1285/11: Video: Die Frage der Hausmusik-Ausübung ist inzwischen in der Rechtsprechung weitgehend akzeptiert

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Martin Grubinger TV-Dokumentation Part 1 / 6  (via Youtube) 

Ob bayerische Volksmusik, Smooth Jazz oder heavy metal: das Üben an den Musikinstrumenten bedarf einer gewissen Beharrlichkeit. Einzelübung oder gemeinschaftliche Hausmusik: grundsätzlich ist das erlaubt, allerdings ist Rücksichtnahme vonnöten…, allerdings hat auch kaum jemand hinter dem Haus eine Übungsraumscheune, wie bspw. der österreichische Multipercussionist Martin Grubinger, dessen Einzel- und Ensemblespiel nicht nur eine konsequente Lautstärke, direkt neben dem Schlafzimmer der Eltern erzeugte, sondern diese auch veranlaßte, sich hieran aus Gründen der elterlichen Liebe zu gewöhnen. Ein starkes Stück und nun allerdings eine Weltkarriere eines jungen Mannes, der seit frühester Kindheit täglich mehrere Stunden übte.

In „Frühstück bei Tiffanys“ besingt Audrey Hepburn auf Veranlassung des Filmkomponisten Henry Mancini den „Moon River“ und so, wie sie täglich Gitarre üben muss, um sehnsuchtsvoll diesen Evergreen dahinzuhauchen, so „barrierefrei“ tut sie es. Und anders als in der bundesdeutschen Wirklichkeit trifft sie damit auf keinerlei Widerstand. War es so, dass derartiges nur im Filmstudio -in der Traumfabrik Hollywood- erlaubt war? Mitnichten.

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Moon River – Breakfast at Tiffany’s  (via Youtube)  

Audrey Hepburn zupft die Gitarre auf dem Fensterbrett oben auf der Feuerleiter. Er arbeitet an der Schreibmaschine. Sie musiziert nachhaltig, nachdrücklich und letztlich in sich selbst versunken. Dann kommt es zum Augenaufschlag gegen Ende des Liedes. Denn er hat sich von der Arbeit gelöst, lauscht heimlich und unauffällig ihrem Liedgut. „Hi“, sagt sie und „Was tust du?“ Das ist das Modell einer gewissen nachbarschaftlichen Liebenswürdigkeit: ihm fällt jedenfalls nicht ein, aus dem Fenster laut Ruhe zu brüllen.

Denn das zuhause Musizieren ist in der Rechtsprechung der obersten deutschen Gerichte inzwischen allgemein akzeptiert, ähnlich wie die Gerichte inzwischen Tierhaltung für einen wichtigen Gesichtspunkt persönlicher Freiheit halten. Der Mensch soll musizieren, denn die schönen Künste helfen uns, die Häßlichkeit der Realität Stück für Stück zu überwinden und an liebenswerte, schöpferische und die Menschheit insgesamt voranbringende Werte und Ideale zu glauben, diese zu verbreiten und „hoch zu halten“.

Mag es auch schwierig sein, in einer Wohnung Schlagzeug zu spielen, ohne ergänzenden Maßnahmen zu ergreifen, so darf doch das Klavier spielen als unbedenklich eingestuft werden. Selbiges gilt für die Gitarre. Sofern heutzutage solche Geräte „Potentiometer“ (Lautstärkeregler) haben und man deren Zimmerlautstärke zu steuern in der Lage ist, gelten sie als unproblematische Helfershelfer gegen den alltäglichen Frust. Der Sportler läuft sich seinen Seelenschmerz im Laufschritt weg, Endorphine schütten sich aus. Der Musiker bekommt akkustische Orgasmen, Höhepunkte seiner „Selbstbefriedigung“.

Das Musizieren/Üben von Musikinstrumenten kann durch mietvertragliche Regelung oder Hausordnung kaum erfolgversprechend eingeschränkt werden und sollte es auch nicht, schon aus ethischen Gründen. Denn Musik rettet die Seelen!  Einschränkungen sind nur denkbar hinsichtlich bestimmter Zeitfenster, der insgesamten Lautstärke (Zimmerlautstärke) und stundenzahlbegrenzungstechnisch (bspw. nicht während der gesetzliche Ruhezeiten). Wer ein Instrument mit „erheblichen Emissionen“ (Beispiel: Schlagzeug, Trompete) übt, sollte dringend geeignete Schallschutzmaßnahmen in Erwägung ziehen. Nicht ganz preiswert sind Übungskabinen (Raum-in-Raum-Technik), wie z.B. die Produkte der Fa. Soundblocker aus Berlin-Neukölln. Sie sind allerdings unbedingt empfehlenswert und basieren auf neuesten Erkenntnissen der Schallschutztechnik.

Richtig: Was einer so daherspielt, muss noch lange nicht enervierend auf „die gesamtdeutsche Befindlichkeit“ umschlagen, in einem positiven Sinne. Doch erst wenn Meister Übung am Kanthaken hing, fand man hinterher zu musikalischen Impressarios, Übung krümmt das Häkchen und macht den Meister. Was für Bob, den Baumeister und kleine Jungs gilt, gilt für Sir Simon Rattle, die „jugendliche Philharmonie des Vergnügens“ von Musik machen und „finde den Ton“-Übungen.

Zunehmend verramscht die Unterhaltungsindustrie das Musizieren mit dämlichen elektronischen Spielekonsolen, man kann ein „Beatles-WII“ kaufen und Bandmitglied der Fab Four werden oder Plastikramsch erwerben, der ein Schlagzeug darstellen soll, in Wirklichkeit aber Sondermüll ist. Oder Karaoke-Konsolen, bei denen sich niemand den Songtext noch merken muss. Intonation, Griffübungen, Geduld und Spucke sind passé: das hat nichts mehr mit Musik machen zu tun. Sie sind das genaue Gegenteil: Eltern sperren ihre nervigen, Geräusche machenden Kinder in andere Zimmer aus, wünschen in Ruhe gelassen zu werden und befehlen, Kopfhörer zu tragen. Mit Kommunikation, Lehre, Vermittlung und persönlicher Zuwendung hat das alles nichts mehr zu tun. Es ist schlicht „bullshit“.

In Berlin-Schöneberg wohnt das Paar. Er ist ausgebildeter Opernsänger und übt regelmässig seine Arien. Zusätzlich spielt er Trompete. Die anderen Hausbewohner sagten lange: „Der nervt.“ Inzwischen haben sich alle dran gewöhnt. Man muss sein Herz öffnen und einsehen, dass das regelmässige Muszieren einen wichtigen Beitrag zur Herzensbildung darstellt. Es kann allerdings sein, dass der bzw. die Musizierende nicht so berauschend schön aussieht bzw. singt, wie Audrey Hepburn. Allerdings: Wer regelmässig Musik macht, wird ohne jeden Zweifel schon bald zu einem „innerlich schönen Mensch“.

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Benny Greb @ Musikmesse Frankfurt 2005 pt. III  (via Youtube)  

Auf der Musikmesse Frankfurt führte Benny Greb, Schlagzeuger aus Augsburg mit festem Wohnsitz in Hamburg, den Messebesuchern alle Aspekte guter Hausmusik vor. Verschanzt hinter einer schallschluckenden Übungs- bzw. Präsentierkabine gab er die bayerische Blasmusik am Schlagzeug zum besten. Derartiges im Wohnzimmer zu üben, kann allerdings die Geduldsgrenze der lieben Nachbarn unter mehrfamilienhäuslichen Verhältnissen durchaus zum Überkochen bringen.

Es bedarf schon paradiesischer Übungszustände, um die Klasse eines Martin Grubinger zu erlangen und Talent. Offenbar ist Österreich auf dem Land eine Quelle einfacheren Zugangs zum Musizieren zuhaus als das gewöhnliche Berliner Mehrfamilienhaus. Martin Grubinger erzählt in dem weiteren Abschnitt hier unten aus seiner Kindheit. Österreich ist nicht musikalisch nicht Berlin: Schade eigentlich.

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Martin Grubinger TV-Dokumentation Part 4 / 6  (via Youtube) 

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(Guter Suchbegriff hier: Hausmusik – Empfehlung: Die angesprochene Dokumentation in allen Teilen ansehen.)

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