3212/17: Positionen: Ausgepufft. #HIStory

Es wurde immer hart gearbeitet im roten Wedding. Überwiegend Handarbeit. Mindestens aber körperlich hart. (Was man wissen muss)

Davon zeugt der heutige Ausriss aus einer alten Eigentümerakte.

Anfang 2005 war der Puff im roten Wedding Geschichte, das Rotlicht ausgeknipst.

Das Gericht hatte entschieden: Nein, das passt nicht zu einer Nutzung als Ladenlokal. Und doch waren jene Geschäfte unpersönlicher betrieben. Noch heute findet man unter einer URL im Internet, die mit „geile Modelle“ beginnt, ohne dass wir sie hier interessiert verlinken, der Schuster seinen Rappen. Der Hengst eine Stute und der Kunde sein Kartenterminal. Bezahlt wird längst auch unbar.

Aber dem alten Briefkasten haben sie damals nicht selbst das Fürchten gelehrt. Leerung stets durch den Hausmeister, der ihn auch abkleben mochte. Deutscher Hauswart, Du Servicemodell für interdisziplinären Schriftverkehr. Da musste die Hausverwaltung erst noch intervenieren. Die aber das betrieben, mit rotem Wagen, vier Türen, Lackschuh und Selters. Helter Skelter!

Ausgepufft.

666/2010: Mängelmeldung des Tages: Ich habe den Sitzpuff angehoben und Fraßmehl gefunden!

Hundsgefährlich!

Hundsgefährlich!

 Ich habe gestern den Sitzpuff im Schlafzimmer angehoben und da drunter ein ca. ein EURO großes Loch im Fußboden gefunden, dort lag Fraßmehl.“ (Anruf eines Wohnungseigentümers)

Alles klar. Verdacht auf Holzbockbefall? Altbau. 1918 gebaut. Tochter ist gerade dort eingezogen. Hatten vorher die Wohnung von Grund auf saniert. Waren sehr sorgfältig. Dass sie jetzt einen Sitzpuff anheben, weckt allerdings unsere Neugier. Was bitte ist ein Sitzpuff. google muss ran. Suchbegriff Sitzpuff.

Alles klar, den Begriff gibt es wirklich. Na, dann kann ja der Schädlingsbekämpfer mal dorthin fahren und einen Befund schreiben. Hoffentlich nichts Ernstes. Aber wieder was dazugelernt.  Was ein Sitzpuff ist, wissen wir jetzt. Gibt es einen Stehpuff? Antwort: Eher nicht. Das könnte man noch designen. Was ein Liegepuff ist? Das verlinke ich nicht… Mag der geschätzte Leser hier selbst recherchieren.

Der Schädlingsbekämpfer fährt jetzt zur Tochter hin und schaut unter ihren Sitzpuff.

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Weiterführend

Rotlichtmilieu: Wie wohnt es sich über einem Puff? – Gedanken dazu

Otto – Soundschnipsel

Rotlicht

Rotlicht

Im Sperrbezirk zu wohnen, oder in einem Haus, in dem auch ein Bordellbetrieb ausgeübt wird, ist den wenigsten vertraut. Es leben definitiv mehr Menschen außerhalb von lüsternen Bewohnerzonen, als in ihnen. In Berlin-Wilmersdorf gibt es ein Haus, in dem das Rotlichtmilieu dezent, aber nicht ohne Spannungen betrieben wird. Die Anwohner hatten es bereits längere Zeit hingenommen. Und sich mit der Zeit damit arrangiert. Irgendwie geht es schon.

Wenn man nur Rücksicht nimmt, lässt es sich vorstellen, dass Rotlicht und Wohnlicht in friedlicher Koexistenz an und bei Bedarf auch ausgeschaltet werden. Im Dunkeln ist gut munkeln. Oder: Aufeinander Rücksicht nehmen. Auf wechselseitige Befindlichkeiten und Schamgrenzen. Die Hausbewohner haben ihre Interessen. Stehen ihnen die Interessen der geschäftlich Interessierten (im Rotlicht) gleichberechtigt gegenüber? Ginge es nach einem demokratischen Bewohner-/Nutzerproporz, eindeutig nicht. Die Rotlichtgeschäftsfrauen wären ‚krass‘ in der Minderheit. Es geht nicht um Demokratie dabei. Es geht um friedliche Koexistenz. Sich gegenseitig akzeptieren und die einen tun lassen, was die anderen nicht erträglich finden, was sie aber nicht ändern können. Was sind dann die Kerninteressen eines florierenden Rotlichtgeschäfts, die man nicht verletzen darf? Ist dieses Geschäft überhaupt noch florierend? Hat es in den letzten Jahren nicht in Wirklichkeit spürbar abgenommen?

Es ist, wie es ist. Geschäfte müssen gemacht werden, es geht für jeden ums Überleben. Für diejenigen, die dort wohnen und schlafen ebenso, wie für diejenigen, die nur hierher kommen, um mit anderen zu schlafen oder Kunden wunschgemäß zu bedienen. Es kommen Freier dorthin, die auf eigenen Kanälen dorthin gelockt wurden. Es sind Männer, die sich bedienen lassen wollen. Wer gut bedient wurde, kommt gern wieder. Stammkundschaft. Im Gegensatz dazu: Laufkundschaft.

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