1230/11: Video: Walter Kohl, Sohn von Helmut, schrieb ein eigenes Buch. Vom Sohn sein und Emanzipation!

Gefangenschaftsflüchtling

Leben und leben lassen. Leben und Sterben lassen. Leben oder gelebt werden. (#Maxime des Lebens, James Bond-Filmtitel, Titel des im Jan. 2011 erschienen Buchs mit dem Untertitel Schritte auf dem Weg zur Versöhnung von Walter Kohl)

Walter Kohl sieht seinem Vater eigentlich ähnlich, nur ist er viel jünger. Einen Schuß Hannelore hat er ebenfalls abbekommen, na ja, man kann Helmut und Hannelore Kohl zunächst einmal nicht mit Arnold Schwarzenegger vergleichen, der es vieles anders machte. Jedenfalls ist auch nichts Vergleichbares bekannt. Durch das Leben eines Helmut Kohl zieht sich jedenfalls eine gehörige Portion Diskretion über all das, was wir für gewöhnlich als „private Sache“ betrachten. Darüber zu spekulieren, ist müßig. Nun schaut Walter Kohl, Sohn Kohl´s, nicht aus Mann-, sondern aus Oggersheim, zurück: seine Mutter nahm sich das Leben und sein Vater ist wieder in neuen, jüngeren Händen, ein elder statesman, und rückblickend betrachtet hatte Kohl das erreicht, woran ihm am meisten lag: Er wollte als Person unbedingt in die Geschichte eingehen. Geschafft.

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Walter Kohl – im Gespräch mit Beckmann (ARD, Sendung vom 07.02.11) – via Youtube 

Lange Zeit war war es schwer für mich mit den ungewöhnlichen Herausforderungen meiner Herkunft als „Sohn vom Kohl“ umzugehen. Ich lebte in einem extremen Spannungsfeld zwischen Selbst- und Fremdbestimmung. Im Buch beschreibe ich meinen Weg aus einem weitgehend fremdbestimmten Leben als Kind in einer nicht nur in Deutschland sehr bekannten Politikerfamilie in ein neues Lebensverständnis als Walter Kohl. Durch die Arbeit an meinem Buch konnte ich den Weg der Versöhnung für mich entdecken und beschreiten. Versöhnung ist eine starke Quelle der Kraft. Sie ist die Kraft, die einen Menschen zu sich selbst bringt und Menschen zueinander führt. (Walter Kohl und sein spirituelles Credo auf seiner Homepage, Link unten)

Niemand hätte es ihm zugetraut und alle haben sich geirrt. Es war ein begnadetes Polit-Talent, sagt auch sein Sohn über ihn, und was für andere Menschen die Familie, sei für Vater Kohl die Partei gewesen. So gesehen war Kohl Alt-Stalinist und jubilierte, wenn auch heimlich „Die Partei, die Partei, die hat immer Recht.“ Spaß beiseite.

Deswegen muss man sich das so vorstellen: Die Kindheit der Kohl-Söhne war in vielerlei Hinsicht eine übliche Sixties-, Seventiesgeschichte von Mutters Gnaden. Hannelore Kohl bemühte sich als Frau, Politiker- und später Kanzlergattin, immer für ihre Söhne da zu sein. Vater Kohl war weg: auf Parteiveranstaltungen, Konventen, Kongressen, auf Hearings, zu diplomatischen Vielfachpässen, später Bundeskanzler von Volkes Gnaden. Und seine Söhne? Keine Zeit.

Dem noch sehr jungen Walter Kohl begegnet Arbeitsgeberpräsident Hanns-Martin Schleyer als „väterlicher Freund“, bevor die Rote-Armee-Fraktion ihn hinrichtete.

Jetzt ist Vater Kohl offenbar sauer auf seinen Sohn, denn der hat mit der Vorlage eines eigenen Buchs offenbar eine Disziplinlosigkeit begangen, etwas inneres nach außen gekehrt, für die Öffentlichkeit transparent, dass den Ruf und die Lebensleistung des Altkanzlers und verdienten Staatsmanns im Ruhestand schmälern könnte! Wie die Geschichte mit dem „Ehrenwort“, alte Freunde und Weggefährten, Spendengeber, nicht zu verraten! Ein Wort ist ein Wort ist ein Wort, und nun noch geflügelte Worte dazu! Dass ein Politikerleben auch ein Gral der Insuffizienz sein kann, und dass Kinder ihren Vater brauchen, dringend benötigen und lange Jahre, fast ein Leben lang, immer nur vermissen. Au weia.

Niemand würde es leugnen, es ist Banalwissen, aber es öffentlich auszusprechen und dann noch in „Kohl´scher Sache“? Diese Art von Offenheit ist seine Sache nicht. Und demzufolge bedeutet die Veröffentlichung dieses Buchs daher auch einen (weiteren) Bruch mit dem Vater, der weiß, was ist, aber nicht wahrhaben will, dass es ihn selbst angeht. Sohnematz allerdings verficht die Idee der Versöhnung, das wirkt etwas esoterisch, hat aber eine realistische Grundlage. Ob sie sich aussöhnen werden, weil Sohnematz die Dinge beim Namen nennt? Der Bannwald des Schweigens über den ersten fast fünfzig Jahren des Sohnes Walter Kohl bricht und heraus schält sich der emanzipierte, losgelöste Sohn eines lebenslangen, rücksichtslosen Politikers, der nichts lieber verfocht, als immer nur „seine Politik“, der sachverständig schwadronierte auf Parteitagen darüber, wie man das Menschenbild der bundesdeutschen Gesellschaft noch lebenswerter gestalten könne. Auch das vermochte er offenbar in eigener Sache nicht. Manche dürfen ihren Eltern ihr Leben lang nichts vorhalten, egal wie es war!

Auch die Strauß-Kinder haben ähnliche Meriten ihrer Vergangenheit zu schultern stemmen und von welch Stamm sie als pausbäckige Äpfelchen einst fielen. Was Kohl selbst als die Gnade der späten Geburt bezeichnete, ist spiegelbildlich gesehen nichts anderes als die Ungnade der eigenen Herkunft vom Sohn, die Last mit dem erklären müssen, wo komme ich her und wie bin ich selbst gestrickt und -nein- ich habe nicht jede der Meinungen meines Vaters automatisch mit der Muttermilch kolportert. Ich bin ein eigener Fisch namens Walter und wenn er´s jetzt sagt, dann knallt er! Auch für die Straußenkinder gilt bis heute: der größte, anzunehmende, eigene Übervater hat ihnen einen grüngräsernen Weidegrund  hinterlassen, bzw. eine abgehalfterte, schlammfarbene Ackerkrume, und reichlich Erblasten, angesichts derer sie manchmal erblassten. Zu beneiden sind sie daher nicht wirklich, die Kinder der Götter von einst.

Es ist interessant und bezeichnend, Walter Kohl´s Erinnerungen zuzuhören und eine Vorstellung davon zu entwickeln, wieviel Vermißtes er in seinem Leben trägt, bis zurück in die unmittelbare Gegenwart. Das Buch wird der Versuch sein, sich freizuschwimmen von allem zurückliegenden Ballast. Es zeichnet sich ein sympathischer, irgendwie sehr ehrlich erscheinender, verletzbarer Mensch und Sohn ab und für diesen Mut zur Schwäche kann man nur Glückwunsch sagen. Auch wenn dieses schwach sein des Sohns genau das sein dürfte, was Vater Kohl auf seine alten Tage am stärksten verärgert. Doch das muss er mit sich selbst abmachen. Es ist jetzt die Nach-Kohl-Zeit, das System Kohl ist inzwischen gänzlich vorüber.

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2 Gedanken zu „1230/11: Video: Walter Kohl, Sohn von Helmut, schrieb ein eigenes Buch. Vom Sohn sein und Emanzipation!

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