1208/11: FotoPodcast: Ferienwohnungen zu vermieten allerorten, man sieht das alles viel lockerer

Ferienwohnungen zu vermieten!

Ferienwohnungen zu vermieten!

Jeder noch so harmlose Hinweis auf öffentlich sichtbar aufgehängten Schildern weckt bei Betrachtern Denkweisen und die Frage, inwieweit sich hieraus Denkverbote ergeben? Und für wen?

Von bestimmten Fotos sagen die Betroffenen, sie hätten ein „Recht auf das eigene Bild“. Dazu gehören nach den Gefühlen der Menschen inzwischen auch die Außenansichten ihrer Häuser. Google Street View hat eine Debatte über die „Vertraulichkeit des öffentlichen Raums“ entfacht. Im vorliegenden Fall hat gesichtspunkte.de-StreetView allerdings ein kleines Werbeschild ausgemacht, dass in Berlin-Neukölln an der Straßenecke Heidelberger Str./Elsenstr., Berlin-Neukölln (google Streetview hier) angebracht ist.

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Attraktiv: 2raumwohnung

Attraktiv: 2raumwohnung

Jemand, der solche Schilder an die Hausfassade hängt, will, dass sie gesehen werden. Das im Vorüberlaufen wahrzunehmende Schild bietet „jederzeit erreichbar“ Kontakt zum Vermieter von Ferienwohnungen an, genauer: Wer A sagt, könnte auch B oder sogar C sagen! Denn drei Wohnungen in dem Haus werden als Ferienwohnungen angeboten. Darüber gibt eine kleine, übersichtliche Website mit allen in Frage kommenden Anmietungsparametern Auskunft. Glasnost, gläserne Preise, Gefühle, Hauptstadtfeeling, Kiez eingeschlossen und sogar ein bisschen musikalisch, bietet die Website die Wohnungen zur Anmietung an.

Die Frage ist ja, ob das ein gutes Geschäft ist? Wohnungen, das war früher in engeren Grenzen zum Wohnen da. Aber inzwischen hat sich der Wohnungsmarkt sichtlich gelockert. Erst brachten die Rechtsanwälte Schulz & Seldenek, eine Rechtsanwaltskanzlei von gutem Ruf in Sachen Immobilienrecht, die so genannte ZweckentfremdungsverbotsVO zu Fall. Wie häufig in diesen Fällen, hatte der Senat vor Jahren immer weiter jeden Handlungsbedarf in Richtung Lockerung von zu engen, sehr dirigistischen, regulierenden Nutzungsbeschränkungen verneint. Rechtsanwalt Schulz wies vor Gericht nach: Berlin ist kein Gebiet „mit erhöhtem Wohnbedarf“, das sei zwar geschichtlich korrekt gewesen: Weltkrieg, Mauerbau, fehlende Ausweitung ins Umland, aber -hallo?- weder Weltkrieg, noch Stadtmauer behinderten inzwischen den Wohnungsmarkt.

Richtig: Berlin verzeichnet seit Jahren Abwanderungsbewegungen, negative Bevölkerungsentwicklung, Abwanderung ins Umland. „Ins Jrüne“, so pflegt der Berliner zu ziehen, nach „Jottwiedeh“, raus aus der Stadt.

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Definitiv keine Ferienwohnungsgäste: Die Kolossale Jungend – Wohnung (via Youtube) – Homepage hier


Eine Rock- bzw. Punkband als Ferienwohnungsgäste? So sollte man sich die Regelbenutzung durch „ordentlich akquirierte Ferienwohnungsgäste“ lieber nicht vorstellen. Zur Klarstellung: Dieses „home made Video“ der Band Kolossale Jugend hat mit den hier angesprochenen Ferienwohnungen definitiv nichts zu tun.

Und dann urteilte noch der Bundesgerichtshof. Denn inzwischen war die einigermaßen strenge Zweckbindung von Wohnraum „aus öffentlich rechtlichen Gesichtspunkten“ entfallen, Schulz & Seldenek sei Dank. Wohnungseigentumsrechtlich beurteilte 2010 der Bundesgerichtshof die Nutzung eines Wohnungseigentums in einer Wohnanlage als zulässige Nutzung derselben (der Wohnung), wenn nicht die Teilungserklärung dieses ausdrücklich ausschließe. Immobilieneigentümer hatten inzwischen angefangen, ihr Wohnungseigentum eben gerade nicht mehr nur als „ständig vom selben Benutzer“ bewohnte „Wohnungen“ zu nutzen. Vielmehr fanden nicht wenige das Tagesgeschäft, ein bisschen pensionsähnlich, nur ohne „Mutterns Frühstück“, Eigentumswohnung, möbliert mit Küche zur Selbstbekochung zur tage- und wochenweisen Nutzungsüberlassung -genannt: Feriengäste- in Ordnung und lukrativ.

Polizeischild von 1852

So leicht lässt sich allerdings nicht behaupten, dass ein Ferienwohnungsvermieter „ordentlich Reibach“ auf Kosten aller anderen Hausbewohner macht. Aus dem Hotelgewerbe, dass keine gleichartige Zielgruppe unterbringt, Hotelgäste, wissen wir von Auslastungen von ca. 50%, von Spitzenereignissen wie „Berlin wegen Überfüllung geschlossen“ als seltene Ausnahme abgesehen. Die Zielgruppe der Ferienwohnungsnutzer, das sind ja eher so findige, meist jüngere Kerlchen und Kerlinnen (!!), die via Internet (deswegen Homepage) nach „Berlin gugeln“ und „Ferienwohnung“. Oder Laufkundschaft. Lieschen Müller aus dem Kiez läuft nun am Schild der Ferienwohnungen der Damen Schweigel (Schild) vorbei und „kiekt ma umme Ecke“. Wat er sieht. Und dann „kiekt er schlau aus der Wäsche“ und freut sich, dass Hotte Horst-Peter Müller, der vor Jahren nach Bamberg verzog, beim nächsten Berlin-Besuch „umme Ecke“ wohnen kann. Seine Freundin, Karla Kreuzberg, bringt er gleich mit und weil Karla noch Kumpels in Gößweinstein hat, beschliessen sie nun, Ecke Heidelberger Str. zu logieren, bei „Schweigel & Schweigel“.

Wer Ferienwohnungen ernsthaft betreibt und den Anspruch hat, dass einmalige Gäste zu Stammgästen werden, muss hinterher sein. Das Betreiben solcher Wohnungen erfordert eine überaus starke, persönliche Betreuung und nicht selten richten Kurzgäste das Mobiliar binnen kürzester Zeit hin. IKEA ist für Ferienwohnungs-Vermieter eine feste Bezugsgrösse und hat fast alles, was der Ferienwohnungsvermieter zur Ausstaffage der „Wochenendhütte“ so benötigt, sogar Blumendekos und „blaue Blumenvasen“ (Produkt Smöllegard, oder so ähnlich).

Die Frage bleibt ein bisschen im luftleeren, weil unreglementierbaren Raum. Nun sind da so Ferienwohnungen und wenn du Glück hast, passt das und „das Ambiente“ im Haus stimmt weiterhin. Wenn du aber Pech hast und „irgendwelche Kanaillen“ (nicht zu verwechseln mit Kanarien…vögeln) gehen ein und aus, hören lautstark Heavy Metal (Iron Maiden und Konsorten), stampfen dazu mit den Füssen auf, machen Headbanging-Wettbewerbe im Treppenflur, rauchend, saufend, rülpsend…, na „das kann ja Eiter werden“ (Berliner Redensart). Dann stellt sich tatsächlich die Frage, wie dagegen vorgehen. Die Hausbewohner selbst sind dann mit individuellen Rechten ausgestattet und können sich gerichtlich oder außergerichtlich Hilfe holen. Und das hat der Bundesgerichtshof ganz klar gesagt: Dabei bleibt es aber auch! Denn dass ein Anderer eine Art Unterlassungsanspruch hätte, gegen die Nutzung als Ferienwohnung vorzugehen, verneinte er. Er meinte, wenn man mit „geringeren Waffen als einer Nutzungsuntersagung“ voran käme, dann müsse man wohl die geringeren Waffen wählen. Also Schlichtung, Unterlassung (nur) der Ruhestörung pi pa po.

Allerdings hat er -der BGH- auch übersehen, dass das kaum erfolgversprechend geschehen kann: Die Ruhestörer sind ja -Gott sei Dank- immer nur ein paar Tage da, dann kommen neue, oder zufällig klappt es gerade mal, weil ein ruhiges Rentnerpärchen Nachkriegs-Berlin noch einmal besuchen will und sich ausnehmend gut benimmt.

Die Fassade des Eckhauses macht einen gewissenhaft verwalteten Eindruck, wenn man das so sagen darf. Der Rundumanstrich ist gelb und nach hiesiger Ansicht ist eine Art Graffity-Schutzanstrich – bisschen speckig glänzend- aufgebracht. Das hat seinen Grund, dort wird gern mal gesprayed. Unten drin am Straßeneck ist auch eine „Eckkneipe“, in die man dem ersten Eindruck zufolge auch gehen darf.

Wie alles im Leben hat die Nutzung der Wohnungen als Ferienwohnungen zwei Seiten: einerseits sind solche Wohnungen geradezu hochbetreut und das ist besser, als fehle ihnen jede Kontrolle durch einen „interessierten Eigentümer“, der permanent an seiner „Vermietungsfront“ verweilt. Andererseits ist der Durchsatz „an Menschen“ enorm hoch und man muss als „Rest der Welt“, der in einem solchen Haus wohnt, schon genau hinschauen: Ob nicht die erhöhte Nutzung auch Verteilungsungerechtigkeiten wie erhöhte Abnutzung nach sich zieht. Treppenhausreinigung, höhere Brandgefahr, eventuelle Störungen des Hausfriedens. Unbedingt wichtig: die verbrauchsabhängige Abrechnung der Betriebskosten, Stichwort: Wasser, Heizung und dergleichen.

Weblotse

 

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