier beschreibe. Ich bin darüber innerlich in einem gewissen Zorn, würde am liebsten da hinfahren und klingeln und sagen: „Was Sie über mich sagen?“ Und ich würde fragen: „Wollen Sie mir das bitte noch einmal ins Gesicht sagen?“ – Nein, das werde ich nicht tun. Ich muss es verarbeiten, mir bleibt keine andere Wahl. Man hat auch einen Ruf zu verlieren, er besteht auch darin, besonders zuverlässig zu sein und darüber unbeanstandet Rechenschaft abzulegen. In Jahresabrechnungen, die man ganzheitlich verstehen kann, wo klar ist, wo jeder Cent steht und wie er da hingekommen ist, wo er steht. Dass das gerade eine Stärke unserer Arbeit war

Was uns das lehrt?

Dass man die Aussagen von Menschen mit Vorsicht genießen muss. Vielleicht. Ein bitterer Nachgeschmack aber bleibt. Man fühlt sich ungerecht behandelt. Nach vielen, vielen Jahren. Es gibt weitere Geschichten wie diese. Ob man so was aufschreiben darf? Warum nicht? Es hat sich doch so zugetragen. Eine andere Stärke von Menschen ist Ehrlichkeit.

 

(EP)