1226/11: Historie: Granini-Säfte gehören dazu und Onkel Dittmeyer´s Valensina #Erinnerungen ans Jetzt

Tamla Motown Sampler - Tamla Motown is Hot Hot Hot Vol. 4 (LP)

Tamla Motown Sampler - Tamla Motown is Hot Hot Hot Vol. 4 (LP)

Ich lebte als Kind der Sechsziger-Jahre in Berlin(West) mit Blick auf die „einzige funktionierende Stadtmauer Deutschlands weltweit“, drüben war schon Kleinmachnow, Teltow und Stahnsdorf. Was dort genau war, wussten wir nicht, denn uns trennte eine innerdeutsche Staatsgrenze und am von Stubenrauch gebauten Teltowkanal (Zehlendorf Süd) waren wir die spielenden Kinder an der Uferböschung, während genau gegenüber betonringene Wachtürme mit funktionierendem Schießbefehl standen, wodrauf Soldaten der Grenztruppen der DDR saßen, die durch Ferngläser lugten. Erst gegen Ende der Sechsziger-Jahre wurde das Fernsehen plötzlich farbig, Willy Brandt drückte einen Knopf und -schwupps- änderte sich die gesamte Fernsehwelt. Einige Zeit noch schauten wir schwarz-weiß, aber dann ging auch durch unser Wohnzimmer eine Welle der farbigen Erneuerung. Die Haare der Menschen wurden immer länger, und als ich eine meiner ersten Langspielplatten geschenkt bekam, war das Plattencover orange-braun gehalten, drauf stand: „Tamla Motown – Vol. 4“. Mir wurde der 14-jährige Michael Jackson bekannt, er sang: „Ain´t no sunshine“.

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Ain´t no sunshine Remix (Benny Blanco Remix) - via Vimeo

Granini Trinkgenuss Pink Grapefruit

Granini Trinkgenuss Pink Grapefruit

Der Begriff „Berliner Speckgürtel“ ist nun wirklich noch kein lange eingeführter Begriff für das Berliner Umland. Davon kann man erst sprechen, seit die Mauer 1989 zunächst porös, dann durchlässig wurde und einige Jahre später wirklich „erster Speck“ angefressen wurde. Erst jetzt ist die gedeihliche Entwicklung dieser Region „all around Berlin“ wirklich speckartig, mit gutgefüllten Vorratskammern, reichlich Gastronomie, bereisenswerten, blühenden Landschaften, von denen der einstige „Rohkanzler der deutschen Einheit“ Helmut Kohl uns so viel versprach.

Als Kinder bekamen wir oft Tri-Top zum trinken. Ein süßer Sirup, den man mit Wasser (Verhältnis 1:4 oder 1:5) verlängerte. Man hatte längere Zeit im Voraus zu überlegen, wollte man den süßen Sirup gut gekühlt trinken. Im Kühlschrank waren so Glaskannen mit Plastikdeckelverschluss obendrauf, vorgekühltes TriTop, das war besser als welches zuzubereiten, ohne Kühlung. Aber in der Not fraß der Teufel Fliegen und notfalls tranken auch wir warme Süßplörre mit Kirsch, Mandarine und Apfelsinengeschmack. Und auch Himbeersirup oder Waldmeister war in.

Ein Unternehmer namens Heinz Schürmann arbeitete auch als Importeur von Teigwaren und als er 1964 seine Firma gründete, nannte er italienisch anheimelnd Korn, genauer „Körnchen“ (italienisch „grano“ – Korn, „granini“ – etwa „Körnchen“, Verniedlichung). Granini galt bei uns Kindern zu jener Zeit als eine ganz große Ausnahme, als purer Luxus und als seltener Gast auf unsere Tischen. Das Design der damals noch aus Glas gelieferten, graninitypischen „Noppenflasche“ hat durchaus erotische Remineszenzen. Allerdings bestand für uns Kinder die Erotik schlicht und ergreifend in der Vorstellung, möglichst viele Flaschen davon im Kühlschrank aufzufinden und sie recht schnell auszutrinken.

Erst viel später machte ein Onkel namens Dittmeyer (nicht verwandt mit „Dittsche“) von sich reden und mit der Markteinführung eines Saftes namens „Valensina“ steigerte sich der Trinkgenuss noch. Wir waren als Kinder schon bisschen kritisch und unter uns kursierte das Gerücht, dass anstatt Fruchtfleisch in diesem Orangensaft „Sägespäne“ als Fruchtfleischsubstitut versetzt würden. Dass darin wohl nichts ist, sagte uns allerdings niemand. Vielleicht fragten wir auch nicht nach. Wir vergaßen diese Möglichkeit schnell wieder, griffen aber umso beherzter zu und tranken den leckeren O-Saft. Allerdings hat dieses Akronym „O“ nichts mit den gleichzeitig in Mode kommenden „Geschichten der O.“ zu tun, von denen allenfalls unsere Eltern genaueres wußten. Nicht unsere Eltern, sondern eine etwas jüngere Generation wandelte schon in erste, bundesweite Beate-Uhse-Shops, natürlich nur, um Festivaltickets für ein Love & Peace-Festival auf Fehmarn 1970 zu ergattern, auf dem ein amerikanischer Wuschelkopf namens James „Jimi“ Hendrix Gitarre spielen sollte. Es war sein letzter Auftritt.

granini Trinkgenuss Pink Grapefruit

granini Trinkgenuss Pink Grapefruit

(Quelle: Homepage granini.de)

Und heute morgen habe ich mir ein großes Glas Granini „Pink Grapefruit“-Saft eingegossen, sehr gut gekühlt, etwas bitter, etwas süß, mit hohem Fruchtfleischanteil. Beim ersten kräftigen Zug aus dem großen Glas fielen mir die „Erfrischungsgetränke meiner Kindheit“ ein. Merkwürdig, was so ein Glas Saft alles in einem auslösen kann. Aber lecker, echt lecker. Und Beate Uhse verkauft heute keine Karten mehr für Rockfestivals, ach wäre doch noch ein bisschen Fehmarn in uns allen! Stattdessen feierten wir Jimi, den Wuschelkopf, in Huxley´s Neuer Welt. Neukölln ist nicht Fehmarn. Und umgekehrt.

Ein Gedanke zu „1226/11: Historie: Granini-Säfte gehören dazu und Onkel Dittmeyer´s Valensina #Erinnerungen ans Jetzt

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